Leitsatz
Festgesetzte Nachforderungszinsen, die auf Hinterziehungszinsen gem. § 235 Abs. 4 AO angerechnet wurden, können nicht als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der bis einschließlich 1998 geltenden Fassung abgezogen werden.
Normenkette
§ 233a AO , § 235 AO , § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG
Sachverhalt
Das FA erließ aufgrund einer Selbstanzeige für die Jahre 1989 bis 1996 geänderte Einkommensteuerbescheide und setzte Nachforderungszinsen i.H.v. 25.735 DM fest. Diese zahlten die Kläger im Streitjahr 1998. Im Jahr 1999 setzte das FA ferner Hinterziehungszinsen unter Anrechnung der Nachzahlungszinsen fest.
Die Kläger erklärten für das Streitjahr Nachforderungszinsen i.H.v. 24.780 DM als Sonderausgaben. Das FA versagte den Sonderausgabenabzug. Das FG wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG, dass Nachforderungszinsen, die auf Hinterziehungszinsen anzurechnen sind, nicht als Sonderausgaben abgezogen werden dürfen.
Hinweis
1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F., der mit Wirkung ab dem VZ 1999 aufgehoben worden ist, waren Zinsen nach § 233a AO (Nachforderungszinsen), Zinsen nach § 234 AO (Stundungszinsen) und Zinsen nach § 237 AO (Aussetzungszinsen) als Sonderausgaben abziehbar. Diese Aufzählung war abschließend, sie erfasste Hinterziehungszinsen nach § 235 AO ausdrücklich nicht. Der Gesetzgeber sah den Grund für die Nichtabziehbarkeit der Hinterziehungszinsen im Unrechtsgehalt der Steuerhinterziehung.
Diese Wertung ergibt sich auch aus den Regelungen in § 4 Abs. 5 Nr. 8a EStG und § 9 Abs. 5 EStG. Danach dürfen Zinsen auf hinterzogene Steuern (§ 235 AO) weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abgezogen werden.
2. Wenn als Folge einer aufgedeckten oder selbst angezeigten Steuerhinterziehung Steuern verspätet festgesetzt werden, entstehen sowohl Nachforderungszinsen als auch Hinterziehungszinsen. Diese Überschneidung hängt mit der Einführung der Vollverzinsung gem. § 233a AO zusammen.
Zur Vermeidung einer Zinskumulation schreibt § 235 Abs. 4 AO vor, dass festgesetzte Zinsen nach § 233a AO – also auch Nachforderungszinsen – auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen sind. Dabei sieht das Gesetz im Grundsatz vor, dass die Anrechnung der Nachforderungszinsen bei der Festsetzung der Hinterziehungszinsen anzurechnen sind. Das ist hier geschehen. Das FA hatte zunächst Nachforderungszinsen festgesetzt und diese bei der späteren Festsetzung der Hinterziehungszinsen angerechnet.
Wären zuerst Hinterziehungszinsen und erst danach Nachforderungszinsen festgesetzt worden, müsste der Bescheid über Hinterziehungszinsen nachträglich gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden. Der Bescheid über Nachforderungszinsen wäre insoweit Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen. Deshalb geht der BFH davon aus, dass es unerheblich ist, ob die bei der FestsetzungNachforderungszinsen oder bei der Erhebung der Hinterziehungszinsen angerechnet werden.
3. Mit der Anordnung der Anrechnung auf Hinterziehungszinsen bringt das Gesetz den Vorrang des § 235 AO zum Ausdruck. Die Nachforderungszinsen werden gleichsam zu Hinterziehungszinsen umqualifiziert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.11.2004, XI R 30/04