Leitsatz
Befindet sich ein Wohngebäude vor der erstmaligen Nutzung nach dem Erwerb wegen eines Schadens nicht in einem vermietbaren Zustand, dann führen die Aufwendungen zur Behebung dieses Schadens zu Anschaffungskosten i.S.d. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB. Unerheblich ist, ob der Schaden bereits bei Erwerb vorhanden war.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG , § 7 EStG , § 255 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Juli 1996 erwarb der Kläger ein Dreifamilienhaus mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 160 qm und erneuerte – vor Beginn der Vermietung – im Wesentlichen die Heizungsanlage und Elektroinstallation. Des Weiteren wurden der Elektrohausanschluss vom Dach in den Keller verlegt, eine Spindeltreppe vom Ober- in das Dachgeschoss anstelle einer alten Treppe eingebaut, Fenster ausgetauscht, Bäder, Toiletten und Küchen saniert sowie das Dach repariert.
In der Einkommensteuererklärung 1997 machten die Kläger die Kosten der Modernisierung als Werbungskosten geltend. Das FA behandelte die Aufwendungen zunächst insgesamt, im Einspruchsverfahren nur noch in Höhe von 92.763,46 DM als anschaffungsnahe Herstellungskosten; die Kosten der Erneuerung der Heizungsanlage in Höhe von 28.808,54 DM ließ es zum sofortigen Abzug als Werbungskosten zu.
Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, durch die Baumaßnahmen sei das Gebäude wesentlich verbessert worden; das sei auf Grund der Art der Maßnahmen und ihrer Höhe im Verhältnis zum Kaufpreis offenkundig.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Unrecht den Abzug der streitigen Aufwendungen als Werbungskosten allein wegen der Höhe der Aufwendungen im Verhältnis zum Kaufpreis abgelehnt. Im Übrigen müsse vom FG noch festgestellt werden, ob die Heizung wegen der streitigen Mängel funktionsuntüchtig gewesen sei; nur dann seien die Behebung der Schäden und die damit im Zusammenhang stehenden Bauarbeiten als Maßnahme zur Herstellung der Betriebsbereitschaft den Anschaffungskosten zuzurechnen (vgl. BFH, Urteil vom 16.7.1996, IX R 34/94, BStBl II 1996, 649).
Ebenso müsse noch festgestellt werden, ob und in welchem Umfang die Baumaßnahmen zu einer deutlichen Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten bei den Installationen und Fenstern geführt hätten; laufende Reparaturen, vor allem Schönheitsreparaturen, aber auch die Ersetzung alter funktionierender Einrichtungen durch gleichwertige neue führten noch nicht zu Anschaffungskosten (BFH, Urteil vom 27.9.2001, X R 55/98, BFH/NV 2002, 627).
Hinweis
Aufwendungen, die – wie die hier streitigen -durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG), wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – unabhängig von der Höhe der Aufwendungen – nach § 255 HGB (vgl. BFH, Urteil vom 12.9.2001, IX R 39/97, BFH-PR 2002, 281).
Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Die Herstellung der Betriebsbereitschaft umfasst dabei sowohl die Beseitigung von Schäden, die einer Vermietbarkeit des Objekts entgegenstehen, als auch die Umsetzung der Entscheidung des Eigentümers, den Standard der zu vermietenden Wohnungen (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll) zu erhöhen. Dies setzt eine funktionserweiternde Ergänzung wesentlicher Bereiche der Wohnungsausstattung (Heizung, Sanitär-, Elektroinstallation und Fenster) zumindest in einer von mehreren Wohnungen voraus, durch die das Nutzungspotenzial bei mindestens drei dieser Bereiche deutlich erhöht wird (vgl. BFH, Urteil vom 12.9.2001, IX R 52/00, in BFH-PR 2002, 282).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.8.2002, IX R 70/00