Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
Der Geschäftsanteil eines Kommanditisten an der Kommanditisten-GmbH derselben KG gehört dann zu seinem Sonderbetriebsvermögen II bei der KG, wenn die Kommanditisten-GmbH keiner eigenen Geschäftstätigkeit nachgeht und ihr alleiniger Zweck die Beteiligung an der KG in einem erheblichen Umfang (hier: 50 % des Festkapitals der KG) ist.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte W-GmbH. Kommanditisten sind W und die C-GmbH mit einer Einlage von je 400 000 DM. An der W-GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer W ist, waren zunächst W und die C-GmbH zu je 50 % beteiligt. 1987 erwarben W und seine drei volljährigen Kinder je 25 % der Geschäftsanteile an der C-GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer fortan ebenfalls W wurde. Anfang 1989 veräußerten W und seine drei Kinder ihre Anteile an der C-GmbH an einen Dritten. Den dabei erzielten Veräußerungsgewinn des W erfasste das FA als Sonderbetriebsgewinn des W bei der Klägerin, weil es meinte, der Anteil des W an der C-GmbH habe bis zu dessen Veräußerung zum Sonderbetriebsvermögen II des W bei der Klägerin gehört. FG und BFH bestätigten die Auffassung des FA.
Entscheidung
Der Anteil des W an der C-GmbH sei seinem Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin zuzurechnen gewesen. Die C-GmbH habe keine eigene Geschäftstätigkeit ausgeübt. Sie habe der Klägerin durch die Einlage ihres Haftkapitals Eigenkapital in Höhe der Hälfte ihres Festkapitals zur Verfügung gestellt und dadurch einen erheblichen Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszwecks der Klägerin geleistet. Durch seine Beteiligung an der C-GmbH habe W statt durch Erhöhung seiner eigenen Kommanditeinlage einen unmittelbaren Beitrag zu leisten, mittelbar einen Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszwecks der Klägerin erbracht.
Es komme hinzu, dass die der Klägerin dienende Funktion der C-GmbH in deren Gesellschaftsvertrag abgesichert worden sei. Dort sei festgelegt worden, dass die Verfügung über Geschäftsanteile an der C-GmbH, solange diese an der Klägerin beteiligt sei, der Genehmigung der Klägerin bedürfe. Diese gesellschaftsvertragliche Regelung habe nur mit Zustimmung der Klägerin aufgehoben werden dürfen.
Hinweis
1. Zum Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen. Sonderbetriebsvermögen II ist nach der Rechtsprechung anzunehmen, wenn die dem Mitunternehmer gehörenden Wirtschaftsgüter zur Begründung oder Stärkung seiner Beteiligung eingesetzt werden. Ein solches Wirtschaftsgut kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein. Nach der Rechtsprechung des BFH kann die Beteiligung des Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft die Beteiligung desselben Gesellschafters an der Personengesellschaft entweder dadurch stärken, dass jene für das Unternehmen der Personengesellschaft wirtschaftlich vorteilhaft ist, oder dadurch, dass sie der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters selbst dient.
Ebenso wie eine Komplementär-GmbH fördert auch die Kommanditisten-GmbH den Gesellschaftszweck der Personengesellschaft durch den von ihr gesellschaftsrechtlich geschuldeten Beitrag. Während der Beitrag des Komplementärs neben seiner Verpflichtung zur Leistung einer Einlage vor allem in der persönlichen Haftung und der Geschäftsführung besteht, liegt der gesellschaftsrechtlich geschuldete Beitrag des Kommanditisten vor allem in der Überlassung von Eigenkapital und damit in der Stärkung der Finanzkraft der KG. In beiden Fällen erbringt der Personengesellschafter, der an der Komplementär- oder Kommanditisten-GmbH beteiligt ist, über die GmbH mittelbare Beitragsleistungen an die KG, die es rechtfertigen können, den GmbH-Anteil zum Sonderbetriebsvermögen bei der KG zu ziehen.
2. Man kann annehmen, dass der Hauptgesellschafter W seine Beteiligung an der C-GmbH aus der steuerlichen Verstrickung heraushalten wollte, indem er nur 25 % und damit einen seinerzeit nicht i.S.v. § 17 EStG wesentlichen Anteil erwarb und die restlichen GmbH-Anteile durch nahe Angehörige erwerben ließ. Dieses Vorhaben machte das Besprechungsurteil durch die Qualifizierung des Anteils des W an der C-GmbH als Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin zunichte.
W hätte die Zuordnung seines GmbH-Anteils zum Sonderbetriebsvermögen vermeiden können, wenn er bereits vor Erwerb des GmbH-Anteils dafür gesorgt hätte, dass sich die C-GmbH nicht auf das Halten ihrer Kommanditbeteiligung an der Klägerin beschränkt hätte, sondern daneben noch einer anderen Geschäftstätigkeit von nicht bloß ganz untergeordneter Bedeutung nachgegangen wäre (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.1990, VIII R 14/87, BStBl II 1991, 510, betreffend Anteil des Kommanditisten an Komplementär-GmbH).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.1.2001, VIII R 12/99