Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Beim fingierten Übergang von Grundstücken nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG werden nur solche Grundstücke erfasst, bei denen die Anteilsvereinigung dem Erwerb des Grundstücks (wirtschaftlich) gleichsteht.
Sachverhalt
Die Klägerin sowie E und J waren Kommanditisten der X KG. Am Stammkapital der Komplementärin, der M-GmbH, waren alle Kommanditisten zu jeweils 1/3 beteiligt.
Mit Notarvertrag vom 23.11.2011 überließen und übertrugen E und J mit dinglicher Wirkung zum Ablauf des 31.12.2011 ihre GmbH-Anteile auf die Klägerin. Zeitgleich wurde weiter vereinbart, dass E und J mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2011 als Kommanditisten aus der KG ausscheiden. Als Gegenleistung für die GmbH-Anteile und zur Erfüllung der Ansprüche auf Ausscheidungsguthaben aus der KG wurde der Übergang verschiedener Grundstücke der KG zum Beginn 1.1.2012 vereinbart.
Das Finanzamt ging davon aus, dass sämtliche Grundstücke zum Zeitpunkt der Anteilsvereinigung zum Vermögen der KG gehörten. Nach Meinung der Klägerin sind die den ausscheidenden Kommanditisten zur Abfindung übertragenen Grundstücke nicht in die Besteuerung einzubeziehen.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die übergegangenen Grundstücke im Zeitpunkt der Steuerentstehung nicht mehr zum Vermögen der KG gehörten. Ein Grundstück gehört i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zum Vermögen der Gesellschaft, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld auf die Anteilsvereinigung grunderwerbsteuerlich zuzurechnen ist. Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld war vorliegend der 23.11.2011. Die Anteilserwerbe waren zu diesem Stichtag unbedingt vereinbart und gewiss; der zum Ablauf des 31.12.2011 aufschiebend befristete Erwerb war als solcher mit Unterzeichnung der notariellen Urkunde am 23.11.2011 erfolgt.
Werden sowohl ein grundstücksrechtlicher als auch ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang in einer notariellen Urkunde vereinbart, ist anhand verständiger Würdigung der Gesamtheit der getroffenen Vereinbarungen zu entscheiden, ob das Grundstück im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung zum Vermögen der Gesellschaft gehört. Aus den Vereinbarungen vom 23.11.2011 folgt, dass sich in der Hand der Klägerin mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2011 die KG-Anteile in der Gestalt vereinigen würden, dass sich der Grundbesitz der KG lediglich aus den noch verbliebenen Grundstücken zusammensetzen würde.
Hinweis
Das FG hat die Revision zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob aufschiebende Befristungen in einem einheitlichen Rechtsgeschäft bei der Beurteilung der Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft bei einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hat zwischenzeitlich unter dem Az. I R 27/14 Revision beim BFH eingelegt.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 27.03.2014, 4 K 1355/12