Zur Wiederanhebung der Umsatzsteuersätze zum 1.1.2021 wird zumindest für die nicht oder nicht voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger das Interesse bestehen, Leistungen wenn möglich noch bis zum 31.12.2020 zu erhalten. Je näher der Zeitpunkt der Steuersatzanhebung rückt, desto schwieriger wird es sein, Leistungen noch bis zum 31.12.2020 tatsächlich auszuführen. Insbesondere dann, wenn längere Lieferfristen bestehen (z. B. bei der Lieferung von Elektrofahrzeugen) oder wenn längere Ausführungszeiten vorliegen (z. B. bei der Ausführung von Bauleistungen). In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob noch der abgesenkte Steuersatz gesichert werden kann.

 
Wichtig

Anzahlungen und Vorauszahlungen konservieren keinen Steuersatz

Anzahlungen oder bis 31.12.2020 geleistete Vorauszahlungen haben keinen Einfluss auf die endgültige Festlegung des maßgeblichen Steuersatzes. Auch die Ausstellung einer Rechnung vor dem 1.1.2021 sichert nicht die abgesenkten Steuersätze, wenn die Leistung tatsächlich erst ab dem 1.1.2021 ausgeführt wird.

Bei der Ausführung von Bauleistungen, die nicht bis zum 31.12.2020 ausgeführt und abgenommen werden können, sollte in jedem Fall geprüft werden, ob nicht bis zum 31.12.2020 noch eine vertragliche Vereinbarung über die Ausführung von Teilleistungen abgeschlossen werden kann und die bis zum 31.12.2020 tatsächlich ausgeführten Teilleistungen dann auch bis zu diesem Zeitpunkt abgenommen (und abgerechnet) werden.

Bei der Lieferung von Gegenständen oder der Ausführung von sonstigen Leistungen kommt die Ausführung von Teilleistungen i. d. R. nicht in Betracht. In diesen Fällen ist darüber nachzudenken, ob der Steuersatz von 16 % bzw. 5 % durch die zum 1.1.2019 eingeführten Regelungen zu den Gutscheinen auch für Leistungen, die erst in 2021 (oder später) ausgeführt werden, gesichert werden kann. Für diese Gutscheine gilt grundsätzlich Folgendes:

  1. Einzweck-Gutschein[1]: Ein Einzweck-Gutschein liegt dann vor, wenn der Ort der Leistung (hier also z. B. Deutschland) schon bei Ausgabe des Gutscheins feststeht und sich aufgrund der Leistung die Höhe der Umsatzsteuer eindeutig ermitteln lässt. Liegt ein solcher Einzweck-Gutschein vor, entsteht die Umsatzsteuer schon bei Verkauf des Gutscheins und jeder weiteren Weiterveräußerung (Leistungsfiktion). Die tatsächliche Ausführung der Leistung – wenn also der Gutschein eingelöst wird – führt dann nicht mehr zu einer besteuerten Leistung und damit zu keiner Umsatzsteuer
  2. Mehrzweck-Gutschein[2]: Ein Mehrzweck-Gutschein liegt vor, wenn es sich um einen Gutschein handelt, der kein Einzweck-Gutschein ist, weil entweder der Ort der Leistung oder die sich aus der Leistung ergebende Umsatzsteuer bei Verkauf bzw. Ausgabe des Gutscheins nicht feststeht. In diesem Fall ist der Verkauf dieses Gutscheins nur ein Tausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels und unterliegt keiner Umsatzsteuer. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der Umsatzsteuer. Deshalb darf bei einem Verkauf eines Mehrzweck-Gutscheins noch keine Umsatzsteuer in einer Abrechnung gesondert ausgewiesen werden.

Soweit ein Gutschein ausgegeben wird, bei dem sich im Moment der Ausgabe (Verkauf) die Umsatzsteuer anhand der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften eindeutig ermitteln lässt und der Ort bestimmbar ist, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein und die Umsatzsteuer ist zu diesem Zeitpunkt endgültig entstanden. Dass dieser Gutschein dann evtl. zu dem dann wieder angehobenen Steuersatz eingelöst wird, ist irrelevant. Eine analoge Anwendung der Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG wird von der Finanzverwaltung ausgeschlossen. Zuzahlungen sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung dem dann gültigen Steuersatz unterworfen werden.

 
Praxis-Tipp

Einzweck-Gutscheine bei der Steuersatzanhebung

Zur Steuersatzanhebung zum 1.1.2021 sollte deshalb bei klassischen Gutscheinen versucht werden, diese als Einzweck-Gutscheine auszugestalten, um so den abgesenkten Steuersatz zu konservieren. Gutscheine, die für Restaurationsdienstleistungen ausgegeben werden, die sowohl für Speisen als auch für Getränke eingesetzt werden können, sind derzeit (soweit die Leistung auch in der Zeit bis zum 30.6.2021 in Anspruch genommen werden kann) Mehrzweck-Gutscheine, da bei Ausgabe noch nicht feststeht, in welchem Verhältnis regelbesteuerte und ermäßigt besteuerte Leistungen ausgeführt werden.

 
Praxis-Beispiel

Einzweck-Gutschein und Einlösung

Modehändler M, der nur regelbesteuerte Leistungen ausführt, verkauft Gutscheine, die zum Bezug von Kleidung in seinem Ladengeschäft in Hamburg berechtigen. Im November 2020 verkauft er an einen Kunden einen Gutschein für 100 EUR. Es liegt ein Einzweck-Gutschein vor, bei dem die Umsatzsteuer mit 16 % im Zeitpunkt des Verkaufs des Gutscheins entsteht, da Ort (Deutschland) und Steuer (Regelsteuersatz) feststehen.[3] Bei Verkauf des Gutscheins entsteht eine Umsatzsteuer von 13,79 EUR, die Bemessungsgrundlage beträgt ...

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