Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Die AfaA kommt bei allen abnutzbaren Wirtschaftsgütern, die der Erzielung von Einkünften dienen, in Betracht. Sie ist neben der linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zulässig. Die Vornahme von AfaA wird auch bei Gebäuden nicht beanstandet, die noch degressiv abgeschrieben werden. Ihr Zweck ist es, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten neu zu verteilen, wenn dies durch außergewöhnliche Umstände erforderlich ist. Die Vornahme einer AfaA dient dazu, über den durch den üblichen Betrieb entstehenden Wertverzehr hinaus auch den durch außergewöhnliche Umstände und/oder Einwirkungen entstandenen Wertverzehr eines Wirtschaftsguts erfolgsmäßig berücksichtigen zu können. Dabei kann die außergewöhnliche Abnutzung die ursprünglich den AfA zugrunde gelegte "technische" Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts verkürzen. Sie kann aber auch – zugleich oder bei unveränderter technischer Nutzungsdauer – die wirtschaftliche Einsatzfähigkeit des Wirtschaftsguts verringern. Eine bloße Wertminderung kann eine technische bzw. wirtschaftliche Abschreibung nicht rechtfertigen.
Für die AfaA ist weiter erforderlich, dass – wie für die reguläre AfA – das Gebäude zur Erzielung von Einkünften verwendet wird. Sie ist deshalb ausgeschlossen, wenn z. B. ein Gebäude bereits vor seinem technischen oder wirtschaftlichen Verbrauch jahrelang leer gestanden hat, ohne dass sich in absehbarer Zeit konkrete Umstände für eine Einkunftserzielungsabsicht feststellen lassen.
Baumängel vor Fertigstellung eines Gebäudes, z. B. Fehler in der Statik oder die Errichtung einer Eigentumswohnung mit einer kleineren Wohnfläche als vereinbart, rechtfertigen keine AfaA, wobei es unerheblich ist, ob die Baumängel vor oder nach der Fertigstellung des Gebäudes entdeckt werden. Das gilt selbst, wenn infolge der Baumängel noch während der Bauzeit unselbstständige Gebäudeteile wieder abgetragen werden. Bei den mangelhaften Bauleistungen kann es sich nicht nur um Fehler bei der Ausführung des Baues, sondern auch um solche bei der Planung, z. B. des Architekten, handeln. Die Herstellungskosten für solche mangelhaften Leistungen können unabhängig davon, ob die Mängel beseitigt werden oder nicht, nicht als AfaA abgezogen werden.
Die Voraussetzungen einer AfaA sind auch nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige ein mit Mängeln behaftetes Gebäude erwirbt. Auch Mängel eines Gebäudes im Zeitpunkt seiner Anschaffung rechtfertigen regelmäßig keine AfaA. Maßstab für die Nutzbarkeit ist das bestehende Gebäude in dem Zustand, in dem es sich bei Erwerb befindet. Der Mangel ist aber in diesen Maßstabszustand mit eingegangen und kann ihn deshalb nicht ändern und in seiner Nutzbarkeit mindern.
Hat der Steuerpflichtige ein bisher von ihm vermietetes Gebäude abgerissen, um ein neues, ebenfalls der Einkünfteerzielung dienendes Gebäude zu errichten, kann er im Jahr des Abbruchs die restlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes im Wege einer AfaA als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Hat er dagegen ein technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude bereits in Abbruchabsicht erworben, gehören die Anschaffungskosten und die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes.
Die Kosten für den Abriss eines zuvor vermieteten Gebäudes sowie die darauf bezogene AfaA sind als nachträgliche Werbungskosten nur zu berücksichtigen, wenn ungeachtet des anschließend auf dem Grundstück zu eigenen Wohnzwecken errichteten Gebäudes der Grund für den Abriss zumindest ganz überwiegend – z. B. eine mangelnde Standfestigkeit – "während der Vermietung des Grundstücks" entstanden ist. Wenn ein technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude abgerissen wird, um ein unbebautes Grundstück veräußern zu können, kann eine AfaA nicht vorgenommen werden. Dasselbe gilt bei einem späteren Abbruch des Gebäudes aus privaten Gründen, weil der Steuerpflichtige einen Neubau zur Eigennutzung errichten will.
Nach der bisherigen Rechtsprechung kann einer möglichen Wertminderung bei einem nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut wie dem Grund und Boden nicht durch eine AfaA Rechnung getragen werden (offen gelassen für den Fall irreparabler Umweltschäden oder bei einer dauerhaften Minderung der Bodenqualität).