Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Die Entscheidung für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG setzt eine Kenntnis des Wahlrechts voraus.
Sachverhalt
Der Kläger erzielte im Rahmen seiner Ingenieurtätigkeit Gewinne i. S. § 18 EStG, die er durch Einnahme-/Überschussrechnung ermittelte. Außerdem war er als Generalübernehmer für ein Objekt tätig, das er zunächst erwarb, kurzfristig sanierte und, in Eigentumswohnungen aufgeteilt, weiterveräußerte. Im Rahmen einer Bp stellte das FA fest, dass der Steuerpflichtige beide Tätigkeiten zusammen als Einkünfte nach § 18 EStG erklärt hatte.
Der Betriebsprüfer unterstellte auch für die gewerbliche Tätigkeit als Generalübernehmer eine Gewinnermittlung durch Einnahme-/Überschussrechnung und ermittelte die Einkünfte entsprechend den Aufzeichnungen des Steuerpflichtige für 1996 mit 789.594 DM, für 1997 mit ./. 884.719 DM sowie für 1998 mit ./. … 30.270 DM. Als Folge dieser Feststellung ergab sich ein Gewerbesteuermessbetrag für 1996 von 34.675 DM. In der Einspruchsentscheidung führte das FA aus, dass die Wahl eines Gewerbetreibenden für eine bestimmte Gewinnermittlungsart weder die Kenntnis beim Steuerpflichtigen über die steuerlichen Folgen noch das Bewusstsein voraussetze, überhaupt eine Wahl zu treffen. Der Steuerpflichtige vertrat die Ansicht, der Gewinn für seine Tätigkeit als Generalübernehmer hätte nach den Grundsätzen des Bestandsvergleichs geschätzt werden müssen, da keine Wahl für eine Gewinnermittlung nach Überschussgrundsätzen erfolgt sei.
Entscheidung
Eine Gewinnermittlung durch Überschussrechnung kommt nicht in Betracht, da der Steuerpflichtige sein Wahlrecht nicht ausgeübt hat. Grundsätzlich ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Vermögensvergleich zu ermitteln. § 4 Abs. 3 EStG räumt jedoch dem nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen das Wahlrecht ein, den Gewinn durch Überschussrechnung zu ermitteln. Dieses kann nur er allein ausüben und zwar durch Erstellen einer Eröffnungsbilanz und Einrichtung einer Buchführung bzw. durch das geordnete Erstellen und Sammeln der Einnahmen- und Ausgabenbelege. Die Ausübung des Wahlrechts setzt das Bewusstsein des Steuerpflichtigen voraus, gewerbliche Einkünfte zu erzielen sowie den Willen, eine Wahl zu treffen. Fehlt es daran (beispielsweise weil er davon ausgeht, nicht gewerblich tätig geworden zu sein), ist eine Wahl der Gewinnermittlungsart nicht denkbar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Tätigkeiten derart miteinander verflochten sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen (einheitliche Tätigkeit). Ist eine Wahl zur Gewinnermittlung durch Überschussrechnung nicht festzustellen, muss der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt werden, ggf. sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn die Aufzeichnungen nicht ausreichen.
Hinweis
Das FG verdeutlicht wiederum die ständige Rechtsprechung, dass die Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung an die eindeutige Ausübung des Wahlrechts gebunden ist.
Im vorliegenden Fall hat die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für den Steuerpflichtigen erhebliche (gewerbesteuerliche) Vorteile gebracht. Im Regelfall, und darüber sollte man sich im Klaren sein, fällt eine Schätzung selten zugunsten aus. Einer eindeutigen Wahl der Gewinnermittlungsmethode und sorgfältigen Aufzeichnungen ist daher der Vorzug zu geben.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 27.04.2006, 10 K 6416/02