Leitsatz

Der Anwendungsbereich des § 70 Abs. 4 EStG ist dann wieder eröffnet, wenn sich die tatsächlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes gegenüber der Prognoseentscheidung geändert haben. In diesen Fällen sind auch die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Vater des im Jahr 1985 geborenen Sohnes, welcher sich im Jahr 2004 durchgehend in Ausbildung befand. Der Antrag auf Kindergeld für das Jahr 2004 wurde mit Bescheid vom 17. 9. 2004 bestandskräftig abgelehnt, da die Familienkasse im Rahmen einer Prognoseentscheidung festgestellt hatte, dass die Einkünfte und Bezüge des Sohnes voraussichtlich den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschreiten würden. Mit Bescheid vom 22.8.2005 gewährte die Familienkasse Kindergeld für den Zeitraum Oktober-Dezember 2004, da nach dem erneuten Antrag des Klägers weitere Werbungskosten sowie die Sozialversicherungsbeiträge zu einer Unterschreitung des Grenzbetrages führten. Die Gewährung von Kindergeld für die Monate Januar-September 2004 lehnte die Familienkasse mit dem Hinweis auf die Bestandskraft des Bescheides vom 17.9.2004 ab. Im Klageverfahren beantragt der Kläger eine Änderung des Bescheides vom 17.9.2004 nach § 70 Abs. 4 EStG, da dem Sohn im Jahr 2004 weitere Werbungskosten entstanden seien, welche über die bei der Prognoseentscheidung berücksichtigten Werbungskosten hinausgehen.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG sind die Voraussetzungen des § 70 Abs. 4 EStG im Streitfall erfüllt, da sich eine tatsächliche Änderung hinsichtlich des Betrags der Einkünfte und Bezüge ergeben hat. Die Familienkasse ist bei ihrer im September 2004 getroffenen Prognoseentscheidung davon ausgegangen, dass die Einnahmen des Sohnes 9.144,85 EUR und die Werbungskosten 1.263 EUR betrügen. Später wurde jedoch bekannt, dass sowohl die tatsächlichen Einnahmen als auch die tatsächlichen Werbungskosten von den prognostizierten abwichen. Der Anwendung des § 70 Abs. 4 EStG steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass der Grenzbetrag nur deswegen nicht überschritten wird, weil zusätzlich zu den höheren Werbungskosten die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen waren. Nach dem Urteil des BFH vom 10. 5. 2007 - III R 103/06 ist nämlich der Anwendungsbereich des § 70 Abs. 4 EStG dann wieder eröffnet, wenn sich die tatsächlichen Einkünfte und Bezüge gegenüber der Prognoseentscheidung geändert haben.

 

Hinweis

Da die Entscheidung des FG im Einklang mit dem Urteil des BFH vom 10.5.2007 (a.a.O) stand, hatte das FG auch keine Revision zugelassen. Trotzdem hat die Familienkasse Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und damit Erfolg gehabt. Jetzt muss sich der BFH (Az. III R 100/07) erneut mit dieser Frage befassen, wobei jedoch nicht mit einer abweichenden Entscheidung zu rechnen ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 03.09.2007, 1 K 1007/06

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