Rz. 383
Allgemeine Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug
Neben besonderen Voraussetzungen für einzelne Arten von Sonderausgaben sind folgende Punkte bei allen Sonderausgaben zu beachten:
- Ein Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug geht dem Abzug von Sonderausgaben vor.
- Sonderausgaben kann nur abziehen, wer unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
- Sonderausgaben kann grds. nur derjenige geltend machen, der sie selbst schuldet (Versicherungsnehmer) und selbst bezahlt. Bei zusammen veranlagten Ehegatten kommt es für den Sonderausgabenabzug nicht darauf an, welcher Ehegatte sie geleistet hat. In diesem Fall werden die Ehepartner wie ein Steuerpflichtiger behandelt. Ausnahme: Beiträge zur Basis-Kranken- und Pflegepflichtversicherung eines Kindes bzw. des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten;
- Sonderausgaben können aus eigenen Mitteln oder unter Inanspruchnahme von Krediten geleistet werden.
- Sonderausgaben können nur im Jahr der Zahlung (Abfluss) gem. § 11 Abs. 2 EStG abgezogen werden. Dies gilt auch, wenn die Sonderausgaben mit Darlehensmitteln bestritten werden.
- Eine Ausnahme kann bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben bestehen:
Abzugsjahr bei regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen
Die Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung für 2023 sind am 1.1.2023 fällig und werden bereits am 28.12.2022 bezahlt. Liegen Fälligkeit und Zahlung innerhalb eines Zeitraums von 10 Tagen vor bzw. nach Wechsel des Kalenderjahres (hier: 22.12.2022 bis zum 10.1.2023), sind die Beiträge zur Haftpflichtversicherung, abweichend vom Zahlungsprinzip, nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit (2023) und nicht im Jahr der Zahlung als Sonderausgaben abziehbar.
Rz. 384
Erstattungen
Erstattungen, Rückzahlungen oder Zuschüsse sind grds. mit gleichartigen Leistungen zu verrechnen (§ 10 Abs. 4b EStG). Dabei ist bei der Prüfung der Gleichartigkeit auf den jeweiligen Zweck der Sonderausgaben abzustellen (→ Tz 524).
2.1 Pauschaler Sonderausgabenabzug
Rz. 385
Für Vorsorgeaufwendungen gibt es nur noch im Rahmen des LSt-Abzugsverfahrens einen pauschalen Abzug in Form der Vorsorgepauschale (§ 39b EStG).
Für (andere) Sonderausgaben, die nicht Vorsorgeaufwendungen sind, wird bei der Veranlagung ein Sonderausgabenpauschbetrag abgezogen, wenn insgesamt keine oder keine höheren Sonderausgaben geltend gemacht werden (§ 10c EStG).
Der Sonderausgabenpauschbetrag beträgt im Fall der Einzelveranlagung 36 EUR und bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten 72 EUR.
2.2 Kirchensteuer
Rz. 386
[Kirchensteuer → Zeile 4]
Die im Vz. gezahlte Kirchensteuer kann nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Sonderausgabe abgezogen werden. KiSt ist eine Geldleistung, die einzelne, als juristische Personen des öffentlichen Rechts anerkannte, Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern auf der Grundlage eines Kirchensteuergesetzes erheben (→ Tz 359). Die KiSt wird i. d. R. im Auftrag der Kirchen durch die Länderfinanzbehörden, die dafür eine Aufwandsentschädigung erhalten, als Zuschlagsteuer zur ESt bzw. LSt erhoben. In einzelnen Bundesländern verwalten die Kirchen die Steuer selbst. Wurde die Steuernummer geändert, ist auch die im Jahr 2022 unter der anderen Steuernummer gezahlte oder erstattete KiSt einzutragen.
Rz. 387
Bemessungsgrundlage der KiSt ist die ESt (auch in Form der Kapitalertragsteuer und der LSt). Sind beim Steuerpflichtigen Kinder zu berücksichtigen, ist von der ESt auszugehen, die sich nach Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder ergibt oder ergeben würde. Dabei wird zur Ermittlung der festzusetzenden KiSt das z. v. E. des Steuerpflichtigen auch dann um die Freibeträge für Kinder gemindert, wenn beim Steuerpflichtigen das Kindergeld günstiger als die Freibeträge für Kinder ist und bei der Festsetzung der ESt selbst keine Freibeträge für Kinder zu berücksichtigen sind (§ 51a Abs. 2 S. 1 EStG). Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 40 EStG i. Z. m. Erträgen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (Dividenden, Veräußerungserlöse) sind für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung nicht zu beachten. Insoweit erhöht sich das z. v. E. Die Steuerermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG ist für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Die Kirchensteuer beträgt 8 % (Baden-Württemberg und Bayern) bzw. 9 % (andere Bundesländer) der ESt und LSt. Als Sonderausgabe abziehbar ist die gesetzlich geschuldete und tatsächlich gezahlte Kirchensteuer im Inland. Dazu gehören auch die vom Arbeitgeber abgeführte Kirchenlohnsteuer, die vom Steuerpflichtigen vierteljährlich vorausgezahlte oder für Vorjahre nachgezahlte KiSt und das besondere Kirchgeld.
Auch Kirchensteuerzahlungen an Religionsgemeinschaften in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Staat des EWR sind als Sonderausgabe abziehbar, wenn die Religionsgemeinschaft bei Inlandsansässigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wäre (BMF, Schreiben v. 16.11.2010, IV C 4 – S 2221/07/0004:001, BStBl 2010 I S. 1311).
Rz. 388
Kirchensteuer auf Kapitalerträge
Wird...