Angehörige haben nach § 101 AO grundsätzlich ein Auskunftsverweigerungsrecht und dann nach § 104 AO auch das Recht, die Vorlage von Urkunden zu verweigern sowie die Eidesleistung zu verweigern. Eine Pflicht, die Auskunft zu verweigern besteht nicht. Der Angehörige kann die Antwort auch gegenständlich auf einen Teil der angeforderten Auskunft beschränken. Es kann also auf das Recht auch ganz oder teilweise verzichtet werden. Hintergrund dieser Regelung ist, dass Interessenkollisionen aufgrund der familiären Bindung vermieden werden sollen, ohne dass im Einzelfall eine Konfliktsituation nachgewiesen werden muss oder Beweggründe dem Finanzamt gegenüber dargelegt werden müssen.
Wer Angehöriger ist, ist in der AO in § 15 AO näher definiert. Hierbei handelt es sich um folgende Personen:
- Verlobte, auch im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes – seit der Ergänzung der AO in 2014; ist das ernsthafte Versprechen, eine Ehe bzw. eine Lebenspartnerschaft einzugehen erforderlich. Mit der Entlobung endet dabei die Angehörigeneigenschaft. Verwandte oder Verschwägerte eines Verlobten sind keine Angehörigen des anderen Verlobten.
- Ehegatte oder Lebenspartner,
- Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
- Geschwister,
- Kinder der Geschwister,
- Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner,
- Geschwister der Eltern,
- Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher
- Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
Angehörige sind die in Absatz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn die die Beziehung begründende Ehe oder Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist oder die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind. Dies gilt nicht, wenn ein Verlöbnis aufgelöst wird.
Ausnahmen
Von dem Grundsatz, dass Angehörigen ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht, gibt es allerdings Ausnahmen:
So besteht etwa kein Auskunftsverweigerungsrecht, wenn der Angehörige selbst Beteiligter des jeweiligen Besteuerungsverfahrens ist. Dies ist insbesondere z. B. bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten oftmals der Fall. In einem solchen Fall gilt ein Auskunftsverweigerungsrecht nur für die steuerlichen Verhältnisse des anderen Ehegatten. Bei einer Einzelveranlagung (früher getrennte Veranlagung) gilt das Recht in vollem Umfang.
Ebenfalls kein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, wenn der Angehörige die Auskunft für einen Beteiligten zu erteilen hat. Die Auskunftspflicht muss sich aus dem Gesetz ergeben z. B. §§ 34, 35 AO.
Auch besteht kein Auskunftsverweigerungsrecht eines volljährigen Kindes in einem Kindergeldprozess. § 101 AO gilt insofern nicht.
Belehrung
Die Angehörigen sind gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 aktenkundig über ihr Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren. Es handelt sich hierbei um eine Schutznorm, so dass auf die Belehrung nicht verzichtet werden kann. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben, so dass diese schriftlich oder mündlich erfolgen kann. Sie muss inhaltlich aber zumindest so ausgestaltet sein, dass der Angehörige eine umfassende Kenntnis seiner Rechte erlangt. Erfolgt keine Belehrung, hat dies regelmäßig ein Verwertungsverbot zur Folge, da ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt. Zulässig ist es indes, die Belehrung nachzuholen. Dies heilt den Verfahrensfehler.
Verzicht
Hat der Angehörige einen Verzicht auf sein Auskunftsverweigerungsrecht erklärt und widerruft er diesen Verzicht später, wirkt dieser Widerruf nur dann zurück, wenn keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist. Zulässig ist es auch, eine Urkunde über eine vorgerichtliche Vernehmung eines Zeugen zu verwerten, der sich vor Gericht dann auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft.
Rechtsmittel
Macht ein Angehöriger sein Auskunftsverweigerungsrecht geltend und besteht die Finanzbehörde gleichwohl auf der Auskunft, ist dieses als ein Verwaltungsakt anzusehen, gegen den ein Einspruch erhoben werden kann. Wird ein Zwangsgeld angedroht oder gar festgesetzt, kann hiergegen ebenfalls mittels eines Einspruchs vorgegangen werden.