Entscheidungsstichwort (Thema)
Verringerungsanspruch. Arbeitszeit
Orientierungssatz
1. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender Gründe liegt beim Arbeitgeber.
2. Macht der Arbeitnehmer eine Verringerung seiner regelmäßigen Arbeitszeit geltend, ohne eine bestimmte Verteilung der reduzierten Arbeitszeit zu beantragen, überlässt er die Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber, der sie in Ausübung seines Direktionsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO nach billigem Ermessen festlegen soll. Der Arbeitgeber muss in einem solchen Fall darlegen, dass seine der Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehenden betrieblichen Gründe nicht durch Ausübung seines Weisungsrechts bei der Verteilung der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 GewO beseitigt werden können.
Normenkette
TzBfG § 8; BGB §§ 311a, 275 Abs. 1; GewO § 106 S. 1; BayPVG Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 25. Juli 2006 – 6 Sa 360/06 – aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit.
Die Klägerin ist seit dem 1. September 2001 als Hauswirtschaftsleiterin in einer Kindertagesstätte der Beklagten beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag sollte sie im ersten Monat 19,25 Stunden wöchentlich und danach mit 38,5 Stunden wöchentlich arbeiten. Am 30. Juli 2002 vereinbarten die Parteien eine befristete Verringerung der Arbeitszeit für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. August 2003 auf 30 Stunden wöchentlich wegen der Betreuung der erstgeborenen Tochter der Klägerin.
In der Kindertagesstätte der Beklagten werden mindestens 111 Kinder betreut. Die Einrichtung ist von 7.00 – 18.00 Uhr an fünf Tagen in der Woche geöffnet. Die Kinder erhalten die in der Einrichtung zubereiteten Mahlzeiten. Die Einrichtung wird durch eine Einrichtungsleitung und eine stellvertretende Einrichtungsleitung geführt. Diese sind dem sozialpädagogischen Bereich zugeordnet. Im hauswirtschaftlichen Bereich sind neben der Hauswirtschaftsleiterin drei bis vier Mitarbeiter tätig. Die Hauswirtschaftsleiterin ist verantwortlich für die Versorgung der Kinder und den Einsatz von externem nicht pädagogischem Personal. Zum Aufgabenbereich der Klägerin gehören die Erstellung der Speisepläne, die Budgetverwaltung, der Einkauf, die Lagerhaltung, die Sicherstellung der Einhaltung von Hygienevorschriften, die Organisation und Überwachung des hauswirtschaftlichen Hilfspersonals, die Kommunikation mit der Pädagogik, die Hauswäsche und die Verantwortung für die Sauberkeit der Einrichtung einschließlich Beauftragung und Überwachung von Reinigungsfirmen, die Beschaffung des erforderlichen Materials sowie die Entsorgung. Sie hat die Verantwortung für den gesamten hauswirtschaftlichen Bereich.
Nach der Geburt des zweiten Kindes am 20. Februar 2004 nahm die Klägerin bis Ende Februar 2006 Elternzeit in Anspruch. Mit Schreiben vom 25. Juli 2005 beantragte sie Teilzeitarbeit. In dem Schreiben heißt es ua. wörtlich:
“… ich bin derzeit bis Ende Februar 2006 in Elternzeit. Da ich keine Möglichkeit sehe mit zwei kleinen Kindern (2 u. 5 Jahre) eine Vollzeitstelle auszuüben, beantrage ich hiermit eine Teilzeitarbeit mit 20 Stunden.”
Ihrem Schreiben legte sie einen Vorschlag zur Aufgabenverteilung der Hauswirtschaftsleitung mit versetzten Arbeitszeiten von zwei Hauswirtschaftsleiterinnen in Teilzeit bei. Dieser sah in der Zeit von 11.15 Uhr bis 12.00 Uhr eine Überschneidung der Arbeitszeiten der beiden Hauswirtschaftsleiterinnen vor.
Mit Schreiben vom 3. August 2005 teilte die Beklagte dem beim Kreisverband M… bestehenden Personalrat mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag der Klägerin auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit nicht zu genehmigen. In seiner Stellungnahme vom 10. August 2005 widersprach der Personalrat der beabsichtigten Ablehnung des Antrags. Am 18. August 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Verringerung ihrer Arbeitszeit ab. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 nahm die Klägerin darauf die Verlängerung der Elternzeit bis zum 19. Februar 2007 in Anspruch. In dem Schreiben heißt es weiter:
“Mein Antrag auf Teilzeit-Verfahren ArbG München GZ. 11 Ca 14565/05 – bleibt weiterhin aufrechterhalten und wird von dem vorsorglichen Antrag auf Verlängerung der Elternzeit nicht berührt.”
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin als Hauswirtschaftsleiterin von 20 Stunden wöchentlich mit Wirkung ab 1. März 2006 zuzustimmen,
2. für den Fall, dass der Antrag zu 1) erfolgreich ist, festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 1. März 2006 in Verzug der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin als Hauswirtschaftsleiterin für 20 Stunden wöchentlich befindet.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag zu 1) weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Berufungsgericht angegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Auf Grund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin Anspruch auf Verringerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit hat. Der Antrag zu 2) ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.
A. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag zu 1) hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin begehrt die Zustimmung zur Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 20 Wochenarbeitsstunden gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG und damit die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung (st. Rspr. vgl. Senat 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – Rn. 40, BAGE 110, 232).
B. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Antrag auf Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit zuzustimmen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht nicht geprüft, ob sich der Verringerungsanspruch auch aus § 15 Abs. 6 BErzGG aF (in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung) ergibt.
Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, seine Arbeitszeit während der Gesamtdauer der Elternzeit bis zu zweimal zu Gunsten einer Teilzeitbeschäftigung zu verringern. Die Klägerin hat keinen Antrag auf Verringerung nach § 15 Abs. 6 BErzGG aF gestellt. Wie sich aus ihrem Schreiben vom 25. Juli 2005 ergibt, begehrt sie eine unbefristete Verringerung der Arbeitszeit und nicht nur eine Teilzeitbeschäftigung für die Dauer der Elternzeit, wie sie § 15 Abs. 6 BErzGG aF regelt.
II. Der geltend gemachte Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung kann sich aus dem in § 8 TzBfG geregelten Recht auf Zustimmung zur Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit ergeben.
1. Die Begründetheit der Klage scheitert nicht schon daran, dass die Klägerin die rückwirkende Verringerung ihrer Arbeitszeit ab 1. März 2006 verlangt. Seit Inkrafttreten des § 311a BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 kommt auch die Verurteilung zu einer Zustimmung in Betracht, mit der rückwirkend ein Vertragsangebot angenommen werden soll. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a BGB klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er hinsichtlich der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann (vgl. Senat 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – Rn. 44, BAGE 110, 232; zustimmend: Palandt/Grüneberg BGB 66. Aufl. § 311a Rn. 5).
2. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 25. Juli 2005 die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 1. März 2006 verlangt, auch wenn sie kein genaues Datum für den Beginn der Vertragsänderung genannt hat. Obwohl das Landesarbeitsgericht das Schreiben selbst nicht ausgelegt hat, kann der Senat die Erklärung selbst auslegen, da nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung weiterer Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist. Die Klägerin hat in ihrem Antragsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, die Elternzeit ende im Februar 2006. Sie benötige deshalb die Verringerung der Arbeitszeit, um ihre Kinder zu betreuen. Damit hat sie für die Beklagte erkennbar geltend gemacht, dass sich die Verringerung unmittelbar an das Ende der Elternzeit Ende Februar 2006 anschließen und am 1. März 2006 beginnen solle.
3. Die Verringerung der Arbeitszeit gem. § 8 TzBfG durfte auch während der am 19. Februar 2007 endenden Elternzeit in Anspruch genommen werden.
a) Die Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG kann auch während der Elternzeit verlangt werden. Denn die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit bleibt von der Inanspruchnahme der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BErzGG aF unberührt. Der Arbeitnehmer wird nur von der Pflicht befreit, in der vereinbarten Zeit Arbeit zu leisten. Im Übrigen enthält § 8 TzBfG keine Ausschlussregelung.
b) Die Anwendung des § 8 TzBfG wird auch nicht durch die Möglichkeit verdrängt, den Verringerungsanspruch nach § 15 Abs. 6 BErzGG aF “während der Gesamtdauer der Elternzeit” in Anspruch nehmen zu können. Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen beider Vorschriften sind unterschiedlich. Während der Arbeitgeber dem Verringerungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG betriebliche Gründe entgegenhalten kann, müssen diese gem. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG aF dringend sein. Zudem beschränkt § 15 Abs. 6 BErzGG aF die Dauer der Verringerung zeitlich auf die Gesamtdauer der Elternzeit. Demgegenüber ist eine zeitliche Befristung der Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ausgeschlossen (Senat 12. September 2006 – 9 AZR 686/05 – Rn. 20, AP TzBfG § 8 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 15). Die Klägerin macht hier eine unbefristete Vertragsänderung geltend.
c) Der Verringerungsanspruch nach § 8 TzBfG ist schließlich auch nicht durch die vorsorgliche Inanspruchnahme der Elternzeit gegenstandslos geworden. Die Klägerin hat mit ihrem vorsorglichen Antrag auf Elternzeit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie weiterhin die durchgehende und dauerhafte Verringerung der Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden ab dem 1. März 2006 beanspruchen und während der Elternzeit nicht vollständig mit der Arbeit aussetzen wolle.
4. Die allgemeinen Voraussetzungen des Anspruchs auf Zustimmung nach § 8 Abs. 4 TzBfG lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin im Juli 2005 vor. Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG), bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Klägerin hat die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG durch ihr Schreiben vom 25. Juli 2005 gewahrt. Die von ihr gewünschte Verringerung der vertraglich vereinbarten Vollzeittätigkeit sollte zum 1. März 2006 wirksam werden.
5. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin form- und fristgerecht mit Schreiben vom 18. August 2005 und damit mehr als einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung abgelehnt. Die Arbeitszeit hat sich deshalb nicht bereits nach § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG verringert.
6. Unerheblich ist, dass die Parteien die beantragte Verringerung der Arbeitszeit nicht – wie es § 8 Abs. 3 Satz 1 TzBfG vorsieht – erörtert haben. Nach der Rechtsprechung des Senats bewirkt die fehlende Erörterung keine Zustimmungsfiktion entsprechend § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG. Der Arbeitgeber darf lediglich dem Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt keine Einwendungen mehr entgegenhalten, die im Rahmen der unterbliebenen Erörterung hätten ausgeräumt werden können (vgl. Senat 18. Februar 2003 – 9 AZR 356/02 – Rn. 26, BAGE 105, 133).
7. Mit der vom Landesarbeitsgericht angegebenen Begründung durfte die Klage auf Verringerung der Arbeitszeit nicht wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TzBfG abgewiesen werden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es existiere bei der Beklagten ein Organisationskonzept einer “qualifizierten” Hauswirtschaftsleitung, das dem klägerischen Arbeitszeitverlangen entgegenstünde. Erforderlich sei danach eine vollzeitbeschäftigte Hauswirtschaftsleitung in der wöchentlich an fünf Tagen von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffneten Einrichtung. Der Hauswirtschaftsleitung in einer Einrichtung mit werktäglich mindestens 111 Kindern komme eine zentrale Bedeutung zu, weshalb sie eine lückenlose Information über alle Gegebenheiten und Sachverhalte innerhalb der Kooperationseinrichtung haben müsse. Dem stehe das von der Klägerin vorgelegte Umsetzungskonzept entgegen. Danach solle eine weitere Teilzeithauswirtschaftsleiterin mit 18,5 Stunden Arbeitszeit wöchentlich den Arbeitsplatz mit der Klägerin teilen. Das Konzept sehe eine 45-minütige Übergabezeit zwischen den beiden Teilzeithauswirtschaftsleiterinnen während der Essenszubereitung und Essensausgabe vor, obwohl die Hauswirtschaftsleitung in dieser Zeit umfassend mit anderen Aufgaben beschäftigt sei. Zudem sei der Beklagten aus Kostengründen eine Übergabezeit von 7,5 Stunden wöchentlich nicht zumutbar. Weiterhin widerspreche das Verringerungsverlangen dem Ziel der Einrichtung, durch ständigen Kontakt mit den Familien und anderen Erziehungsberechtigten einen eigenständigen Erziehungs- und Entwicklungsauftrag der Einrichtung durchzuführen. Die Entscheidung für eine Hauswirtschaftsleiterin diene der Erfüllung dieses pädagogischen Auftrags.
Mit dieser Begründung darf der Verringerungsanspruch nicht verneint werden.
b) Der Begriff der betrieblichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Das Revisionsgericht kann überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. Senat 5. September 2002 – 9 AZR 202/01 – Rn. 39, BAGE 102, 309). Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.
c) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Es genügt, dass der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Dringende betriebliche Gründe sind nicht erforderlich. Die Gründe müssen jedoch hinreichend gewichtig sein. Der Arbeitgeber kann daher die Ablehnung nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der “richtigen” Arbeitszeitverteilung begründen. Nach der Rechtsprechung des Senats erfolgt die Prüfung der Gründe regelmäßig in drei Stufen. Es ist zunächst festzustellen, ob überhaupt und wenn ja, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt (Stufe 1), sodann ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (Stufe 2) und schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigt werden (st. Rspr. vgl. Senat 15. August 2006 – 9 AZR 30/06 – Rn. 18, 19, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14 mwN).
aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts stellt es kein Organisationskonzept dar, wenn der Arbeitgeber meint, die Aufgaben sollten nach seiner unternehmerischen Zielsetzung von einer Vollzeitkraft, im vorliegenden Fall einer vollzeitbeschäftigten Hauswirtschaftsleitung, erledigt werden. Ansonsten könnte der Arbeitgeber jedem Teilzeitverlangen mit dem Argument begegnen, er wolle nur Vollzeitarbeitnehmer beschäftigen. Er kann seine Ablehnung nicht allein mit einer abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der “richtigen” Arbeitszeitverteilung begründen (Senat 9. Dezember 2003 – 9 AZR 16/03 – Rn. 21, BAGE 109, 81). Es bedarf dazu der Darlegung des betrieblichen Organisationskonzepts, das die behauptete Arbeitszeitgestaltung bedingen soll.
bb) Unter Organisationskonzept ist das tatsächlich durchgeführte Konzept zu verstehen, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll (Senat 18. Februar 2003 – 9 AZR 164/02 – Rn. 69, BAGE 105, 107; 30. September 2003 – 9 AZR 665/02 – Rn. 22, BAGE 108, 47; zustimmend: Hk-TzBfG/Boecken § 8 Rn. 45 ff.).
Hier beruft sich die Beklagte ohne Erfolg darauf, wegen der zentralen Bedeutung der Hauswirtschaftsleitung in einer von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffneten Einrichtung mit werktäglich 111 Kindern müsse diese eine lückenlose Information über alle Gegebenheiten und Sachverhalte innerhalb der Kooperationseinrichtung auch zur Versorgung der Kinder haben.
Es ist bereits fraglich, ob dieses Konzept in der Einrichtung tatsächlich durchgeführt wird. Denn die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin von 38,5 Stunden unterschreitet die 55-stündige wöchentliche Öffnungszeit der Einrichtung um 16,5 Stunden. Eine lückenlose Information durch Anwesenheit ist bereits aus diesen Gründen ausgeschlossen. Aus einem solchen Konzept kann allenfalls folgen, dass eine Teilzeittätigkeit von 20 Wochenstunden für die Erfüllung sämtlicher Aufgaben der Hauswirtschaftsleitung nicht ausreicht, nicht aber zwangsläufig die von der Beklagten behauptete Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes. Die Teilung eines Vollzeitarbeitsplatzes kann aber geeignet sein, entgegenstehende betriebliche Gründe zu vermeiden.
cc) Selbst wenn die von der Klägerin gewünschte wöchentliche Arbeitszeit einem solchen Organisationskonzept der Beklagten entgegenstünde, ist vom Landesarbeitsgericht nicht ausreichend geprüft worden, ob die Einstellung einer Teilzeitkraft zur Sicherstellung der hauswirtschaftlichen Versorgung ausreichen würde (2. Stufe).
(1) Das Landesarbeitsgericht stützt sich für die Annahme entgegenstehender betrieblicher Gründe ausschließlich auf das von der Klägerin vorgeschlagene Umsetzungskonzept. Dieses sieht eine tägliche Teilung der Arbeitszeit zwischen zwei Teilzeitkräften einschließlich einer 45-minütigen Überschneidung zwischen 11.15 Uhr und 12.00 Uhr vor. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts sei dies nicht möglich, da diese Zeit der Übergabe während der Essenszeit und -ausgabe erfolgen solle und eine unproduktive Zeit von 7,5 Stunden wöchentlich die Beklagte mit unverhältnismäßigen Kosten belasten würde.
(1.1) Mit dieser Beschränkung der Prüfung entgegenstehender betrieblicher Gründe auf das von der Klägerin vorgeschlagene Umsetzungskonzept verkennt das Landesarbeitsgericht die gesetzliche Verteilung der Darlegungslast. Nicht der änderungswillige Arbeitnehmer muss darlegen, dass die begehrte Verringerung seiner Arbeitszeit umsetzbar ist und keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender Gründe liegt beim Arbeitgeber (Senat 21. Juni 2005 – 9 AZR 409/04 – Rn. 42, BAGE 115, 136; 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 – Rn. 32, BAGE 113, 11; 18. Februar 2003 – 9 AZR 164/02 – Rn. 69, BAGE 105, 107; zustimmend: Kohte/Doll jurisPR-ArbR 17/2004 Anm. 1). Das Landesarbeitsgericht hätte sich für die Prüfung entgegenstehender betrieblicher Gründe deshalb nicht auf das Umsetzungskonzept der Klägerin beschränken dürfen. Denn die Klägerin hat nur die Verringerung der Arbeitszeit, nicht aber die im Umsetzungskonzept enthaltene bestimmte Verteilung geltend gemacht. Soweit sie dem Schreiben ein Umsetzungskonzept beigefügt hat, liegt darin keine Angabe der von ihr gewünschten Verteilung der reduzierten Arbeitszeit iSv. § 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, sondern der Versuch einer beispielhaften Darstellung, wie “job-sharing” ermöglicht werden kann. Folgerichtig hat sie in ihrem Schreiben vom 25. Juli 2005 ausschließlich die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden beantragt und die Klage nur auf die Verringerung der Arbeitszeit beschränkt. Eine solche Beschränkung ist zulässig. Der Klageantrag muss keine Angaben zur Verteilung der verringerten Arbeitszeit enthalten. Fehlen diese, so überlässt die Klägerin die Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber, der sie in Ausübung seines Direktionsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO nach billigem Ermessen festlegen soll (Senat 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – Rn. 41, BAGE 110, 232). Die Beklagte hätte deshalb nach Hinweis des Landesarbeitsgerichts darlegen müssen, dass auch einer anderen Verteilung der Arbeitszeiten der beiden Hauswirtschaftsleiterinnen durch Ausübung ihres Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO betriebliche Gründe entgegenstehen würden. Hieran fehlt es. Insbesondere könnte die Arbeitszeit der beiden Hauswirtschaftsleiterinnen in der Mitte der Woche geteilt werden. Eine solche Aufteilung hätte den Vorteil, dass die notwendigen Zeiten des Informationsaustauschs erheblich beschränkt wären.
(1.2) Im Übrigen begründet die Notwendigkeit des Informationsaustauschs zwischen zwei Teilzeitkräften nicht zwangsläufig einen dem Teilzeitverlangen entgegenstehenden betrieblichen Grund. Die mit einer Arbeitsplatzteilung einhergehenden üblichen Reibungsverluste und Ablaufstörungen sind vom Arbeitgeber grundsätzlich hinzunehmen. Das schließt nicht aus, dass sie im Einzelfall derartiges Gewicht erlangen und deshalb einer Teilung des Arbeitsplatzes betriebliche Gründe entgegenstehen können. Eine unproduktive 45-minütige Übergabezeit während der Mittagessenszeit kann einen solchen betrieblichen Grund darstellen. Die Notwendigkeit einer Übergabezeit mit solcher Dauer ist aber nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt diese nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Umsetzungskonzept. Dieses beinhaltet zwar eine 45-minütige Überschneidung der Arbeitszeiten, daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass diese Zeit (unproduktiv) nur dem Informationsaustausch dienen soll.
(1.3) Aus denselben Gründen steht nicht fest, ob auch die zeitliche Lage der Überschneidungszeit entgegenstehende betriebliche Gründe begründet. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Informationsaustausch außerhalb der Essenszeiten möglich ist. Die Klägerin hat hierzu behauptet, das sei nicht notwendig, zumal die Essensausgabe nur 10 – 15 Minuten dauere.
(2) Soweit sich die Beklagte weiterhin auf Probleme bei der Verteilung der Verantwortung zwischen den beiden Teilzeithauswirtschaftsleiterinnen beruft, mag es sein, dass im Einzelfall solche Probleme entstehen können. Die Beklagte hat aber noch nicht einmal behauptet, dass diese nicht zu lösen wären. Allein der Umstand, dass der Hauswirtschaftsleitung Leitungsaufgaben zukommen, berechtigt den Arbeitgeber noch nicht, Verringerungswünsche abzulehnen. Eine Beschränkung des Verringerungsanspruchs auf Arbeitnehmer ohne Leitungsaufgaben lässt sich § 8 TzBfG nicht entnehmen. Da keine Geltungsbereichsausnahme besteht, ist sogar leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG Teilzeitarbeit zu ermöglichen.
d) Das Landesarbeitsgericht wird deshalb in der neuen Berufungsverhandlung zu prüfen haben, ob der Vortrag der Beklagten den Anforderungen des Senats an die Darlegungslast für entgegenstehende betriebliche Gründe genügt. Dabei mag insbesondere noch aufzuklären sein, mit welcher Dauer und zu welcher zeitlichen Lage Übergaben zwischen zwei Hauswirtschaftsleiterinnen notwendig wären und welche betrieblichen Probleme hierdurch auftreten können. Das Landesarbeitsgericht hat zu berücksichtigen, dass die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin gem. § 106 Satz 1 GewO im Direktionsrecht der Beklagten verbleibt. Etwaige entgegenstehende betriebliche Gründe dürfen deshalb auch nicht durch eine andere Verteilung der Arbeitszeit zwischen den Hauswirtschaftsleiterinnen ausgeräumt werden können.
III. Es kann dahinstehen, ob der bei der Beklagten gebildete Personalrat ordnungsgemäß beteiligt wurde.
Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 BayPVG hat der Personalrat bei der beabsichtigten Ablehnung eines Antrags des Beschäftigten auf Teilzeitbeschäftigung mitzubestimmen. Der bloße Verstoß gegen ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats begründet aber keine Individualansprüche, die nicht von vornherein gegeben waren (vgl. Senat 3. Dezember 2002 – 9 AZR 457/01 – Rn. 55, BAGE 104, 55 mwN).
Unterschriften
Düwell, Böck, Krasshöfer, Pfelzer, Bruse
Fundstellen
Haufe-Index 1810481 |
DB 2007, 2323 |