Leitsatz
Zahlungen des Restitutionsberechtigten an den Verfügungsberechtigten im Restitutionsverfahren nach dem VermG zum Ausgleich von Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen an einem rückübertragenen Gebäude stellen Anschaffungskosten dar. Sie sind ab dem Jahr der Rückübertragung im Rahmen der AfA bei den Einkünften aus der Vermietung des rückübertragenen Gebäudes zu berücksichtigen, selbst wenn Mieteinnahmen erst im Folgejahr erzielt werden.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 EStG , § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG , § 21 Abs. 1 EStG , § 1, § 3 VermG
Sachverhalt
Die Klägerin meldete nach der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands beim Amt für offene Vermögensfragen (LARoV) in Berlin einen Anspruch auf Rückübertragung ihres Grundstücks an (vgl. § 3 VermG). Im März 1992 verpflichteten sich die Erwerber "zur Beendigung des Restitutionsverfahrens", das Eigentum auf die Klägerin zurückzuübertragen und das Grundstück spätestens bis zum 31.3.1993 zu räumen.
Als Ausgleich für Aufwendungen während der Nutzung des Grundstücks erhielten sie u.a. 100.000 DM. Daraufhin wurde das Restitutionsverfahren für beendet erklärt. Die Klägerin vermietete das von den Erwerbern geräumte Haus nach umfangreichen Renovierungsmaßnahmen erst 1993. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 machte sie die Zahlung der 100.000 DM als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Das FA erkannte den Werbungskostenabzug nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH gehören Ausgleichszahlungen der vorliegenden Art zu den im Rahmen der AfA ab dem Zeitpunkt der Anschaffung anzusetzenden Anschaffungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).
Hinweis
1. Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind, selbst wenn letztere noch nicht erzielt werden, aber einen ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und der Einkunftsart aufweisen, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird (BFH, Urteil vom 4.11.2003, IX R 55/02, BFH/NV 2004, 484). Diesen Zusammenhang belegen z.B. objektive Umstände für den endgültigen und nicht aufgegebenen Entschluss des Steuerpflichtigen, durch Errichtung oder Erwerb eines Gebäudes und dessen anschließende Vermietung und Verpachtung auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Gebäudes einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.
2. Solche Aufwendungen sind jedoch, soweit es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt, nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG). Dies bestimmt sich, soweit § 6 Abs. 1a EStG (noch) nicht eingreift, nach § 255 HGB (BFH, Urteil vom 18.5.2004, IX R 57/01, BFH-PR 2004, 427). Anschaffungskosten sind danach Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Auch sie sind im Rahmen der AfA als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar; eine spätere Ingebrauchnahme ist – bei hinreichendem Zusammenhang zwischen Anschaffung/Herstellung und einkommensteuerrechtlich erheblicher Verwendung – unschädlich.
Dies gilt auch bei Rückübertragungen im Rahmen eines Restitutionsverfahrens nach dem VermG für Zahlungen an den Verfügungsberechtigten, die Rückübertragungsberechtigte als vorweggenommene Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bereits im Jahr der Rückübertragung geltend machen können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.1.2005, IX R 15/03