Leitsatz

Veranstaltet ein Arbeitgeber sog. Händler-Incentive-Reisen, so führt die Betreuung der Händler durch eigene Arbeitnehmer bei diesen nicht zu geldwerten Vorteilen, wenn die Betreuungsaufgaben das Eigeninteresse der Arbeitnehmer an der Teilnahme des touristischen Programms in den Hintergrund treten lassen.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt die Entwicklung, die Herstellung und den Verkauf von Waren. Sie veranstaltete in den Streitjahren 1989 bis 1994 jährlich 10 bis 15 Wettbewerbe für verschiedene Zielgruppen aus dem Bereich ihrer (selbstständigen) Händler. Für die erfolgreichen Wettbewerbsteilnehmer richtete die Klägerin Reisen (auch Schiffsreisen) aus, die auch ins entferntere Ausland führten. Die Planung und Durchführung der Reisen erfolgte i.d.R. durch beauftragte Reisebüros.

Während der Reisen wurde jedem Händler ein Mitarbeiter der Klägerin als Ansprechpartner zur Seite gestellt, an den er sich mit etwaigen Problemen wenden konnte. Den Mitarbeitern oblag es, die bestehenden Kontakte zu den Händlern zu festigen und neue Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Die Mitarbeiter nahmen an allen Veranstaltungen und Ausflügen teil, die auch von den Händlern besucht bzw. unternommen wurden. Wurden die an den Reisen teilnehmenden Wettbewerbsgewinner von ihren Ehefrauen begleitet, so reisten auf Wunsch der Klägerin grundsätzlich auch die Ehefrauen ihrer Mitarbeiter mit. Nach Abschluss der Reisen gaben die Mitarbeiter Protokolle ab, die jeweils mit einer eigenen Beurteilung der durchgeführten Reise endeten.

Die Klägerin behandelte die Aufwendungen für die an den Reisen teilnehmenden Ehefrauen ihrer Mitarbeiter als Arbeitslohn, nicht jedoch für letztere. Das FA vertrat in LSt-Haftungsbescheiden hingegen die Ansicht, den betreuenden Mitarbeitern seien durch die kostenlose Teilnahme an den Händler-Incentive-Reisen geldwerte Vorteile zugewendet worden. Das FG gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG zur weiteren Sachaufklärung. Um die Annahme von Arbeitslohn auszuschließen, müsse der Arbeitgeber das ganz überwiegende eigenbetriebliche Interesse an der Teilnahme seiner Arbeitnehmer substanziiert darlegen. Auch wenn die Arbeitnehmer auf der Reise eine betriebliche Funktion wahrzunehmen hätten, könne angesichts der Dauer der jeweiligen Reise und der jeweiligen Reiseprogramme nicht ohne Weiteres angenommen werden, die betriebsfunktionale Zielsetzung des Arbeitgebers überwiege. Hinsichtlich der tatsächlichen Umstände des Streitfalls bestehe noch Aufklärungsbedarf.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung wurde nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt. Das Urteil stellt (nochmals) klar, welche Anforderungen an die Aufgaben (und deren Dokumentation) von betreuendem Personal bei Händler-Incentive-Reisen zu stellen sind, um Arbeitslohn zu verneinen.

2. Incentive-Reisen werden zur Belohnung für erbrachte Leistungen und zur Motivierung zu Mehr- und Höchstleistungen an Arbeitnehmer und Geschäftspartner gewährt. Die Zuwendung einer Reise, die vorwiegend der Belohnung des Reiseteilnehmers in Zusammenhang mit einer von diesem ausgeübten steuerbaren Tätigkeit dienen soll, führt grundsätzlich zu Betriebseinnahmen bzw. Arbeitslohn. Ein Ansatz steuerpflichtiger Einnahmen kann indessen durch ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Zuwendenden ausgeschlossen sein. Dies ist der Fall, wenn eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. ausführlich hierzu: BFH, Urteil vom 18.8.2005, VI R 32/03, BFH-PR 2005, 453) ergibt, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden.

3. Nehmen an vom Arbeitgeber veranstalteten Incentive-Reisen Arbeitnehmer teil, denen die Aufgabe zugewiesen ist, die zur eigentlichen Zielgruppe der Reise gehörenden Personen zu betreuen, so kann nicht ohne Weiteres auf ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Zuwendenden geschlossen werden. Dies wird in der vorliegenden Entscheidung (nochmals) präzisiert. Bei der Würdigung der Gesamtumstände kann für den Vorteilscharakter z.B. auch sprechen, wenn die Arbeitnehmer von ihren (Ehe-) Partnern begleitet werden oder wenn sie an touristischen Elementen der Reise (ebenso wie die eigentliche Zielgruppe) teilnehmen können.

4. Soll der Zufluss von Arbeitslohn bei den betreuenden Arbeitnehmern verneint werden, setzt die Annahme eines überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses im Übrigen substanziierte Feststellungen zu den dienstlichen Tätigkeiten der mitreisenden Arbeitnehmer, dem zeitlichen Umfang dieser Tätigkeiten und zur Auswahl der mitreisenden Arbeitnehmer voraus.

5. Sofern ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht feststellbar ist, ist ferner zu untersuchen, ob bei Würdigung aller Umstände nicht zumindest von einer gemischten Ve...

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