Leitsatz
Der Kläger nahm in zwei Stufen die Klägerin in sein Einzelunternehmen auf. Dazu übertrug er ihr erst 5% und dann 35% und wollte hinsichtlich des zweiten Veräußerungsschrittes die Steuervergünstigung des § 34 EStG in Anspruch nehmen, da für die Teilveräußerung eines Mitunternehmeranteils § 18 Abs. 3 EStG gilt. Dabei berief er sich auf die Rechtsprechung des BFH (GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123), die für eine Teilanteilsveräußerung die Vergünstigung des § 34 EStG aus Gründen der Rechtssicherheit gewährte. Dieser Rechtsprechung des BFH hat das FG Münster im vorliegenden Fall eine Absage erteilt. Weiter ist nach Ansicht des FG Münster die Aufnahme eines Sozius in ein Einzelunternehmen nach dem Zwei-Stufen-Modell grundsätzlich möglich, unterliegt aber im Einzelfall der Überprüfung nach § 42 AO. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten ist vorliegend gegeben, denn die Erwerbsvorgänge sind als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen, da sie allein zur Steuervermeidung aufgeteilt worden sind.
Sachverhalt
Die Klägerin war als freie Mitarbeiterin beim Kläger beschäftigt. Nach der getroffenen Vereinbarung haben sie zum 1.1.1997 eine BGB-Gesellschaft gegründet, an der die Klägerin mit 5% beteiligt war, wofür sie 25.000 DM aufbrachte. Der erzielte Einnahmenüberschuss wurde entsprechend den Beteiligungsverhältnissen aufgeteilt. Mit Vertrag vom 5.1.1998 erhöhte die Klägerin ihre Beteiligung um 35% gegen Zahlung von 175.000 DM. Bereits 1995 nahm die Klägerin ein Darlehen über 200.000 DM zur Finanzierung der Anteilserwerbe auf. Das Finanzamt zählte beide Veräußerungsgewinne zu den laufenden Gewinnen und versagte hinsichtlich des zweiten Veräußerungsschrittes die Vergünstigung des § 34 EStG. Einspruch und Klage waren erfolglos.
Entscheidung
Das FG entschied in bewusster Abweichung von der bisherigen BFH-Rechtsprechung, dass Zweck und Wortlaut des § 18 Abs. 3 EStG die Teilanteilsveräußerung nicht umfassen und auch aus Gründen der Rechtssicherheit allein die Vergünstigung nicht zu gewähren ist. Die Teilrealisierung stiller Reserven ist beim Einzelunternehmer nicht begünstigt und kann daher auch im Fall der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nicht begünstigt sein. Aber auch unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung konnte die Klage keinen Erfolg haben, da die zweistufige Gesellschaftsgründung im Einzelfall die Prüfung nach § 42 AO bestehen muss. Hier liegt ein Missbrauch vor, da beide Erwerbsvorgänge wirtschaftlich als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen sind, das nur zur Steuervermeidung aufgeteilt worden ist (vgl. auch Hessisches FG, 2 V 5039/00, SIS 02 54 04). Ein Indiz dafür war die Höhe des Darlehens, das vor Erwerb der Anteile aufgenommen wurde. Danach war von der Klägerin von Anfang an geplant, insgesamt Anteile für 200.000 DM zu erwerben. Vernünftige Gründe für die Aufteilung sind nicht erkennbar. Im Übrigen beeinflusse die Besteuerung des Veräußerungsgewinns den Verkaufspreis der Anteile, so dass nur steuerliche Gründe für die Gestaltung sprechen, mit der Folge, dass deren steuerliche Anerkennung nach § 42 AO zu verneinen ist.
Hinweis
Gegen das vorliegende Urteil hat das FG nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO die Revision beim BFH (IV R 11/03) zugelassen. Darüber hinaus bestimmt § 18 Abs. 3 EStG nunmehr in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung, dass die Teilveräußerung eines Mitunternehmeranteils nicht mehr unter die Vergünstigung des § 34 EStG fällt. Mit gewichtigen Argumenten hat das FG der Ansicht des BFH eine Absage erteilt, wenngleich es den vom BFH geäußerten Gedanken des § 42 AO aufgegriffen hat. Damit beruht die Entscheidung des FG nicht nur auf der Abweichung von der Rechtsprechung des BFH, sondern auch auf § 42 AO, so dass die Abweichung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. FGO für die Entscheidung des FG nicht erheblich sein dürfte. Bei der Einbringung einer Einzelpraxis in eine Sozietät sollte § 24 UmwStG nicht vergessen werden, wenngleich das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 ab dem 1.1.2001 auch hier Einschränkungen mit sich brachte.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 19.12.2002, 1 K 1213/01 F