Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Haben die Vertragsparteien bei einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung eine Vollzugshemmung vereinbart, wonach der bevollmächtigte Notar von der bereits erteilten Eintragungsbewilligung erst dann Gebrauch machen darf, wenn die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist, ist die gemischt-freigebige Schenkung erst im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Kaufpreiszahlung i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 des ErbStG ausgeführt.
Sachverhalt
Hintergrund: Streit um den Zeitpunkt einer Grundstücksschenkung
Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Beteiligte streiten im Urteilsfall um Zeitpunkt der Ausführung einer gemischten Schenkung.
- Mit notariellem Vertrag vom 9.10.2012 verpflichtete sich Frau P ihr Grundstück der Klägerin gegen Zahlung eines Barkaufpreises i.H.v. 260.000 EUR sowie einer monatlich zu zahlenden Rente i.H.v. 1.000 EUR zu übertragen. Zudem verpflichtete sich die Klägerin, P zu pflegen, für sie zu kochen, sie zu waschen und erforderliche Gänge zum Arzt und/oder zur Apotheke vorzunehmen, soweit P hierzu nicht mehr in der Lage sein sollte.
- Das Grundstück ist mit einem Mietshaus bestehend aus 8 Wohnungen und 2 Kellergewerberäumen bebaut. P bewohnte eine der Wohnungen, für die sie sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht zurückbehielt. Der Jahreswert des Wohnrechts wurde 12.000 EUR angesetzt.
- Der Kaufpreis war bis zum 1.2.2013 durch Überweisung auf ein Notaranderkonto zu entrichten. Die Übergabe des Grundstücks sollte nach am Tag des Eingangs des Barkaufpreises, spätestens am 1.2.2013 erfolgen. Die Vertragsparteien erklärten die Auflassung sowie bewilligten und beantragten, die Eigentumsveränderungen im Grundbuch zu vollziehen. Unter II. "Ausfertigungen, Abschriften" des Vertrags wurde vereinbart, dass den Vertragsparteien Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften lediglich ohne Auflassungserklärung erteilt werden sollten. Der Notar wurde angewiesen, eine Vertragsausfertigung mit der Auflassungserklärung dem Grundbuchamt erst einzureichen, sobald ihm alle Unterlagen vorliegen und alle vertraglichen Bedingungen für deren Einreichung erfüllt oder sichergestellt sind, insbesondere die Belegung des Kaufpreises ohne eventuelle Zinsen.
- P verstarb am 24.11.2012 noch vor Eintragung des Eigentumswechsels. Die Klägerin ist Erbin der P und wurde am 15.2.2013 als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.
- Mit Bescheid vom 19.5.2016 setzte das Finanzamt (FA) Schenkungsteuer fest. Das FA sah in dem notariellen Vertrag eine gemischt-freigebige Zuwendung der P an die Klägerin, da die von der Klägerin übernommenen Gegenleistungen erheblich unter dem gemeinen Wert des übertragenen Grundstücks gelegen hätten. Bei der Bemessung der Steuer berücksichtigte das FA den Kapitalwert der Renten- und Pflegeverpflichtung sowie des Wohnrechts nach § 14 Abs. 2 BewG nicht, da die entsprechenden Leistungen wegen des Versterbens der P nicht erbracht worden seien.
- Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie machte u.a. geltend, dass es zu der Ausführung der gemischten Schenkung wegen des Todes der P nicht mehr gekommen sei. Die Eigentumseintragung im Grundbuch sei erst am 15.2.2013 erfolgt. Zudem sei § 14 Abs. 2 BewG auf die Renten- und Pflegeverpflichtung nicht anzuwenden.
- Das FA hat den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Es nahm eine Ausführung der Schenkung an, da der schuldrechtliche Vertrag abgeschlossen und die Einigung über den Eigentumswechsel in notarieller Form erklärt worden sei. Das FA hielt darüber hinaus an der Nichtberücksichtigung des vereinbarten Wohnrechts, der Pflege- sowie der Rentenverpflichtung nach § 14 Abs. 2 BewG fest.
Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg
Die Klage hat das FG als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zwischen den Beteiligten in der Sache unstreitig sei, dass die Übertragung des Grundstücks eine gemischte Schenkung darstelle. Das FA habe zudem bei der Ermittlung der Steuer den Kapitalwert der Nutzungs- und Leistungsauflagen zu Recht nach § 14 Abs. 2 BewG gekürzt.
Das FA hat nach der Verkündung des Urteils des FG einen geänderten Schenkungsteuerbescheid erlassen.
Entscheidung
BFH hebt Vorentscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf
Der BFH hat die Entscheidung des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben, weil sich nach Verkündung des Urteils des FG der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat. An die Stelle des ursprünglichen Schenkungsteuerbescheids ist der Änderungsbescheid getreten und nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGOGegenstand des Verfahrens geworden. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben.
Nicht spruchreife Sache wird zurückverweisen
Der BFH hat zudem entschieden, dass die Sache nicht spruchreif und an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen ist. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die ...