2.1 Grundsatz
Der Ausbildungsfreibetrag von 1.200 EUR (bis 2022: 924 EUR) wird zusätzlich zum Kindergeld bzw. zu den Freibeträgen des § 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt. Auch wenn dieser Freibetrag, wie der BFH für den Betrag von 924 EUR entschieden hat, schon in Anbetracht von Studiengebühren kaum realitätsgerecht ist, werden keine verfassungsrechtlichen Bedenken anerkannt, da der Freibetrag lediglich eine Komponente im Rahmen des Familienleistungsausgleichs darstellt und dem Gesetzgeber hier ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Außerdem rechnen die Kosten einer auswärtigen Unterbringung nicht zum geschützten Familienexistenzminimum.
2.2 Auslandskinder
Für nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Kinder, sog. Auslandskinder, vermindert sich der Betrag u. U. nach der sog. Ländergruppeneinteilung. Je nach den Lebenshaltungskosten im Ausland mindert sich der Freibetrag auf 3/4, 1/2 oder 1/4 des Betrags von 1.200 EUR.
Kinder, die während des Schulbesuchs bei Verwandten im Ausland, z. B. bei den Großeltern, leben, sind nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Der Freibetrag ist daher nach der Ländergruppeneinteilung zu kürzen. Dies gilt auch für die Monate, während derer sie sich in den Ferien bei ihren Eltern im Inland aufhalten. Der Freibetrag steht auch für diese Zeiten (nur gekürzt) zu. Denn dadurch wird weder die Ausbildung noch die auswärtige Unterbringung unterbrochen. Bei einer Wohnsitzverlegung ist der Freibetrag ländergruppenbedingt nur für den Zeitraum zu kürzen, für den der Wohnsitz im Ausland unterhalten wird. Kommen bei einer Wohnsitzverlegung des Kinds vom Inland ins Ausland oder umgekehrt Freibeträge in verschiedener Höhe in Betracht, sind diese zu zwölfteln.
Kürzung des Jahresbetrags aufgrund von Ländergruppeneinteilung
Der 19-jährige Sohn S der in München lebenden Eltern wohnte bis 31.3. bei den Großeltern in Mexiko und ging dort zur Schule. Zum 1.4. zog er nach Berlin, wo er ein mehrjähriges Studium aufnahm.
S war bis zu seinem Zuzug ins Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig. Den Eltern steht für das 1. Vierteljahr ein zeitanteilig gekürzter Ausbildungsfreibetrag von 150 EUR zu. Der Jahresbetrag von 1.200 EUR wird gekürzt nach der Ländergruppeneinteilung auf 1/2 = 600 EUR; davon 1/4 = 150 EUR. Für die übrigen Monate beträgt der Freibetrag 900 EUR (3/4 von 1.200 EUR); insgesamt 1.050 EUR (900 EUR + 150 EUR).
2.3 Keine Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge
Die Einkünfte und Bezüge sowie Zuschüsse – ebenso wie das Vermögen – des Kindes spielen für die Berücksichtigung des Freibetrags keine Rolle. Der Freibetrag steht grundsätzlich unabhängig von der finanziellen Situation des Kindes zu.
Nach Abschluss der Erstausbildung bzw. des Erststudiums spielt jedoch die Erwerbstätigkeit eine Rolle. Ein Kind, das danach eine weitere Ausbildung oder ein Zweitstudium anschließt, wird nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit bis zu 20 Wochenstunden, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis sind allerdings unschädlich.
2.4 Zeitanteilige Kürzung
Erstreckt sich die Ausbildung über den ganzen Veranlagungszeitraum, gehören auch die vorlesungs- und unterrichtsfreien Zeiten zum Ausbildungszeitraum, da dem Steuerpflichtigen (i. d. R. den Eltern) typischerweise in jedem Monat des betreffenden Ausbildungsabschnitts Ausbildungskosten entstehen und daher § 33a Abs. 3 Satz 1 EStG (zeitanteilige Kürzung) nicht zur Anwendung kommt.
Liegt eine der Voraussetzungen für die Gewährung eines Ausbildungsfreibetrags nur für einen Teil des Kalenderjahres vor, weil das Kind z. B. seine Ausbildung im Laufe des VZ beginnt oder beendet, ermäßigt sich der Ausbildungsfreibetrag für jeden vollen Kalendermonat, für den die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, um je 1/12 (Monatsprinzip). Die Wechselmonate sind somit keine Kürzungsmonate.
Ändern sich bei der Anwendung der Ländergruppeneinteilung die Verhältnisse während des Kalenderjahres, ist – wenn die Änderung im Laufe eines Monats eintritt – für den Monat der Änderung der höhere Betrag anzusetzen.