Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für Insolvenzverwalter. Kündigungsschutzprozess eines Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Unter den Voraussetzungen des § 5 InsVV ist es regelmäßig geboten, einen Rechtsanwalt gemäß § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnen.
Normenkette
InsVV § 5; ZPO § 116 Abs. 1 Nr. 1, § 127 Abs. 2 S. 3, § 121 Abs. 2
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Beschluss vom 21.11.2002; Aktenzeichen 4 Ta 390/01-3) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 21. November 2002 – 4 Ta 390/01-3 – aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I. Der Rechtsbeschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH. In dieser Eigenschaft war er Beklagter einer am 5. Juli 2001 vom unvertretenen Kläger des Ausgangsrechtsstreits erhobenen Kündigungsschutzklage, die durch Vergleich vom 14. August 2001 erledigt wurde. Am 10. August 2001 hat der Beklagte Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und der sofortigen Beschwerde des Beklagten nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat nach Einholung einer Stellungnahme der Sächsischen Staatskasse die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Sie ist nach § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, § 574 Abs. 1 ZPO an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat unter teilweiser Inbezugnahme der Ausführungen des Arbeitsgerichts die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil der Antragsteller nach eigenen Angaben über genug freie Masse verfüge (Guthabenkonto von 117.004,06 DM). Die nach Berichtigung der Kosten im Sinne von § 54 InsO verbleibende Masse müsse auf alle übrigen Masseverbindlichkeiten, zu denen auch die Prozesskosten von Rechtsstreitigkeiten gehörten, gleichmäßig aufgeteilt werden. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich, weil der Antragsteller selbst über genügend Sachverstand verfüge. Die Prozessführung gehöre zum Kernaufgabenbereich eines Insolvenzverwalters.
b) Dem folgt der Senat nicht.
aa) Der angefochtene Beschluss verletzt § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung diese für die Gewährung von Prozesskostenhilfe an Insolvenzverwalter geltende Norm erkennbar nicht zugrunde gelegt.
(1) Nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann Parteien kraft Amtes, also auch Insolvenzverwaltern, auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe bewilligt werden, „wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.” Sinn dieser Vorschrift ist es, dem Insolvenzverwalter die Prozessführung zwecks Anreicherung der Insolvenzmasse zu erleichtern. Nach der amtlichen Begründung sollte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Konkursverwalter die Regel, die Verweigerung die Ausnahme sein (BT-Drucks. 8/3068 S 26 zu § 114 c ZPO des Entwurfs). Wie der Bundesgerichtshof (27. September 1990 – IX ZR 250/89 – ZiP 1990, 1490) hierzu ausgeführt hat, ist damit gerade der Rechtsverfolgung durch Konkursverwalter bzw. jetzt Insolvenzverwalter vom Gesetzgeber ein eigenständiges, schutzwürdiges öffentliches Interesse beigemessen worden. Darüber hinaus ist das Insolvenzverfahren zunehmend im öffentlichen Interesse mit der weiteren Aufgabe betraut worden, die geordnete und rechtlich gesicherte Abwicklung eines – wenn auch masselosen – Unternehmens vor allem zum Schutz sozial Schwächerer herbeizuführen. Einer weiteren allgemeinen Rechtfertigung bedarf die Rechtsverfolgung oder -verteidigung durch den Insolvenzverwalter nicht.
(2) Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dass die Kosten aus der „verwalteten Vermögensmasse” nicht aufgebracht werden können.
Die Beantwortung der Frage, ob die Kosten aufgebracht werden können, betrifft die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, so dass die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung vom Rechtsbeschwerdegericht nach den gem. § 576 Abs. 3 ZPO auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren geltenden revisionsrechtlichen Grundsätzen nur eingeschränkt überprüfbar ist. Dem Landesarbeitsgericht steht ein Beurteilungsspielraum zu. Eine Rechtsverletzung bei der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs liegt nur dann vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden oder das Ergebnis in sich widersprüchlich ist (st. Rspr. vgl. BAG 24. Juli 1991 – 7 ABR 68/90 – BAGE 68, 187). Diesem Maßstab hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
Die verwaltete Vermögensmasse ist unzulänglich iSd. § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, wenn die Kosten (Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten) weder aus den vorhandenen Barmitteln noch aus kurzfristig liquidierbaren Mitteln des Anlage- oder Umlaufvermögens aufgebracht werden können. Jedoch dürfen der Masse nicht die Mittel entzogen werden, die zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens anderweitig benötigt werden (MünchKommZPO-Wax 2. Aufl. § 116 Rn. 15 mwN). Bei Masseunzulänglichkeit im Sinne des § 208 InsO ist grundsätzlich auch davon auszugehen, dass die Kosten iSd. § 116 ZPO nicht aufgebracht werden können. Denn der Insolvenzverwalter darf bei Masseunzulänglichkeit keine neuen Masseforderungen begründen, die nicht aus der Masse beglichen werden können. Die verwaltete Masse reicht also nicht zur Bestreitung der Prozesskosten aus. Wenn die Anzeige der Masseunzulänglichkeit noch nicht allzu lange zurück liegt, kann bereits in der Anzeige als solcher ein starkes Indiz dafür liegen, dass die Kosten nicht aufgebracht werden können. Die Insolvenzordnung knüpft gewichtige Folgen an die Anzeige (§§ 208, 210, 211 InsO). Dies und die sehr weitreichende Haftung des Insolvenzverwalters (§ 60 InsO) wird im Allgemeinen eine ausreichende Basis für die Annahme sein, dass die Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu Recht erfolgt ist. Allerdings ist der Insolvenzverwalter darlegungspflichtig für die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (OLG Naumburg 23. Januar 2002 – 1 W 32/01 – ZInsO 2002, 586).
Das Landesarbeitsgericht hat zu der Frage, ob die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse aufgebracht werden können, lediglich festgestellt, der Antragsteller verfüge nach eigenen Angaben über genug freie Masse. Es hat damit die vorstehenden Grundsätze außer Acht gelassen. Insbesondere hat es das Vorbringen des Antragstellers, es bestünden erhebliche Masseverbindlichkeiten, nicht gewürdigt. Wenn das Landesarbeitsgericht an den Angaben des Antragstellers Zweifel hatte, hätte es nach § 118 Abs. 2 ZPO vorgehen müssen.
(3) Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat das Beschwerdegericht die in § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO enthaltene weitere Voraussetzung nicht geprüft, nach der Prozesskostenhilfe trotz Unzulänglichkeit der Vermögensmasse nur zu gewähren ist, wenn den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.
Auch insoweit handelt es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, für die die oben genannten Maßstäbe gelten. Zu beachten ist dabei, dass Arbeitnehmer-Gläubigern eine Beteiligung meist unzumutbar sein wird (BGH 8. Oktober 1992 – VII ZB 3/92 – BGHZ 119, 372). Ferner ist auch hier von Bedeutung, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Regel, die Verweigerung die Ausnahme sein soll. Zumutbar sind Vorschüsse auf die Prozesskosten nur solchen wirtschaftlich Beteiligten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können, und deren zu erwartender Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozessrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird (OLG Dresden 18. Februar 2002 – 13 W 1918/01 – ZInsO 2002, 286).
Anhaltspunkte dafür, die Gewährung von Prozesskostenhilfe könne hier daran scheitern, dass einem wirtschaftlich Beteiligten die Aufbringung der Kosten zugemutet werden könnte, sind nicht erkennbar.
(4) Ebenfalls von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat das Beschwerdegericht die auch im Rahmen des § 116 Abs. 1 Satz 1 ZPO maßgebliche Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht und der fehlenden Mutwilligkeit iSd. § 114 ZPO nicht geprüft. Bei dieser Frage geht es erneut um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, für die dem Beschwerdegericht ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Zu beachten ist dabei, dass keine Erfolgsgewissheit verlangt und die „hinreichende Aussicht auf Erfolg” des Rechtsschutzbegehrens im Sinne des § 114 ZPO nicht unter Beantwortung schwieriger, bislang nicht geklärter Rechtsfragen verneint werden darf (vgl. Reichold in Thomas/Putzo 24. Aufl. § 114 ZPO Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann ZPO 61. Aufl. Rn. 80 ff. zu § 114 ZPO; BVerfG 7. Mai 2002 – 1 BvR 1699/01 – VIZ 2002, 594). Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht 19. November 2002 – 5 S 12/02 – EFG 2003, 333; Zöller-Philippi ZPO 23. Aufl. § 114 Rn. 30; Reichold in Thomas/Putzo 24. Aufl. § 114 ZPO Rn. 7). Dass die Rechtsverteidigung des Beklagten mutwillig gewesen wäre oder dass keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestanden hätten, liegt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht nahe. Es handelt sich um einen wohl kaum vermeidbaren und – da ein Vergleich geschlossen worden ist – schwerlich ohne Erfolgsaussichten geführten Passivprozess.
bb) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, den Antrag des Beschwerdeführers auf Beiordnung einer Rechtsanwältin abzulehnen, verletzt mit der gegebenen Begründung § 121 Abs. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist ein Anwalt dann beizuordnen, wenn entweder die Vertretung erforderlich erscheint oder, was hier nicht in Betracht kommt, der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(1) „Erforderlich” ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, wenn sie nicht nur ratsam, sondern nachgerade unerlässlich ist (st. Rspr. der Oberlandesgerichte, vgl. etwa OLG Naumburg 27. August 2001 – 14 WF 125/01 – OLGR Naumburg 2002, 186).
Auch hier handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung einer nur eingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt.
(2) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht. Insbesondere die vom Landesarbeitsgericht als wesentlich angesehene Erwägung, die Führung von Prozessen gehöre zum Kernaufgabenbereich des Insolvenzverwalters, korrespondiert nicht ausreichend mit den gesetzlichen Vorgaben. Sie verkennt den Rechtsbegriff der Erforderlichkeit und insbesondere den zwischen § 121 Abs. 2 1. Alt. ZPO und § 5 InsVV bestehenden Zusammenhang.
Nach dem Maßstab des § 5 InsVV ist zu beurteilen, für welche Prozesse der als Anwalt zugelassene Insolvenzverwalter einen sich nach der BRAGO richtenden Vergütungsanspruch gegen die Masse hat. Würde man in § 121 Abs. 2 1. Alt. ZPO einen strengeren Maßstab anwenden als in § 5 InsVV, so wäre das Ergebnis, dass – da die Masse in den Fällen des § 121 ZPO stets unzureichend ist – in den Fällen, für die zwar die Voraussetzungen des § 5 InsVV vorliegen, nicht aber die des § 121 Abs. 2 1. Alt. ZPO, der als Rechtsanwalt zugelassene Insolvenzverwalter leer ausginge bzw. bei Beauftragung eines Rechtsanwalts diesem nach §§ 55, 61 InsO schadensersatzpflichtig würde. Das wäre ein unauflösbarer Wertungswiderspruch und würde dem Grundsatz zuwiderlaufen, dass der Insolvenzverwalter das Verfahren nicht aus privaten Mitteln finanzieren muss. Deshalb ist es geboten, im Rahmen des § 121 Abs. 2 ZPO dem Insolvenzverwalter unter den Voraussetzungen des § 5 InsVV zumindest in aller Regel einen Rechtsanwalt beizuordnen.
Nach § 5 Abs. 1 InsVV kann der als Rechtsanwalt zugelassene Insolvenzverwalter „für Tätigkeiten, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, nach Maßgabe der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Gebühren und Auslagen gesondert aus der Insolvenzmasse entnehmen.”
Die damit maßgebliche Frage, ob die Übertragung auf einen Rechtsanwalt angemessen war, setzt erneut die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes voraus, für die dem Beschwerdegericht ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Bei dessen Ausfüllung ist indes zu beachten, dass es in arbeitsgerichtlichen Passivprozessen des Insolvenzverwalters typischerweise um die Folgen einer Betriebseinschränkung oder Betriebsstilllegung geht, wobei häufig Fragen des § 613 a BGB eine Rolle spielen. Auch die Menge der gleichzeitig zu betreuenden Prozesse kann ein Gesichtspunkt sein, der die Beiordnung erforderlich macht. Überwiegend wird es – schon im Hinblick auf die recht erheblichen Haftungsrisiken und die oft nicht von vornherein abschätzbaren Schwierigkeiten von Kündigungsschutzprozessen – als angemessen angesehen, wenn ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Insolvenzverwalter die Führung von Kündigungsschutzprozessen einem Rechtsanwalt überträgt (vgl. Hess in Kommentar zur Insolvenzordnung mit EGInsO 2. Aufl. Rn. 11 zu § 5 InsVV; MünchKommInsO-Hefermehl Rn. 80 ff. zu § 54 InsO; strenger: MünchKommInsO-Nowak Rn. 1 zu § 5 InsVV). Nichts anderes kann dann im Grundsatz für die Frage der Beiordnung gelten.
Das Argument des Landesarbeitsgerichts, die arbeitsgerichtliche Vertretung sei durch § 3 Abs. 1 lit. d InsVV (Zuschlag auf die allgemeine Insolvenzverwaltervergütung bei erheblicher Inanspruchnahme durch arbeitsrechtliche Fragen) abgedeckt, ist nicht überzeugend. Es gibt in Insolvenzverfahren eine Reihe von arbeitsrechtlichen Fragen, die nicht in Prozessen geregelt werden (müssen): etwa die Einordnung von Ansprüchen der Arbeitnehmer, Vorbereitung von Interessenausgleich, Sozialplan usf. Der Zuschlag nach § 3 Abs. 1 lit. d InsVV ist unabhängig von der Frage der Beiordnung, die die forensische Anwaltstätigkeit betrifft.
3. Die Begründetheit der Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, der sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 577 Abs. 3 ZPO).
4. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO), musste sie zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden. Bei der erneuten Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht die oben aufgezeigten Grundsätze zu beachten und die bisher fehlenden Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben. Der für die Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt ist dabei zwar grundsätzlich derjenige der Entscheidung durch das Beschwerdegericht. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Einschränkung, wenn der Zeitpunkt der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch nach Instanzende in der Hauptsache liegt, was hier der Fall ist. Prozesskostenhilfe kann nämlich nur für noch nicht abgeschlossene Prozesse (Instanzen) verlangt werden (allg. Auff. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann § 119 ZPO Rn. 19). Andererseits kann es nicht zu Lasten eines Antragstellers gehen, wenn das Gericht über den PKH-Antrag erst nach Abschluss der Instanz entscheidet. Daraus folgt, dass Prozesskostenhilfe auch nach Abschluss der Instanz – rückwirkend – gewährt werden kann, wenn vor Instanzende ein bewilligungsreifer Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vorlag (LAG Berlin 31. Juli 2002 – 10 Ta 1070/02 – nv.; LAG Hamm 31. Januar 2001 – 4 Ta 127/00 – LAGE § 117 ZPO Nr. 9; LAG Köln 13. Dezember 1999 – 6 Ta 304/99 – LAGE § 114 ZPO Nr. 37; LAG Düsseldorf 29. November 1999 – 15 Ta 553/99 – LAGE § 114 ZPO Nr. 36; OLG Nürnberg 11. Januar 2000 – 11 WF 3839/99 – MDR 2000, 657; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 12. März 2001 – 2 W 167/00 – SchlHA 2001, 222). Für die Erfolgsaussichten ist dabei der Zeitpunkt der Bewilligungsreife maßgeblich. Das Gleiche gilt für die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – hier also: die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO –. Dadurch ist allerdings das Gericht nicht gehindert, auch nachträglich angeforderte und vorgelegte Unterlagen zu berücksichtigen, aus denen auf das Vorliegen der Voraussetzungen noch während der Instanz geschlossen werden kann.
Unterschriften
Rost, Eylert, Schmitz-Scholemann
Fundstellen
ZIP 2003, 1947 |
ZVI 2003, 556 |