1.1 1Grundlagenbescheide i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sind Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide oder sonstige für eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte (§ 171 Abs. 10). 2Auch Verwaltungsakte anderer Behörden, die keine Finanzbehörden sind, können Grundlagenbescheide sein (z.B. Verwaltungsakte der zuständigen Behörden, die den Grad einer Behinderung i.S.d. § 33b EStG feststellen). 3Diese außersteuerlichen Grundlagenbescheide sind auch dann bindend, wenn sie aufgrund der für sie maßgebenden Verfahrensvorschriften nach Ablauf der für steuerliche Grundlagenbescheide geltenden Festsetzungsfrist (§§ 169 ff.) ergehen.
1.2 1Die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde (BFH-Urteil vom 10.6.1999 - IV R 25/98 - BStBl II, S. 545). 2Der vom Grundlagenbescheid ausgehenden Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1) ist durch Änderung des Folgebescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Rechnung zu tragen, wenn der Folgebescheid die mit dem Grundlagenbescheid getroffene Feststellung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt. 3Eine Anpassung des Folgebescheides an den Grundlagenbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist auch dann vorzunehmen, wenn der Grundlagenbescheid
- erst nach Erlass des Folgebescheides ergangen ist (siehe §§ 155 Abs. 2 und 162 Abs. 5),
- bei Erlass des Folgebescheides übersehen wurde (BFH-Urteile vom 9.8.1983 - VIII R 55/82 - BStBl 1984 II, S. 86, und vom vom 6.11.1985 - II R 255/83 - BStBl 1986 II, S. 168; vgl. zu BFH-Urteil vom 16.7.2003 - X R 37/99 - BStBl II, S. 867, zur Anwendbarkeit des § 129, wenn die Finanzbehörde die Auswertung des Grundlagenbescheids nicht bewusst unterlassen hat),
- bei Erlass des Folgebescheides bereits vorlag, die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen aber fehlerhaft berücksichtigt worden sind (BFH-Urteile vom 14.4.1988 - IV R 219/85 - BStBl II, S. 711, vom vom 4.9.1996 - XI R 50/96 - BStBl 1997 II, S. 261, und vom 10.6.1999 - IV R 25/98 - a.a.O.).
1.3 1Wird ein Grundlagenbescheid ersatzlos aufgehoben, so eröffnet dies dem für den Erlass des Folgebescheides zuständigen Finanzamt die Möglichkeit, den Sachverhalt, der bisher Gegenstand des Feststellungsverfahrens war, selbständig zu beurteilen und den Folgebescheid insoweit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zu ändern (BFH-Urteile vom 25.6.1991 - IX R 57/88 - BStBl II, S. 821, und vom 24.3.1998 - I R 83/97 - BStBl II, S. 601). 2Das Gleiche gilt, wenn ein zunächst eingeleitetes Feststellungsverfahren zu einem sog. negativen Feststellungsbescheid führt (BFH-Urteil vom 11.5.1993 - IX R 27/90 - BStBl II, S. 820) oder wenn einzelne Besteuerungsgrundlagen nachträglich aus dem Feststellungsverfahren ausgeschieden werden (BFH-Urteile vom 11.4.1990 - I R 82/86 - BFH/NV 1991 S. 143, vom 25.6.1991 - IX R 57/88 - a.a.O., vom 14.7.1993 - X R 34/90 - BStBl 1994 II, S. 77, und vom 7.12.1993 - IX R 134/92 - BFH/NV 1994 S. 547, sowie BFH-Beschluss vom 8.9.1998 - IX B 71/98 - BFH/NV 1999 S. 157).
1.4 Sind die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung durch einen außersteuerlichen Grundlagenbescheid nachzuweisen, so steht der Anpassung des Steuerbescheides (Folgebescheid) an den Grundlagenbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige den für die Steuervergünstigung erforderlichen, aber nicht fristgebundenen Antrag erst nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides gestellt hat (BFH-Urteil vom 13.12.1985 - III R 204/81 - BStBl 1986 II, S. 245).