Leitsatz
Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nicht als Erwerbsaufwendungen abziehbar. Dies gilt auch für die bürgerliche Kleidung einer Influencerin, und zwar unabhängig davon, ob deren Erwerb und Nutzung aus einer beruflichen/betrieblichen (Mit-)Veranlassung erfolgt ist. Reisekosten (hier einer Influencerin), die sowohl beruflich/betrieblich als auch privat veranlasst sind, sind anhand der Verursachungsbeiträge (unter anderem nach Zeitanteilen) als Betriebsausgaben/Werbungsosten abziehbar. Soweit keine objektiven Kriterien für eine Aufteilung ersichtlich sind, ist im Wege der Schätzung ein hälftiger Abzug der Reisekosten als Betriebsausgaben/Werbungskosten möglich.
Sachverhalt
Die Klägerin (eine Personengesellschaft) betreibt in mehreren Boutiquen einen Einzelhandel mit Textilien und Accessoires. Eine Gesellschafterin der Klägerin ist auf der Internetplattform Instagram als Influencerin tätig. Dort präsentiert sie unter anderem Mode vor exotischen Kulissen durch professionell erstellte Werbefotos. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der Klägerin erlies das Finanzamt geänderte Gewinnfeststellungsbescheide, in denen Aufwendungen für diverse Kleidungsstücke und Reisen nicht mehr gewinnmindernd berücksichtigt wurden, weil keine betriebliche Veranlassung vorliege. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trug die Klägerin mit ihrer Klage vor, dass die Aufwendungen für die Kleidung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen seien, denn die Kleidung werde ausschließlich bei der Erstellung der Fotos und Videos für Instagram getragen. Eine private Mitnutzung liege nicht vor, da die getragene Kleidung nach Erstellung der Aufnahmen gesondert von der privaten Garderobe gelagert werde.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da bei gewöhnlicher bürgerlicher Kleidung und Mode-Accessoires eine Trennung zwischen privater und betrieblicher Sphäre nicht möglich sei. Aus § 12 Nr. 1 EStG folge insoweit ein Abzugsverbot für Aufwendungen für die Lebensführung der Gesellschafterin der Klägerin, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringe, auch wenn die Aufwendungen zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit erfolgt seien. Es komme nicht darauf an, wie die Gegenstände konkret genutzt worden seien. Allein die naheliegende Möglichkeit der Privatnutzung von bürgerlicher Kleidung und Mode-Accessoires führe dazu, dass eine steuerliche Berücksichtigung ausgeschlossen sei. Auch handele es sich bei den erworbenen Gegenständen nicht um typische Berufskleidung, für die ein Abzug als Betriebsausgabe möglich sei. Hierunter würden lediglich solche Kleidungsstücke fallen, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig seien.
Hinweis
Bezüglich der Berücksichtigung der geltend gemachten Reisekosten wird auf die Ausführungen im Leitsatz verwiesen. Der Beruf der Influencerin bzw. Bloggerin ist nicht anders zu beurteilen als sonstige Berufe. Ob die Gesellschafterin der Klägerin die angeschafften Kleidungsstücke und Mode-Accessoires tatsächlich ausschließlich betrieblich genutzt hat, ist unbeachtlich. Das Urteil ist rechtskräftig, da nach Auffassung des FG die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht erfüllt waren. Einer der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe liege nicht vor. Die Entscheidung beruhe auf der Anwendung bekannter und gefestigter Rechtsgrundsätze, wie sie der ständigen Rechtsprechung des BFH entsprechen und auch in der Literatur weitestgehend anerkannt sind (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil v. 22.09.2021, 12 K 1016/19