Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 1064
Rz. 1065
[Private Pkw-Nutzung → Zeile 19]
Wird der Betriebs-Pkw auch für private Fahrten eingesetzt, muss für steuerliche Zwecke ein Privatanteil als fiktive Betriebseinnahme angesetzt werden. Hierbei gibt es keine Mindestnutzung, denn auch bei einer geringen Nutzung ist ein Privatanteil zu versteuern (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.4.2016, 9 K 1501/15, EFG 2016 S. 1076).
Grundsätzlich geht das Finanzamt davon aus, dass ein Betriebs-Pkw auch für private Fahrten zur Verfügung steht, sodass ein Privatanteil anzusetzen ist. Nur in Ausnahmefällen kann dieses unterbleiben:
- Für private Fahrten stehen andere Fahrzeuge zur Verfügung, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind (BFH, Urteil v. 4.12.2012, VIII R 42/09, BFH/NV 2013 S. 465; ausführlich Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.2.2020, 9 K 104/19, rkr., EFG 2020 S. 903).
- Eine Nutzung ist tatsächlich (z. B. Werkstattwagen) oder vertraglich ausgeschlossen und erfolgt auch nicht. Das ist jedoch z. B. auf Fahrschulwagen nicht anwendbar, denn ein Fahrschulfahrzeug ist trotz seiner Beschriftung und seiner Ausstattung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt (FG München, Urteil v. 29.9.2014, 7 K 1861/13).
Die bloße Behauptung, das betriebliche Fahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, genügt nicht, um den Ansatz eines Privatanteils auszuschließen. Hier gilt der vom BFH aufgestellte Anscheinsbeweis, dass ein zur Verfügung stehendes Fahrzeug auch privat genutzt wird (BFH, Urteil v. 21.4.2010, VI R 46/08, BFH/NV 2010 S. 170).
Ist eine Nutzung aber z. B. aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen, darf eine Nutzungsbesteuerung nicht erfolgen (FG Düsseldorf, Urteil v. 24.1.2017, 10 K 1932/16 E, EFG 2017 S. 458).
Nachweis der Nicht-Nutzung
Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es jedoch nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (BFH, Urteil v. 17.11.2009, VI B 11/09, BFH/NV 2010 S. 650).Ein Zeugenbeweis ist nicht zulässig (BFH, Beschluss v. 1.12.2015, X B 29/15, BFH/NV 2016 S. 395).
Um den Gegenbeweis zu führen, sollten Sie für das betreffende Fahrzeug zumindest für einen repräsentativen Zeitraum ein Fahrtenbuch führen.
Pkw-Überlassung an einen Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer (und damit auch für GmbH-Geschäftsführer) gilt die Widerlegbarkeit der Privatnutzung nicht (→ Tz 622). Es kann aber andererseits nicht unterstellt werden, dass ein Arbeitnehmer einen Dienstwagen unbefugt oder gar verbotswidrig privat nutzt. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot nicht überwacht (BFH, Urteil v. 18.4.2013, VI R 23/12, BFH/NV 2013 S. 1316). Dieses trifft auch auf einen angestellten Geschäftsführer eines Familienunternehmens oder einen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zu. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer stellt die unbefugte Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs allerdings regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung dar (BFH, Urteil v. 21.3.2013, VI R 46/11, BFH/NV 2013 S. 1302). Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist zur Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung wegen des fehlenden Interessengegensatzes ein strengerer Maßstab anzulegen (BFH, Beschluss v. 30.9.2015, I B 85/14, BFH/NV 2016 S. 423). Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung auch auf Gesellschafterebene nach Fremdvergleichsgrundsätzen oder aber nach der 1 %-Regelung zu bewerten ist, musste der BFH bislang nicht entscheiden.
Die Finanzverwaltung will die erzielbare Vergütung zugrunde legen oder aus Vereinfachungsgründen die 1 %-Regelung anwenden (BMF, Schreiben v. 3.4.2012, IV C 2 – S 2742/08/10001, BStBl 2012 I S. 478).
Rz. 1066
Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grds. für jedes Kfz anzusetzen, das vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird.
Nur wenn glaubhaft gemacht wird, dass bestimmte betriebliche Kfz nicht privat genutzt werden, weil sie für eine private Nutzung nicht geeignet sind (z. B. bei sog. Werkstattwagen) oder ausschließlich eigenen Arbeitnehmern zur Nutzung überlassen werden, ist für diese Kfz kein pauschaler Nutzungswert zu ermitteln (BFH, Urteil v. 9.3.2010, VIII R 24/08, BFH/NV 2010 S. 1182; BMF, Schreiben v. 18.11.2009, IV C 6 – S 2177/07/10004, BStBl 2009 I S. 1326).
Wird ein Kfz gemeinsam vom Betriebsinhaber und einem oder mehreren Arbeitnehmern genutzt, so ist bei Anwendung der 1 %-Regelung der Nutzungswert entsprechend der Zahl der Nutzungsberechtigten aufzuteilen (BMF, Schreiben v. 4.4.2018, IV C 5...