Leitsatz
Für die Annahme nachträglicher Anschaffungskosten ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen (hier: Anliegerbeiträge für erschlossenes Betriebsgrundstück) an.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1, § 255 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGB
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH im Beitrittsgebiet, erwarb mit Kaufvertrag vom 6.6.1991 (von der Treuhand) ein bereits erschlossenes Betriebsgrundstück. Nach § 17 Abs. 1 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 16.6.1993 (SächsKAG, Sächs. GVBl 1993, 502) i.V.m. der in der Belegenheitsgemeinde geltenden Wasserversorgungs- und Abwassersatzung konnten von den Grundstückseigentümern Wasserversorgungs- und Abwasserbeiträge erhoben werden. Die Satzungen enthalten abschließende Regelungen sowohl über den Beitragsmaßstab, den Beitragssatz als auch über die Entstehung der Beitragsschuld (mit In-Kraft-Treten der Satzungen am 1.10.1997). Lediglich die Fälligkeit der Beiträge war von der Bekanntgabe des Abgabenbescheids abhängig.
Für den zu erwartenden Wasserversorgungsbeitrag i.H.v. 36.569,60 DM und den Abwasserbeitrag i.H.v. 260.558,40 DM bildete die Klägerin erstmals zum 31.12.1997 Rückstellungen. Dem folgte das FA unter Hinweis darauf nicht, dass die Beiträge nachträgliche Anschaffungskosten für den Grund und Boden sowie für das Gebäude darstellten.
Die Klage vor dem FG hatte Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Es handle sich bei den in Rede stehenden Beiträgen nicht um Erschließungsbeiträge, welche für das Grundstück in dessen Substanz Wert steigernd seien. Vielmehr gehe es nach den tatrichterlichen und den BFH bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen um Beiträge einer angemessenen Ausstattung öffentlicher Einrichtungen mit Betriebskapital, die sich am Wiederbeschaffungswert der insgesamt erforderlichen Anlagen als Ausgangsgröße orientierten. Mit der erstmaligen Grundstückserschließung habe das nichts zu tun. Folglich lägen auch keine nachträglichen Anschaffungskosten für das Grundstück vor.
Hinweis
Der BFH präzisiert und bekräftigt einmal mehr sein Verständnis des Begriffs der Anschaffungskosten:
1. Dieser Begriff ist wegen des Einbezugs von Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich umfassend. Er beinhaltet – unter Ausschluss der Gemeinkosten – alle mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten, somit neben der Entrichtung des Kaufpreises alle sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen. Nicht entscheidend ist, ob diese Kosten bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder erst im Anschluss hieran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs entstehen.
2. Allerdings können "Anschaffungskosten" eines Wirtschaftsguts nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind. Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an ("finaler Begriff" der Anschaffungskosten). Dieser Zweck muss – aus der Sicht des Bilanzierenden – auf die beabsichtigte Funktion und Eigenschaft ("angestrebter Erfolg und betriebsbereiter Zustand") des angeschafften Wirtschaftsguts als Teil des Betriebsvermögens gerichtet sein.
3. Für kommunale Anliegerbeiträge bedeutet das:
Beiträge mit dem Ziel der Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung ihrer eigenen Infrastruktur, können nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten der betroffenen Grundstücke gesehen werden, wenn sie (zumindest auch) deren Benutzbarkeit zugute kommen und unabhängig von der Art ihrer Benutzung zu einer Wertsteigerung der Grundstücke selbst führen. Daran fehlt es, wenn die erhobenen Beiträge der Modernisierung öffentlicher Einrichtungen mit dem Ziel einer zeitgerechten technischen Verbesserung dienen, das betreffende Grundstück selbst aber in seiner Substanz und seinem Wesen unverändert lassen. Solche Ergänzungsbeiträge sind deswegen wie Erhaltungsaufwand zu behandeln. Das können gleichermaßen erstmalige wie wiederholt angeforderte Beiträge sein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.8.2005, I R 36/04