Leitsatz
Bei der Bestimmung des einfachen Kürzungsbetrages gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes ist der nach § 126 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes maßgebende Ersatzwirtschaftswert im Verhältnis der eigenen Fläche zu der gepachteten Fläche anzusetzen.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002, § 125 Abs. 2, § 126 Abs. 2 BewG 1991, Abschn. 59 Abs. 4 Satz 6, Anlage 1 GewStR 1998
Sachverhalt
Die Klägerin unterhielt in den Streitjahren 2014–2018 als GmbH einen landwirtschaftlichen Betrieb in den neuen Bundesländern. Dabei nutzte sie sowohl in ihrem Eigentum stehende Flächen als auch Pachtflächen. Die Wirtschaftsgebäude und die stehenden und umlaufenden Betriebsmittel standen in ihrem Eigentum. Die Klägerin teilte den Ersatzwirtschaftswert für gewerbesteuerliche Zwecke entsprechend Anlage 1 zu Abschn. 59 Abs. 4 GewStR 1998 auf und ging davon aus, dass der Anteil von Grund und Boden am Ersatzwirtschaftswert 64 %, der Anteil der Wirtschaftsgebäude 17 %, der Anteil der stehenden Betriebsmittel 14 % und der Anteil der umlaufenden Betriebsmittel 5 % betrug. Entsprechend klammerte sie nur aus 64 % des Ersatzwirtschaftswerts einen Anteil für Pachtflächen aus. Das FA legte hingegen 100 % des Ersatzwirtschaftswerts zugrunde und klammerte daraus den Anteil der Pachtflächen aus. Das FG (Sächsisches FG, Urteil vom 13.10.2021, 2 K 942/20, EFG 2022, 1053) folgte der Auffassung der Klägerin.
Entscheidung
Der BFH hielt die Revision des FA für begründet und wies die Klage ab. Der im Bereich des § 7g EStG im Hinblick auf die Bestimmung der Betriebsgröße für die Steuerpflichtigen vorteilhafte Aufteilungsmaßstab für den Ersatzwirtschaftswert (BFH-Urteile vom 6.3.2014, IV R 11/11, BFH/NV 2014, 944, Haufe-Index 6715713 und vom 22.6.2017, VI R 97/13, BFH/NV 2017, 1533, Haufe-Index 11219365) wirkte sich damit bei der Gewerbesteuer nachteilig aus.
Hinweis
1. Zur Berücksichtigung der Doppelbelastung mit Grund- und Gewerbesteuer sieht § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG die sog. einfache Gewerbesteuerkürzung vor. Hierzu wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. In den neuen Bundesländern wurden jedoch nach § 125 Abs. 2 BewGanstelle der Einheitswerte für Betriebe der LuF abweichend von § 19 Abs. 1 BewGErsatzwirtschaftswerte ermittelt und ab 1.1.1991 der Besteuerung zugrunde gelegt. Hintergrund der Schaffung von Ersatzwirtschaftswerten für land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Beitrittsgebiet waren die ungeklärten Eigentumsverhältnisse sowie die noch fehlenden verwaltungsmäßigen Voraussetzungen bei der Vermessungsverwaltung und der erst im Aufbau befindlichen Finanzverwaltung.
2. Der Bildung des Ersatzwirtschaftswerts ist nach § 125 Abs. 2 Satz 2 BewG eine Nutzungseinheit zugrunde zu legen, in die alle von derselben Person (Nutzer) regelmäßig selbst genutzten Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens i.S.d. § 33 Abs. 2 BewG einbezogen werden, auch wenn der Nutzer nicht Eigentümer ist. Es werden daher auch die gepachteten Flächen bei der Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts berücksichtigt.
3. Der Ersatzwirtschaftswert gilt nach § 126 Abs. 1 Satz 1 BewG für die GrSt. Nach § 126 Abs. 2 BewG gilt er auch für andere Steuern wie insbesondere die GewSt. Insoweit ist bei demjenigen, dem Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zuzurechnen sind, der Ersatzwirtschaftswert oder ein entsprechender Anteil an diesem Wert anzusetzen. Die Eigentumsverhältnisse und der Anteil am Ersatzwirtschaftswert sind im Festsetzungsverfahren der jeweiligen Steuer zu ermitteln.
4. Da die einfache Kürzung auf den "zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden" Grundbesitz abstellt, müssen bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags die Eigentumsverhältnisse und der maßgebende Anteil am Ersatzwirtschaftswert ermittelt werden.
5. Insoweit sah Abschn. 59 Abs. 4 Satz 6 GewStR 1998 noch vor, dass der maßgebende Anteil am Ersatzwirtschaftswert hilfsweise nach der in der dortigen Anlage 1 aufgeführten Tabelle zu ermitteln ist, die eine Aufteilung in vier Wirtschaftsgutgruppen vorsah (Grund und Boden, Wirtschaftsgebäude, stehende Betriebsmittel, umlaufende Betriebsmittel). Allerdings ist ein entsprechender Aufteilungsmaßstab weder aus § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG noch aus § 126 BewG zu entnehmen.
6. Ermittelt wird der Ersatzwirtschaftswert als ein von der Fläche abhängiger Ertragswert, der sich am Hektarwert orientiert und allein durch Multiplikation der genutzten Fläche mit einem pauschaliert nach der Ertragskraft des Grund und Bodens bestimmten Hektarsatz berechnet wird. Die Wirtschaftsgebäude und die stehenden und umlaufenden Betriebsmittel fließen dagegen – unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen – nicht in die Berechnung des Ersatzwirtschaftswerts ein.
7. Für die Berechnung des für die einfache Kürzung maßgeblichen Anteils des Ersatzwirtschaftswerts ist dieser daher nicht ...