Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Rückwirkung entfaltet.
Der erlassene Steuerbescheid, in dem z. B. die Instandhaltungsmaßnahmen im ersten Jahr nach der Anschaffung eines Gebäudes vom Finanzamt als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt wurden, ist zunächst inhaltlich korrekt. Kommt es aber im zweiten oder dritten Jahr nach der Anschaffung zu einer Überschreitung der 15-%-Grenze des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO durch weitere Investitionen des Unternehmers in das Gebäude führt diese Tatsache dazu, dass der erste Bescheid nicht mehr korrekt ist.
Sowohl die Überschreitung der 15 %-Grenze als auch die Wirkung auf die Vergangenheit führen zur Anwendung der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Der Bescheid des ersten Jahres ist rückwirkend zu ändern, indem die ursprünglich angenommenen sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben in nachträgliche Herstellungskosten umgewidmet werden. Somit erfolgt eine gewinnerhöhende Hinzurechnung der ursprünglich angenommenen Betriebsausgaben und eine Aktivierung nachträglicher Herstellungskosten auf das Gebäude.
Die Beweislast für das Vorliegen von sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben liegt beim Unternehmer. Das Finanzamt hingegen trägt die Beweislast, wenn die vom Unternehmer getragenen Aufwendungen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten qualifiziert werden sollen. Das gilt ebenso beim Vorliegen einer wesentlichen Verbesserung. Obwohl das Finanzamt hier die Beweislast trägt, trifft den Unternehmer eine erhöhte Mitwirkungspflicht in Bezug auf den Zustand des Gebäudes zum Zeitpunkt des Erwerbs. Um den ursprünglichen Zustand feststellen zu können, bieten sich Gutachten an, die vor Erwerb des Gebäudes eingeholt wurden, aber auch Fotos oder Bestätigungen des beauftragten Architekten.
Unter Umständen hat das Finanzamt aber auch bereits die Bescheide in den ersten beiden Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO erlassen. Sollte es im dritten Jahr zum Überschreiten der 15-%-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG kommen, kann das Finanzamt die Bescheide nach § 164 Abs. 2 AO jederzeit ändern.
Zu beachten ist auch, dass durch die Veränderung einer Kaufpreisaufteilung zum Beispiel im Rahmen einer vom Finanzamt durchgeführten Betriebsprüfung auch nachträgliche Änderungen in Bezug auf die 15-%-Grenze innerhalb von 3 Jahren nach dem Erwerb möglich sind. Um Abweichungen zwischen den eigenen Berechnungen und denen der Finanzverwaltung vorzubeugen, gibt es zwei praktikable Lösungen:
1. Die Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude wird bereits im notariellen Kaufvertrag vorgenommen. Soweit die hier vorgenommene Aufteilung nicht gänzlich unrealistisch vorgenommen wird, hat die Finanzverwaltung dieser grundsätzlich zu folgen.
2. Die Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude erfolgt anhand der Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung der Finanzverwaltung (in der Fassung vom August 2022).
Im Rahmen einer Risikominimierung für den Eigentümer ist die Anwendung der Kaufpreisaufteilung von der Finanzverwaltung in jedem Fall zweckmäßig.