Prof. Dr. Sascha Dawo, Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Die Anschaffungskosten sind nachträglich zu erhöhen, wenn die Erhöhung nicht im Jahr der Anschaffung eintritt, sondern in den Folgejahren. Nachträgliche Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 HGB zu aktivieren. Die Voraussetzungen des Anschaffungskostenbegriffs müssen erfüllt sein. Daher kommen nur solche Aufwendungen in Betracht, die zu aktivieren gewesen wären, wenn sie zum Zeitpunkt der Anschaffung angefallen wären.
Dementsprechend kommen als nachträgliche Anschaffungskosten z. B.
- in Folgeperioden anfallende Nebenkosten des Erwerbs in Betracht wie nachträglich erhobene Zölle oder Verbrauchssteuern,
- Grundbuchgebühren, die nach dem Anschaffungszeitpunkt anfallen oder
- Vermessungskosten für Grundstücke.
Weiterhin führen Aufwendungen zur erstmaligen Herstellung der Betriebsbereitschaft, die in Folgejahren anfallen, zu nachträglichen Anschaffungskosten wie z. B. erstmalige Erschließungs- und Straßenanliegerbeiträge.
Die Anschaffungskosten sind ebenfalls heraufzusetzen, wenn der Kaufpreis rückwirkend erhöht wird, z. B. aufgrund eines Prozesses.
Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen nur, wenn der Anschaffungsvorgang für ein Wirtschaftsgut bereits vorher abgeschlossen war. Die Anschaffungskosten ändern sich zum Zeitpunkt des Entstehens der nachträglichen Anschaffungskosten.
Die Abschreibung muss neu berechnet werden
Die Abschreibung eines Wirtschaftsguts beginnt, sobald das Wirtschaftsgut angeschafft ist (Anschaffungszeitpunkt) oder hergestellt ist. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Ingebrauchnahme kommt es nicht an. Daher können nachträgliche Anschaffungskosten eine Neuberechnung der Abschreibung eines Wirtschaftsguts ab der Periode der Erhöhung der Anschaffungskosten notwendig machen.
Umbauarbeiten an einem Wirtschaftsgut
Busunternehmer Bauer hat einen Reisebus für 135.000 EUR (netto) bestellt, der am 19.12.01 geliefert wird. Der Hersteller liefert den Bus im Auftrag von Herrn Bauer an ein drittes Unternehmen, damit dieses noch zusätzliche Um- und Einbauten vornimmt. Der Busunternehmer erhält den umgebauten Bus am 9.1.02. Die Verfügungsmacht über den Bus hatte er bereits am 19.12.01 erlangt. Das ist auch der Anschaffungszeitpunkt.
Er macht somit bereits die Abschreibung für das Jahr 01 anteilig geltend. Bei einer Nutzungsdauer von 9 Jahren beträgt die Abschreibung 15.000 EUR pro Jahr = 1.250 EUR pro Monat. Die Umbauarbeiten sind als nachträgliche Anschaffungskosten im Jahr 02 zu erfassen.
Anschaffung Bus am 19.12.01 |
135.000 EUR |
Abschreibung linear |
1.250 EUR |
Buchwert 31.12.01 |
133.750 EUR |
Nachträgliche Anschaffungskosten 02 |
15.250 EUR |
Grundlage für die Abschreibung 02 |
149.000 EUR |
Als Nutzungsdauer verbleiben 8 Jahre und 11 Monate, sodass ab 02 die jährliche Abschreibung 149.000 EUR ÷ 107 Monate = 1.392,52 × 12 = 16.710,24 EUR beträgt.
Nachträgliche Anschaffungskosten können auch im Zusammenhang mit einer Beteiligung entstehen. Dazu gehören solche Aufwendungen eines Gesellschafters, die zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Darunter fallen insbesondere
- Nachschüsse i. S. d. §§ 26 ff. GmbHG
- sonstige Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage,
- Barzuschüsse oder
- der Verzicht auf eine werthaltige Forderung.
Wofür die Gesellschaft das erhaltene Kapital verwendet ist unerheblich
Der Einordnung einer Einzahlung eines Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die zugeführten Mittel von der Gesellschaft dazu verwendet werden, eigene Verbindlichkeiten abzulösen, um eine Bürgschaftsinanspruchnahme eines Gesellschafters zu vermeiden. Denn es ist ohne Bedeutung, wofür die Gesellschaft das erhaltene Kapital verwendet.