Leitsatz
Wird bei der Liquidation einer Kapitalgesellschaft ein Teil des Stammkapitals in Form von Liquidationsraten an den Anteilseigner i.S.v. § 17 Abs. 1, Abs. 4 EStG zurückgezahlt, sind Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG) und Teilabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG) auch im Verlustfall anzuwenden.
Normenkette
§ 17 Abs. 1, Abs. 4, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG
Sachverhalt
Die Klägerin war mit einem voll eingezahlten Geschäftsanteil von 8.500 EUR zu einem Drittel an einer GmbH beteiligt. Die GmbH wurde im Jahr 2009 aufgelöst. Nach Abschluss der Liquidation erhielt die Klägerin 3.138 EUR ausgezahlt. Es handelte sich um den Rest des noch nicht verbrauchten Stammkapitals. Den Liquidationsverlust von 5.362 EUR machte die Klägerin in voller Höhe bei den Einkünften aus § 17 EStG geltend. Das FA und ihm folgend das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.5.2013, 12 K 2963/12 E, Haufe-Index 5162925, EFG 2013, 1658) berücksichtigten den Verlust nur in Höhe von 60 %.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH hat die Gleichstellung von Veräußerung und Liquidation auf die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens übertragen und dementsprechend angenommen, dass der bei der Ermittlung des Liquidationsgewinns oder -verlusts als Veräußerungspreis zu behandelnde Liquidationserlös ungeachtet des Umstands, dass es sich um die Rückzahlung von Stammkapital handelte, aus Gründen der Gleichbehandlung zu Einnahmen i.S.v. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG führt.
Hinweis
Kann der Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft in voller Höhe angesetzt werden, wenn nach der Liquidation nur der noch vorhandene Rest des Stammkapitals an die Gesellschafter ausgekehrt wird? Oder unterliegen die den Rückzahlungsbetrag übersteigenden, verlorenen Anschaffungskosten auch in diesem Fall dem Teilabzugsverbot mit der Folge, dass sie nur zu 60 % berücksichtigt werden?
1. Unstreitig geht der Liquidationserlös in die Ermittlung des Auflösungsgewinns oder –verlusts ein. Das ist in § 17 Abs. 4 EStG geregelt. Die Auflösung der Gesellschaft wird dort der Veräußerung gleichgestellt. Als Veräußerungspreis ist der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen (Fiktion). Hiervon sind die Anschaffungskosten der Beteiligung abzuziehen.
2. Ob der so ermittelte Verlust in voller Höhe oder nur zu 60 % berücksichtigt wird, hing letztlich allein davon ab, ob der nach § 17 Abs. 4 Satz 2 als Veräußerungspreis zu behandelnde Liquidationserlös auch zu den "Einnahmen" i.S.v. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F gehört. Die Anwendung des Teilabzugsverbots a.F. war davon abhängig, dass Einnahmen erzielt worden sind.
a) |
Der BFH hat bekanntlich in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Teilabzugsverbot nicht anzuwenden ist, wenn der Gesellschafter aus seiner Beteiligung keinerlei Einnahmen erzielt hat. Der Zweck des Teilabzugsverbots, eine doppelte Begünstigung zu vermeiden (durch teilweise steuerbefreite Einnahmen und vollen Abzug der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen), sei in diesem Fall nicht berührt (vgl. die Zitate in Rz. 14 des Besprechungsurteils sowie BFH, Urteil vom 28.2.2013, IV R 49/11, BFH/NV 2013, 1204, Rz. 33). Darauf stützte sich die Klage mit der gesellschafts- und steuerrechtlichen begründeten Erwägung, dass die Rückzahlung von Stammkapital keine Einnahme sei. |
b) |
Der Gesetzgeber hat auf die zuvor erwähnte Rechtsprechung reagiert, indem er in § 3c Abs. 2 EStG einen neuen Satz 2 eingefügt hat (durch JStG 2010 vom 8.12.2010, BGBl I 2010, 1768). Danach kommt es (gem. § 52 Abs. 8a EStG ab dem VZ 2011) nicht mehr darauf an, ob Einnahmen erzielt worden sind. Es genügt vielmehr, dass die Absicht bestand, Einnahmen zu erzielen. Die vorliegend entschiedene Frage stellt sich deshalb unter der Geltung des neuen § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG nicht mehr. Zu dieser Vorschrift ist beim BFH bereits eine Revision anhängig (IX R 43/13). |
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.5.2014 – IX R 19/13