Ein in Frankreich ansässiger Steuerpflichtiger arbeitet vom 1.6.1997 bis zum 31.7.1998 bei einem deutschen Arbeitgeber in Frankfurt und bewohnt für diese Zeit in Deutschland eine von ihm gekaufte Eigentumswohnung. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich vermietet er die Wohnung in Frankfurt an einen deutschen Kollegen.
Lösung:
In der Zeit vom 1.6.1997 bis 31.7.1998 ist er durch seinen inländischen Wohnsitz unbeschränkt steuerpflichtig. Bis dahin war er in Deutschland überhaupt nicht steuerpflichtig und danach wird er aufgrund inländischer Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG beschränkt steuerpflichtig.
Für beide Jahre sind Veranlagungen zur unbeschränkten Steuerpflicht durchzuführen für das Jahr 1998 sind gem. § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG auch die Vermietungseinkünfte in diese Veranlagung miteinzubeziehen.
Bei beiden Veranlagungen unterliegen die ausländischen Einkünfte des gesamten Kalenderjahres, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben (z.B. Arbeitslohn in Frankreich vor und nach der Tätigkeit in Deutschland; Einkünfte aus der Vermietung eines Grundstücks in Frankreich) nach § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG dem Progressionsvorbehalt.
Hierfür ist nicht Voraussetzung, dass das jeweilige DBA (hier das DBA Frankreich) die Anwendung des Progressionsvorbehalts gestattet; denn der § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG ordnet den Progressionsvorbehalt unabhängig davon an und nimmt nicht Bezug auf ein DBA oder andere zwischenstaatliche Vereinbarungen. Die Vorschrift stellt insoweit eine Spezialvorschrift dar, die den Regelungen im DBA vorgeht (sog. treaty-overriding).
Die Anwendung des Progressionsvorbehalts ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt, da der partiell unbeschränkt Steuerpflichtige alle Jahresfreibeträge in voller Höhe bekommt und ohne Progressionsvorbehalt nicht mit dem ganzjährig unbeschränkt Steuerpflichtigen gleichgestellt würde.
Die nach deutschem Steuerrecht zu ermittelnden positiven oder negativen Progressionseinkünfte sind im Mantelbogen ESt 1 A bei Kz. 18/22 einzutragen. § 2 a Abs. 1 EStG ist zu beachten.
Die Frage, ob ein Progressionsvorbehalt nach § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG für den VZ des Umzugs angewendet werden darf, wenn der Steuerpflichtige von der „Nicht-Steuerpflicht” zur unbeschränkten Steuerpflicht oder umgekehrt wechselt, ist zwischenzeitlich Gegenstand mehrerer finanzgerichtlicher Klage- und eines Revisionsverfahrens vor dem BFH (I R 63/00). Gleichgelagerte Fälle ruhen daher nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Es kann – ggf. gegen Sicherheitsleistung – AdV gewährt werden.
Fälle betreffend den § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nur dann nicht gleichgelagert, wenn mit dem Staat, aus dem die ausländischen Einkünfte bezogen werden, kein DBA besteht oder das DBA den Progressionsvorbehalt nicht ausdrücklich an die Ansässigkeit knüpft (derzeit nur beim DBA Irland der Fall).