Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
3.1 Allgemeines
Rz. 1103
§ 4 Abs. 4 EStG definiert Betriebsausgaben als Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Betriebsausgaben sind grds. im Jahr der Zahlung abzugsfähig (Abflussprinzip gem. § 11 Abs. 2 EStG; → Tz 1076). Das gilt auch für Anzahlungen, die für sofort abzugsfähige Betriebsausgaben geleistet werden, auch wenn noch keine Leistung erbracht wurde oder später eine Verrechnung stattfindet (BFH, Urteil v. 2.8.2016, VIII R 4/14, BFH/NV 2017 S. 512).
Rz. 1104
Privat veranlasste Aufwendungen ohne Bezug zu den Einkünften sind keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, sondern nicht abziehbare Kosten für die allgemeine Lebensführung (§ 12 EStG). Gemischte Aufwendungen sind aufteilbar in einen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbaren und einen als Kosten für die private Lebensführung nicht abziehbaren Teil (BFH, Urteil v. 21.9.2009, GrS 1/06, BFH/NV 2010 S. 285).
Voraussetzung für eine Aufteilung ist, dass die betrieblich oder beruflich veranlassten Anteile anhand objektivierbarer Kriterien feststellbar und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Ein Abzug kommt nicht in Betracht, wenn eine Trennung nicht möglich ist (BFH, Beschluss v. 24.8.2012, III B 21/12, BFH/NV 2012 S. 1973; BMF, Schreiben v. 6.7.2010, IV C 3 – S 2227/07/10003:002, BStBl 2010 I S. 614).
3.2 Pauschale Betriebsausgaben
Rz. 1105
[Pauschale Betriebsausgaben → Zeile 23]
Bestimmte Berufsgruppen können anstelle der tatsächlichen Aufwendungen Betriebsausgaben pauschal geltend machen. Ein weiterer Abzug von Kosten ist dann jedoch ausgeschlossen, sodass sich die Inanspruchnahme der Pauschale nur lohnt, wenn die tatsächlichen Aufwendungen geringer sind.
Betriebsausgabenpauschalen wurden erhöht
Einige Pauschalen für Betriebsausgaben wurden ab 2023 erhöht.
Schriftstellerische oder journalistischeTätigkeit als Hauptberuf |
30 % der Betriebseinnahmen, höchstens 3.600 EUR/Jahr (BMF, Schreiben v. 6.4.2023, IV C 6 – S 2246/20/10002:001, BStBl 2023 I S. 671) (bis 2022: 2.455 EUR) |
Wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit sowie Vortragstätigkeit (auch Lehr- und Prüfungstätigkeit) als Nebenberuf |
25 % der Betriebseinnahmen, höchstens 900 EUR/Jahr (für alle Tätigkeiten; BMF, Schreiben v. 6.4.2023, IV C 6 – S 2246/20/10002:001, BStBl 2023 I S. 671) (bis 2022: 614 EUR) |
Hebammen |
25 % der Betriebseinnahmen, höchstens 1.535 EUR/Jahr |
Rz. 1106
Einnahmen aus der Kindertagespflege sind unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel steuerpflichtig. Betreut die Tagespflegeperson ein Kind in dessen Familie, ist sie i. d. R. Arbeitnehmerin. Wird die Betreuung z. B. in der Wohnung der Pflegerin oder in gesondert gemieteten Räumen ausgeübt, handelt es sich um Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (→ Tz 1049). Die Steuerbefreiungsvorschriften des § 3 Nr. 11 und Nr. 26 EStG sind nicht anwendbar (FG Münster, Urteil v. 10.10.2019, 6 K 3334/17 E, rkr., EFG 2020 S. 248). Steuerfrei sind nur Beiträge zur Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Alterssicherung.
Rz. 1107
Anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben können bei einer Betreuungszeit von acht Stunden und mehr pro Kind und Tag aus Vereinfachungsgründen 400 EUR (bis 2022 300 EUR) je Kind und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Die Pauschale ist bei geringerer Betreuungszeit anteilig zu kürzen. Findet die Betreuung im Haushalt der Eltern oder in unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten als selbstständige Tätigkeit statt, kann die Betriebsausgabenpauschale nicht abgezogen werden. Die Betriebsausgabenpauschale darf nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden. Soweit tatsächlich höhere Aufwendungen nachgewiesen werden, können diese angesetzt werden. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem BMF, Schreiben v. 6.4.2023, IV C 6 – S 2246/19/10004:004, BStBl 2023 I S. 669. Gebäudekosten sind nicht zusätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 7.5.2019, 8 K 751/17, rkr.).
Rz. 1108
Ist die Betreuung als Heimerziehung einzustufen (Vollzeitpflege), gehören auch Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes zu den Betriebseinnahmen.
Aus Vereinfachungsgründen können in diesen Fällen diese Beträge wieder als Betriebsausgaben angesetzt werden. Der Betriebsausgabenabzug für anderweitige, i. Z. m. der Kindesbetreuung entstandene Kosten, die keine Sach- und Unterhaltsaufwendungen für das Kind darstellen, bleibt unberührt. Steuerfrei nach § 3 Nr. 11 EStG sind dagegen
- Pflegegeld und Beihilfe bei einer Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII (BFH, Urteil v. 5.11.2014, VIII R 29/11, BFH/NV 2015 S. 1024; Ausnahme: Es werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen),
- Geldleistungen der Jugendämter für die spezialisierte Tagespflege nach § 32 SGB VIII
- Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden (§ 35 SGB VIII), wenn jeweils nur ein Kin...