Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Die Prüfungsanordnung des beauftragten Finanzamts ist hinreichend begründet, wenn sie die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden Finanzamts maßgebenden Erwägungen enthält.
2. Eine Prüfungsanordnung ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig, wenn für den Steuerpflichtigen der Regelungsgehalt nicht ernsthaft zweifelhaft sein kann.
3. Das vorübergehende Bestehen von zwei Prüfungsanordnungen, die sich inhaltlich nicht widersprechen, führt nicht zu deren Nichtigkeit.
Normenkette
§ 19, § 125, § 126 Abs. 1 Nr. 2, § 193 Abs. 2 Nr. 1, § 195 Sätze 1 und 2 AO, § 5 Abs. 1 Satz 1 BpO
Sachverhalt
Das FA bat das Wohnsitzfinanzamt des Klägers, das Finanzamt A, um die Befugnis zum Erlass einer Prüfungsanordnung und zur Durchführung der sich anschließenden Außenprüfung. Das FA begründete dies damit, dass bei dem Z-Konzern in B eine Außenprüfung durchgeführt werde. Zum Konzernbereich gehöre "nachstehendes Unternehmen: Eheleute XZ und YZ" (darunter der Kläger). Es sei zweckmäßig, dieses Unternehmen von B aus zu prüfen, weil sich dort die Buchführung und die Auskunftspersonen befänden.
Das Finanzamt A übertrug dem FA daraufhin die Befugnis zur Anordnung und Durchführung einer Außenprüfung bei dem Kläger. Dies geschah, nachdem das FG eine frühere Prüfungsanordnung des FA mangels örtlicher Zuständigkeit des FA aufgehoben hatte.
Das FA ordnete gegenüber dem Kläger die Durchführung einer Außenprüfung an. Die Prüfungsanordnung stützte es auf § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO i.V.m. §§ 194 bis 196 AO. Als Prüfungsgegenstand gab es "Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen und Umsatzsteuer" für bestimmte Jahre an. Zur Begründung führte das FA u.a. aus, es sei vom zuständigen Finanzamt A mit der Prüfung beauftragt worden. Die Prüfung erfolge im Zusammenhang mit der laufenden Außenprüfung der Firmengruppe Z und umfasse nicht die Sachverhalte (Tat im prozessualen Sinn), welche durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens abgedeckt würden.
Das FG hob die Prüfungsanordnung des FA auf (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.1.2012, 4 K 3252/10, Haufe-Index 2939035, EFG 2012, 1111). Es ließ offen, ob die Prüfungsanordnung nichtig sei; jedenfalls sei sie ermessensfehlerhaft und deshalb rechtswidrig. Sie lasse nämlich in Verbindung mit der Einspruchsentscheidung nicht erkennen, welche konkrete unternehmerische Betätigung des Klägers nach Auffassung des FA den Grund für die Erteilung des Prüfungsauftrags bilde und weshalb diese unternehmerische Betätigung einen Konzernbezug aufweise.
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Die angefochtene Prüfungsanordnung sei nicht zu beanstanden. Sie enthalte die für die Ermessensausübung auch des beauftragenden Finanzamts – des Finanzamts A – maßgebenden Erwägungen der einheitlichen Prüfung des Klägers im Konzernbereich des Z-Konzerns. Aus der Prüfungsanordnung ergäben sich der Steuerpflichtige (der Kläger), der Prüfungsumfang (Einkommensteuer und gesonderte Feststellungen sowie Umsatzsteuer für bestimmte Jahre) und die tragenden Ermessenserwägungen für die Auftragsprüfung (einheitliche Prüfung des Z-Konzerns). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz habe es keiner weiteren Ausführungen bedurft, "aus welchem Grund diese unternehmerische Betätigung" des Klägers einen Bezug zum Z-Konzern aufgewiesen habe. Dieser Bezug sei nämlich für alle Beteiligten klar gewesen und vom FA überdies nochmals in seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt worden: Die Aufsichtsratstätigkeit im Zusammenhang mit den sonstigen Firmen der "Z-Gruppe".
Die strittige Prüfungsanordnung sei auch nicht nichtig. Sie sei "neben die Prüfungsanordnung vom …" getreten, die das FG mangels Zuständigkeit des FA aufgehoben hatte. Zwar sei das Urteil des FG erst später rechtskräftig geworden. Das vorübergehende gleichzeitige Bestehen beider Prüfungsanordnungen führe jedoch nicht zur Nichtigkeit. Beide Prüfungsanordnungen hätten sich in ihrem Regelungsgehalt hinsichtlich des Prüfungszeitraums, des Steuerpflichtigen (des Klägers) und der zu prüfenden Steuerarten nicht widersprochen.
Die Prüfungsanordnung sei auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig. Ihr Regelungsgehalt sei nicht ernsthaft zweifelhaft gewesen. Prüfungsgegenstand sei Einkommensteuer einschließlich gesonderter Feststellungen und Umsatzsteuer gewesen, mit Ausnahme der "Sachverhalte …, welche durch die Einleitung des Steuerstrafverfahrens abgedeckt" worden seien. Dies habe bei dem Kläger, der aufgrund seiner Selbstanzeige und des anschließenden Schriftverkehrs den Umfang des eingeleiteten Steuerstrafverfahrens gekannt habe, keine wirklichen Verständnisschwierigkeiten auslösen können, da für alle Beteiligten klar ersichtlich gewesen sei, dass es sich um die vom Kläger bis zur Selbstanzeige nicht erklärten Kapitaleinkünfte ausländischer Herkunft gehandelt habe.
Hinweis
1. Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden ...