Leitsatz
1. Nehmen an vom Arbeitgeber veranstalteten Incentive-Reisen Arbeitnehmer teil, denen die Aufgabe zugewiesen ist, die zur eigentlichen Zielgruppe der Reise gehörenden Personen zu betreuen, kann die Reise auch für diese Arbeitnehmer belohnenden Charakter haben und damit zu Arbeitslohn führen. Für den Vorteilscharakter spricht unter anderem, wenn die Arbeitnehmer an den touristischen Elementen der Reise wie die eigentliche Zielgruppe teilnehmen können.
2. Um in einem solchen Fall beurteilen zu können, ob Arbeitslohn oder ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliegt, sind substanziierte Feststellungen zu den dienstlichen Tätigkeiten der mitreisenden Arbeitnehmer und dem zeitlichen Umfang dieser Tätigkeiten erforderlich.
3. Sofern ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht feststellbar ist, ist zu untersuchen, ob bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumindest von einer gemischten Veranlassung der Reisen bei den Arbeitnehmern auszugehen ist, denen Betreuungsaufgaben zugewiesen sind.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Firma X (Klägerin) veranstaltete in den Jahren 1991 bis 1993 im Zusammenwirken mit Reiseveranstaltern sog. Händler-Incentive-Reisen. Diese führten nach Venezuela, Japan, Arizona und Dubai. Teilnehmer dieser Reisen waren neben den jeweils erfolgreichsten Vertragshändlern das gesamte, bei der Klägerin angestellte, überwiegend erfolgsabhängig entlohnte Außendienst-Verkaufspersonal. Dieses hatte nach den Angaben der Klägerin an den Händler-Incentive-Reisen teilzunehmen, um den Umsatz zu fördern und die Vertragshändler an die Klägerin zu binden. Jeder Außendienst-Mitarbeiter hatte die an der Reise teilnehmenden Händler seines Vertriebsgebiets zu betreuen.
Das FA war der Auffassung, die Teilnahme an den Händler-Incentive-Reisen habe bei den mitreisenden Arbeitnehmern der Klägerin zu einem lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil geführt, und forderte von der Klägerin LSt nach. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Um Arbeitslohn der betreuenden Arbeitnehmer verneinen zu können, seien die tatsächlichen Feststellungen unzureichend. Das FG habe weitere Ermittlungen zu treffen (siehe die o.a. Praxis-Hinweise). Die Klägerin werde im zweiten Rechtsgang auch näher darzulegen haben, worin die Betreuung der Händler im Einzelnen bestanden habe bzw. welche sonstigen, dienstlichen Tätigkeiten ihre Mitarbeiter während der Reisen ausübten und in welchem zeitlichen Umfang sie hierdurch tatsächlich in Anspruch genommen worden seien. Die Annahme des FG, die Teilnahme an den Reisen sei für die Arbeitnehmer zwingend gewesen, beruhe bisher ausschließlich auf einer nicht näher erläuterten Behauptung der Klägerin.
Hinweis
1. Die Besprechungsentscheidung verdeutlicht nochmals die im BFH-Urteil vom 5.9.2006, VI R 65/03, BFH-PR 2007, 122 bereits dargelegten Rechtsgrundsätze, die zum Vorliegen von Arbeitslohn bei der Betreuung von Geschäftspartnern anlässlich von Incentive-Reisen zu beachten sind. Den sehr anschaulich formulierten Leitsätzen ist im Grunde wenig hinzuzufügen. Zur Erläuterung das Folgende:
2. Zu Leitsatz 1: Entsprechend ihrem Charakter enthalten organisierte Incentive-Reisen (hier für Vertragshändler) regelmäßig auch, wenn nicht überwiegend, Programmpunkte, die sportliche, kulturelle oder allgemein touristische Aktivitäten zum Gegenstand haben. Nehmen auch Arbeitnehmer eines Arbeitgebers (als Betreuungspersonal) an solchen Programmpunkten teil, so deutet dies darauf hin, dass die Reisen auch für die Arbeitnehmer in einem nicht unerheblichen Umfang Vorteilscharakter haben. Denn ein erhebliches Eigeninteresse von Arbeitnehmern an einer vom Arbeitgeber angeordneten Reise kann auch dann vorliegen, wenn die Reise in nicht unerheblichem Umfang auch touristische Elemente enthält (vgl. hierzu Urteil vom 18.8.2005, VI R 32/03, BFH-PR 2005, 453 – Grundsatzentscheidung zur Aufteilung von Aufwendungen des Arbeitgebers in Arbeitslohn und Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse).
3. Zu Leitsatz 2: Ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers darf nicht schon allein wegen der Betreuungsfunktion der Arbeitnehmer bejaht werden. Das bloße Zurverfügungstehen des Betreuenden als Ansprechpartner reicht für sich genommen grundsätzlich nicht aus, um den Vorteilscharakter einer Incentive-Reise für die Arbeitnehmer gegenüber den vom Arbeitgeber verfolgten betrieblichen Zwecken ganz in den Hintergrund treten zu lassen. Zutreffend weist der BFH auch darauf hin, dass vom Arbeitgeber im Einzelnen darzulegen bzw. vom FG festzustellen ist, worin die Betreuung im Einzelnen bestand.
4. Letztlich weist der BFH auch darauf hin, dass – sollte sich das Vorliegen eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers nicht feststellen lassen – zu untersuchen ist, ob von einer gemischten Veranlassung der Reise aus...