Unter bestimmten Voraussetzungen sind Verkäufe von Einzelhandelsunternehmern an Reisende aus Staaten mit Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union (EU) als Ausfuhrlieferungen steuerfrei, wenn sie der Kunde im persönlichen Reisegepäck ausführt. Häufig wird in diesem Bereich vom "Export über den Ladentisch" gesprochen.
Der Begriff des persönlichen Reisegepäcks ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts und kann nicht durch Heranziehung des Begriffs "persönliches Reisegut" i. S. des am 4.6.1954 in New York unterzeichneten Abkommens über die Zollerleichterungen im Touristenverkehr ausgelegt werden, noch kann er mit dem Begriff "Gepäck" in Art. 1 Nr. 5 der Delegierten Verordnung 2015/2446 gleichgesetzt werden.
Die nachfolgenden Besonderheiten gelten nur, wenn der Abnehmer die erworbenen Waren für private (nichtkommerzielle) Zwecke im persönlichen Reisegepäck in das Drittlandsgebiet verbringt. Keine Besonderheiten bestehen demnach, wenn der Einzelhändler die Waren befördert oder versendet oder der Tourist die Waren versendet, indem er sie z. B. in einem Paket zur Post gibt.
Die Steuerbefreiung wird dem Unternehmer gewährt, wenn
- sein Kunde im Drittlandsgebiet ansässig ist,
- die Waren innerhalb von 3 Monaten nach Kauf in das Drittlandsgebiet gelangen und
- der Gesamtwert der Lieferung (einschließlich Umsatzsteuer) 50 EUR übersteigt.
Die Einhaltung der Frist ist durch Angabe des Tages der Ausfuhr im Ausfuhrbeleg oder andere überprüfbare Unterlagen nachzuweisen. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Lieferungen zur Ausrüstung und Versorgung von privaten Beförderungsmitteln (s. Tz. 4).
In diesem Bereich ist ein sorgfältiger Beleg- und Buchnachweis besonders wichtig. Solange die o. g. Voraussetzungen von der Grenzzollstelle nicht bestätigt sind, kann die Steuerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden.
Sollten die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Gegenstände zur Mitführung im persönlichen Gepäck von Reisenden nicht erfüllt sein, ist der Gegenstand aber tatsächlich in einen Staat außerhalb der Union befördert worden, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die allgemeine Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen vorliegen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Abnehmer die Ware nicht im persönlichen Reisegepäck ausgeführt hat, da eine Steuerbefreiung dabei gerade nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 6 Abs. 3a UStG möglich ist. Sollte die allgemeine Steuerbefreiung einschlägig sein, ist diese auch dann anzuwenden, wenn die einschlägigen Zollformalitäten nicht eingehalten wurden, weil der Erwerber beim Kauf nicht beabsichtigte, dass die Befreiung für persönliches Reisegepäck angewandt wird.
Zunächst mit deutscher Umsatzsteuer abrechnen
Es empfiehlt sich daher, zunächst immer mit deutscher Umsatzsteuer zu verkaufen. Gleichzeitig kann mit dem Kunden vereinbart werden, dass die im Preis enthaltene deutsche Umsatzsteuer bei Vorlage des Ausfuhr- und Abnehmernachweises gutgeschrieben wird.
Anwendbarkeit auf Großbritannien und Nordirland
Am 31.1.2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten. Der vertraglich vereinbarte Übergangszeitraum endete mit Ablauf des 31.12.2020. Seit dem 1.1.2021 ist damit das Vereinigte Königreich für umsatzsteuerrechtliche Zwecke grundsätzlich als Drittlandsgebiet i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG anzusehen. Damit sind grundsätzlich auch die Regelungen für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 6 Abs. 3a UStG anwendbar.
Eine Ausnahme gilt allerdings für Nordirland, für das im "Protokoll zu Irland/Nordirland" zum Austrittsabkommen ein besonderer Status vereinbart wurde. Danach wird Nordirland für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31.12.2020 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt.