Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung bei zweiter Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
Der vor einer ersten Elternzeit entstandene Anspruch auf Erholungsurlaub wird nach § 17 Abs. 2 BErzGG auf die Zeit nach einer weiteren Elternzeit übertragen, die sich unmittelbar an die frühere Elternzeit anschließt. Der Senat gibt seine entgegenstehende bisherige Rechtsprechung auf.
Orientierungssatz
1. Der vor einer ersten Elternzeit entstandene Anspruch auf Erholungsurlaub wird nach § 17 Abs. 2 BErzGG auf die Zeit nach einer weiteren Elternzeit übertragen, die sich unmittelbar an die frühere Elternzeit anschließt. Der Senat gibt seine entgegenstehende bisherige Rechtsprechung auf.
2. Die Pflicht zur späteren Gewährung des Erholungsurlaubs folgt schon aus der einfach-gesetzlichen Auslegung des seit 1. Januar 2007 aufgehobenen, für Altfälle jedoch weiter anzuwendenden § 17 Abs. 2 BErzGG. Jedenfalls ist die Vorschrift in dieser Weise verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonform auszulegen. Für die Neuregelung in § 17 Abs. 2 BEEG gilt Entsprechendes.
3. Endet das Arbeitsverhältnis während der späteren Elternzeit oder wird es im Anschluss an sie nicht fortgesetzt, wandelt sich der nach § 17 Abs. 2 BErzGG/BEEG übertragene Urlaubsanspruch nach § 17 Abs. 3 BErzGG/BEEG in einen Abgeltungsanspruch um.
Normenkette
EG Art. 234; Richtlinie 2003/88/EG Art. 7; Richtlinie 96/34/EG; Vereinbarung der europäischen Sozialpartner über Elternurlaub vom 14. Dezember 1995 Paragraph 2; Richtlinie 76/207 /EWG i.d.F. der Richtlinie 2002/73/EG Art. 2; GG Art. 3; BEEG §§ 17, 27; BErzGG § 17; BGB §§ 242, 286, 288; BUrlG §§ 1, 3-5, 7, 11, 13; ZPO §§ 269, 308
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Januar 2007 – 18 Sa 997/06 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 23. Mai 2006 – 3 Ca 78/06 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.152,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte Urlaub aus dem Jahr 2001 abzugelten hat.
Die Klägerin war von Januar 1988 bis Ende Dezember 2005 als kaufmännische Angestellte für die Beklagte tätig. Ihre Vergütung betrug zuletzt 2.483,94 Euro. Die Klägerin ist Mutter zweier Kinder. Sie nahm für ihren am 8. Oktober 2001 geborenen Sohn vom 3. Dezember 2001 bis 7. Oktober 2004 Elternzeit in Anspruch. Für ihre am 19. August 2003 geborene Tochter verlangte sie während der ersten Elternzeit eine zweite Elternzeit bis 18. August 2006.
Der Arbeitsvertrag der Parteien sieht einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen im Kalenderjahr vor. Soweit sich aus dem Arbeitsvertrag nichts anderes ergibt, finden die Haustarifverträge der S…-Gruppe in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Der Haustarifvertrag vom 6. Dezember 2002 verweist ua. auf den Manteltarifvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten und Meister in der Bekleidungsindustrie in Westfalen vom 27. April 1971 idF vom 17. Januar 1997 (MTV). Der MTV regelt Urlaubsansprüche nicht. § 18 Nr. 2 MTV bestimmt, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses alle beiderseitigen Ansprüche aus diesem erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Betrieb schriftlich geltend gemacht worden sind und innerhalb eines weiteren Monats Klage erhoben wird.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2005. Die Klägerin verband ihre dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage mit einem Antrag auf Abgeltung von 27,5 Urlaubstagen aus dem Jahr 2001. Die Parteien einigten sich am 27. September 2005 auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2005. Vor Vergleichsabschluss hatte die Klägerin den Antrag auf Urlaubsabgeltung zurückgenommen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer am 13. Januar 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 19. Januar 2006 zugestellten Klage erneut Abgeltung von 27,5 Urlaubstagen aus dem Jahr 2001. Ein ehemaliger Sachbearbeiter der Beklagten habe die Höhe des Anspruchs schriftlich bestätigt. Die Klägerin meint, der Urlaubsanspruch sei bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht untergegangen. Das ergebe schon die einfachgesetzliche Auslegung von § 17 Abs. 2 und 3 BErzGG. Jedenfalls sei die Regelung in dieser Weise verfassungskonform auszulegen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.152,60 Euro brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Januar 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat bestritten, dass der Klägerin bei Eintritt in die erste Elternzeit im Jahr 2001 noch ein Urlaubsanspruch von 27,5 Tagen zugestanden habe. Die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung sei nicht datiert und lasse nicht erkennen, auf wen sie sich beziehe. Die Beklagte ist der Ansicht, ein möglicher Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 2001 sei spätestens mit dem 31. Dezember 2005 erloschen. § 17 Abs. 2 BErzGG sehe eine weitere Übertragung bei kettenartiger mehrmaliger Inanspruchnahme von Elternzeit nicht vor. Der Anspruch sei zudem nach § 18 MTV verfallen. Jedenfalls sei er verwirkt, weil die Klägerin den ersten Antrag auf Urlaubsabgeltung zurückgenommen habe. Die Beklagte hat sich im Prozessverlauf vorsorglich auf ihr Kürzungsrecht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BErzGG berufen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat nach § 17 Abs. 3 BErzGG Anspruch auf Abgeltung von 27,5 Urlaubstagen aus dem Jahr 2001. Der vor Beginn der ersten Elternzeit nicht in Anspruch genommene Urlaub wurde gemäß § 17 Abs. 2 BErzGG auf die Zeit nach der letzten Elternzeit übertragen. Der Abgeltungsanspruch der Klägerin besteht fort.
I. Auf den Rechtsstreit ist noch § 17 BErzGG und nicht § 17 BEEG anzuwenden. Der zweite Abschnitt des Bundeserziehungsgeldgesetzes ist am 31. Dezember 2006 außer Kraft getreten. Nach dem Wortlaut von § 27 Abs. 2 Satz 1 BEEG fände auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Mutter von zwei vor dem 1. Januar 2007 geborenen Kindern der zweite Abschnitt des BEEG Anwendung. § 27 Abs. 2 Satz 1 BEEG soll jedoch nicht rückwirkend Sachverhalte regeln, die bei Inkrafttreten des BEEG am 1. Januar 2007 bereits abgeschlossen waren. Neues Recht ist nur anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 2006 Tatsachen entstehen, die für die Bestimmungen im zweiten Abschnitt des BEEG erheblich sind. Für die hier zu beurteilende Frage der Übertragung von Resturlaub bei mehreren aufeinanderfolgenden Elternzeiten, die schon vor dem 1. Januar 2007 beendet waren, gilt noch das alte – weiterhin revisible – Recht des § 17 Abs. 2 und 3 BErzGG. Im Übrigen besteht kein inhaltlicher Unterschied zwischen § 17 Abs. 2, 3 BErzGG und § 17 Abs. 2, 3 BEEG (vgl. Senat 5. Juni 2007 – 9 AZR 82/07 – Rn. 16 und 25, AP BErzGG § 15 Nr. 49 = EzA BErzGG § 15 Nr. 16).
II. Die Klägerin hatte nach § 4 BUrlG iVm. dem Arbeitsvertrag den vollen Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen für das Jahr 2001 erworben. Sie verlangt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der zweiten Elternzeit zu Recht Abgeltung von 27,5 Urlaubstagen.
1. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte den Urlaubsanspruch nur in Höhe der von der Klägerin eingeräumten 2,5 Urlaubstage erfüllte. Um eine weitergehende Erfüllungswirkung zu erreichen, hätte die Beklagte darzulegen und ggf. zu beweisen gehabt, dass sie vor Beginn der ersten Elternzeit Freistellungserklärungen für weitere Zeiträume abgab und diese Erklärungen der Klägerin zugingen (vgl. ErfK/Dörner 8. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 8; s. auch AnwKArbR/Düwell Bd. 2 § 7 BUrlG Rn. 41 f.). Soweit ein Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf ihre Darlegungs- und Beweislast unterblieben ist, hätte die Beklagte dies mit einer sog. Gegenrüge beanstanden müssen (dazu Zöller/Gummer ZPO 26. Aufl. § 557 Rn. 12).
2. Der Abgeltungsanspruch der Klägerin besteht ungekürzt, obwohl sich die Beklagte auf die Kürzungsmöglichkeit des § 17 Abs. 1 Satz 1 BErzGG berufen hat. Die erste Elternzeit der Klägerin begann am 3. Dezember 2001, dauerte im Jahr 2001 also keinen vollen Kalendermonat an (vgl. Senat 23. April 1996 – 9 AZR 165/95 – BAGE 83, 29, zu II 1 der Gründe; Buchner/Becker Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz 8. Aufl. § 17 BEEG Rn. 12; Hk-MuSchG/BEEG/Rancke § 17 BEEG Rn. 7).
III. Der restliche Vollurlaubsanspruch der Klägerin aus dem Jahr 2001 war bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2005 weder nach § 7 Abs. 3 Satz 1 oder Satz 3 BUrlG noch nach § 17 Abs. 2 BErzGG verfallen.
1. Der Arbeitgeber hat noch nicht gewährten Urlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren (§ 17 Abs. 2 BErzGG). Die Vorschrift stellt sicher, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit nicht zum Verfall des Erholungsurlaubs führt (Senat 23. April 1996 – 9 AZR 165/95 – BAGE 83, 29, zu I 2 der Gründe). Im Streitfall kann offenbleiben, ob die Sonderregelung in § 17 Abs. 2 BErzGG die Befristung des Urlaubsanspruchs auf das Urlaubsjahr in § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG oder den dreimonatigen Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bis zum Ablauf des nächsten, auf die Beendigung der Elternzeit folgenden Jahres ausdehnt (für eine Verlängerung des Übertragungszeitraums Senat 21. Oktober 1997 – 9 AZR 267/96 – AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 75 = EzA BErzGG § 17 Nr. 8, zu I 2b der Gründe; für eine Ausdehnung der Befristung wohl Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 114, vgl. dort aber auch II E Rn. 8 ff.). Selbst wenn der für die Klägerin weniger günstige Fall der Übertragung unterstellt wird, ist der geltend gemachte Anspruch begründet.
2. Der auf Grund einer ersten Elternzeit nach § 17 Abs. 2 BErzGG übertragene Urlaub verfällt nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats mit Ablauf des auf die erste Elternzeit folgenden Urlaubsjahres. Das gilt auch dann, wenn der Urlaub wegen einer weiteren Elternzeit nicht genommen werden kann (Senat 21. Oktober 1997 – 9 AZR 267/96 – AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 75 = EzA BErzGG § 17 Nr. 8, zu I 2b der Gründe; 23. April 1996 – 9 AZR 165/95 – BAGE 83, 29, zu I 2 und 3 der Gründe).
a) Die Instanzgerichte haben sich der bisherigen Auffassung des Senats überwiegend angeschlossen (LAG Rheinland-Pfalz 13. Dezember 2007 – 10 Sa 500/07 – juris Rn. 21, Kurzwiedergabe AuA 2008, 237, Revision eingelegt unter dem Az. – 9 AZR 65/08 –; LAG Schleswig-Holstein 21. Oktober 2004 – 4 Sa 346/04 – juris Rn. 15). Nur das Landesarbeitsgericht Hamm nimmt an, § 17 Abs. 2 BErzGG regle die weitere Übertragung des Resturlaubs bei wiederholter Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub (20. Februar 2001 – 11 Sa 1061/00 – juris Rn. 21, NZA-RR 2002, 460).
b) Das Schrifttum hat die bisherige Senatsrechtsprechung übernommen, ohne sich mit ihr argumentativ auseinanderzusetzen (Buchner/Becker § 17 BEEG Rn. 22; ErfK/Dörner § 17 BEEG Rn. 10; Glatzel AR-Blattei ES 680 Nr. 20; Hk-MuSchG/BEEG/Rancke § 17 BEEG Rn. 15; Küttner/Reinecke Personalbuch 2008 Elternzeit Rn. 32; Meisel/Sowka Mutterschutz und Erziehungsurlaub 5. Aufl. § 17 BErzGG Rn. 25; Zmarzlik/Zipperer/Viethen Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz 8. Aufl. § 17 BErzGG Rn. 21).
3. Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung auf. § 17 Abs. 2 BErzGG ist schon einfach-gesetzlich, jedenfalls aber verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass der Resturlaub weiter übertragen wird, wenn er nach dem Ende der ersten Elternzeit auf Grund einer weiteren Elternzeit nicht genommen werden kann.
a) Bei der einfach-gesetzlichen Auslegung ist vom Wortlaut, dem systematischen Gesamtzusammenhang, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck, soweit er im Gesetz erkennbar Ausdruck gefunden hat, auszugehen (vgl. nur Senat 19. April 2005 – 9 AZR 233/04 – BAGE 114, 206, zu II 3b aa der Gründe).
aa) Aus Wortlaut und Zusammenhang ergeben sich keine klaren Anhaltspunkte im Hinblick auf die Frage des Verfalls von Urlaubsansprüchen bei aufeinanderfolgenden Elternzeiten.
(1) Das angefochtene Urteil zieht zur Begründung des von ihm bejahten Verfalls den Wortlaut heran. Das Gesetz spreche in § 17 Abs. 2 BErzGG von “Beginn der Elternzeit” und “nach der Elternzeit”. Der vom Gesetzgeber verwandte Singular der Elternzeit lässt jedoch nicht darauf schließen, dass nur die erste und nicht auch weitere Elternzeiten von der Übertragung erfasst sein sollen. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden der Begriff der “Elternzeit” und die Wendung, jemand “befinde sich in Elternzeit”, nicht nur gebraucht, wenn ein Arbeitnehmer einmalig zur Betreuung eines Kindes Elternzeit in Anspruch nimmt. Vielmehr werden diese Formulierungen auch verwendet, wenn es sich tatsächlich um eine ununterbrochene “elternzeitbedingte Abwesenheit” wegen der Betreuung mehrerer Kinder handelt, für die im juristischen Sinn jeweils gesondert Elternzeiten in Anspruch genommen werden. Das Wort “Zeit” hat anders als die Begriffe des “Zeitpunkts” und des “Zeitraums” keinen punktuellen oder fest umgrenzten Bezug, obwohl der Plural “Zeiten” gebildet werden kann.
(2) Der Gesetzeszusammenhang lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Elternzeit abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch in dem engeren Sinn der einmaligen Inanspruchnahme von Elternzeit zur Betreuung eines Kindes gebraucht hat. Das BErzGG regelt nur in § 15 Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich die Elternzeit für mehrere Kinder. Danach besteht bei mehreren Kindern Anspruch auf Elternzeit für jedes Kind, auch wenn sich die Zeiträume iSv. Satz 1 überschneiden. Der Gesetzgeber differenziert zwischen dem Singular der “Elternzeit” und den im Plural ausgedrückten “Zeiträumen”. Die Begriffe des “Zeitraums” oder der “Zeiträume” finden sich in § 17 Abs. 2 BErzGG gerade nicht.
bb) Die Gesetzesmaterialien führen ebenfalls nicht zur vollständigen Klärung.
(1) Die Gesetzesbegründung wiederholt § 17 Abs. 2 BErzGG sinngemäß und weist darauf hin, dass die Vorschriften des § 17 BErzGG der Regelung in § 4 ArbPlSchG entsprächen (BT-Drucks. 10/3792 S. 20). Der Hinweis auf § 4 ArbPlSchG führt nicht weiter, weil der Wehrdienst im Unterschied zur Elternzeit ein einmaliges Ereignis ist.
(2) Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gewinnt ein historisches Argument für den Verfall des Urlaubsanspruchs bei mehreren Elternzeiten daraus, dass sich der Wortlaut von § 17 Abs. 2 BEEG weitgehend mit § 17 Abs. 2 BErzGG decke (13. Dezember 2007 – 10 Sa 500/07 – juris Rn. 23, Kurzwiedergabe AuA 2008, 237). In der Gesetzesbegründung ist jedoch nur ausgeführt, dass die Regelungen der §§ 17 bis 21 BEEG inhaltlich unverändert aus dem BErzGG übernommen würden (BT-Drucks. 16/1889 S. 27). Der Gesetzgeber bezieht sich nicht ausdrücklich auf die bisherige Senatsrechtsprechung zu § 17 Abs. 2 BErzGG.
cc) Das mit § 17 Abs. 2 BErzGG verfolgte Regelungsziel spricht entscheidend für eine weitere Übertragung des Resturlaubs bei aufeinanderfolgenden Elternzeiten.
(1) § 17 Abs. 2 BErzGG stellt sicher, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit nicht zum Verfall des Erholungsurlaubs führt (Senat 23. April 1996 – 9 AZR 165/95 – BAGE 83, 29, zu I 2 der Gründe). Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn die mehrfache Inanspruchnahme von Elternzeit mit dem Verfall des Urlaubsanspruchs verbunden wäre.
(2) Der Senat hat den bislang angenommenen Verfall des Urlaubsanspruchs ua. darauf gestützt, dass die Übertragung durch eine kettenartige mehrmalige Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub so ausgeweitet würde, dass der Bezug zum Urlaubsjahr verlorenginge (21. Oktober 1997 – 9 AZR 267/96 – AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 75 = EzA BErzGG § 17 Nr. 8, zu I 2b der Gründe). Dieses Argument ist nur eingeschränkt tragfähig. Schon bei einer einzigen Elternzeit von vollen drei Jahren liegt zwischen der Entstehung des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Jahres, in dem der Arbeitnehmer in die Elternzeit eintritt, und dem Verfall des nach § 17 Abs. 2 BErzGG übertragenen Urlaubs mit dem Schluss des auf das Ende der Elternzeit folgenden Jahres ein Zeitraum von fast fünf Jahren. Das zeitliche Band zwischen der Entstehung des Urlaubsanspruchs und seiner spätestmöglichen Inanspruchnahme ist auch nach der bisherigen Senatsrechtsprechung erheblich gelockert. Eine weitere Ausdehnung des Zeitraums zwischen Entstehung und spätestmöglicher Inanspruchnahme des Urlaubs führt nur zu einem graduellen Unterschied.
(3) Eine weitere zeitliche Lockerung ist insbesondere deshalb unbedenklich, weil die Entstehung des Urlaubsanspruchs weder von einem konkreten noch von einem abstrakten Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers abhängt (für die st. Rspr. Senat 15. März 2005 – 9 AZR 143/04 – BAGE 114, 89, zu II 3 der Gründe; grundlegend BAG 28. Januar 1982 – 6 AZR 571/79 – BAGE 37, 382, zu II 2b bb der Gründe; dazu auch EuGH 6. April 2006 – C-124/05 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 30 f., EuGHE I 2006, 3423).
(4) Eine weitere Übertragung ist keine Besonderheit von § 17 Abs. 2 BErzGG. Der Senat hat zB für § 12 Nr. 7 des Manteltarifvertrags für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 29. Februar 1988 die weitere Übertragung eines bereits übertragenen Urlaubsanspruchs angenommen (20. August 1996 – 9 AZR 22/95 – BAGE 84, 23, zu I 1b der Gründe). Der Senat hat ferner mehrfach entschieden, dass auf Grund tariflicher Vorschriften übertragener Urlaub zum Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzutritt. Der übertragene Urlaub unterliegt dann denselben Verfallfristen wie dieser (11. April 2006 – 9 AZR 523/05 – Rn. 18, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116 mwN).
b) Die bisherige Auslegung von § 17 Abs. 2 BErzGG durch den Senat genügt zudem nicht den Vorgaben des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG.
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, im Wesentlichen gleich gelagerte Sachverhalte ohne sachlichen Grund unterschiedlich zu behandeln. Eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn sich für die vorgenommene Differenzierung kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder in anderer Weise einleuchtender Grund finden lässt, die Regelung also willkürlich ist (vgl. nur Senat 11. Juli 2006 – 9 AZR 519/05 – Rn. 21, BAGE 119, 41). Dabei reicht der Prüfungsmaßstab von einer Willkürkontrolle bis hin zu einer an Verhältnismäßigkeitserwägungen orientierten Überprüfung. Der Gleichheitssatz ist desto strikter, je stärker er den Einzelnen als Person betrifft. Er ist umso offener für Gestaltungen, als allgemeine Lebensverhältnisse geregelt werden (vgl. BVerfG 10. November 1999 – 2 BvR 2861/93 – BVerfGE 101, 151, zu B I 1 der Gründe). Arbeitsrechtliche Regelungen, die eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern vorsehen, sind stets auf die Person bezogen. Die Intensität der gerichtlichen Kontrolle richtet sich deswegen vor allem danach, ob der Arbeitnehmer die ihn benachteiligende Maßnahme vermeiden kann (Senat 13. Juni 2006 – 9 AZR 588/05 – Rn. 28, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 30 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 21; BAG 8. Juni 1999 – 1 AZR 831/98 – BAGE 92, 11, zu II 2c aa der Gründe).
bb) Diesen Anforderungen wird das bisherige Verständnis des Senats von § 17 Abs. 2 BErzGG nicht gerecht. Für die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, die nur eine Elternzeit in Anspruch nehmen, und Arbeitnehmern, deren Elternzeiten sich unmittelbar aneinanderfügen, gibt es keinen vernünftigen, sich aus der Natur der Sache ergebenden oder in sonstiger Weise einleuchtenden Grund.
(1) Der Umstand, dass durch eine mehrfache Übertragung der Bezug zum Urlaubsjahr weiter gelockert wird, rechtfertigt die Differenzierung nicht. Der Arbeitnehmer, der mehrfach Elternzeit in Anspruch nimmt, kann den Verfall des Resturlaubs nicht selbst vermeiden. Ihm kann auch nicht entgegengehalten werden, dass er den Erholungsurlaub vor dem Beginn der Elternzeit hätte nehmen können. § 17 Abs. 2 BErzGG regelt gerade den Fall des noch nicht (vollständig) erfüllten Urlaubsanspruchs.
(2) Die Unterscheidung lässt sich ferner nicht damit rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer in seiner Entscheidung darüber frei ist, ob er eine oder mehrere Elternzeiten in Anspruch nimmt. Dieses Recht wird von §§ 15 f. BErzGG ausdrücklich gewährleistet. Wählt der Arbeitnehmer eine weitere Elternzeit, wäre der Verfall seines übertragenen Resturlaubs nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats unvermeidlich (vgl. zum Anspruch von Lehrkräften auf Altersermäßigung ihres Stundendeputats aus Art. 3 Abs. 1 GG, obwohl sie “freiwillig” in die Altersteilzeitarbeit wechseln, 13. Juni 2006 – 9 AZR 588/05 – Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 30 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 21). § 17 Abs. 2 BErzGG entspricht daher nur dann den Vorgaben des allgemeinen Gleichheitssatzes, wenn Resturlaubsansprüche aus dem Urlaubsjahr, in dem die erste Elternzeit beginnt, bei Inanspruchnahme mehrerer Elternzeiten weiter übertragen werden (zum Erfordernis verfassungskonformer Auslegung durch die Fachgerichte selbst zB BVerfG 23. September 1992 – 1 BvL 15/85 und 36/87 – BVerfGE 87, 114, zu B II 1 der Gründe; BAG 8. Juni 1999 – 1 AZR 831/98 – BAGE 92, 11, zu II 3 der Gründe).
c) § 17 Abs. 2 BErzGG ist schließlich im Hinblick auf das Gebot gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung so zu verstehen, dass bei mehrfacher Inanspruchnahme von Elternzeit Resturlaub mehrfach übertragen wird (zum Erfordernis gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung zB EuGH 11. Juli 2006 – C-13/05 – [Chacón Navas] Rn. 56, EuGHE I 2006, 6467; 22. November 2005 – C-144/04 – [Mangold] Rn. 75 ff., EuGHE I 2005, 9981; 5. Oktober 2004 – C-397/01 bis C-403/01 – [Pfeiffer ua.] Rn. 114 ff., EuGHE I 2004, 8835; BAG 27. Juni 2006 – 1 ABR 18/05 – Rn. 32, BAGE 118, 304; 20. November 2001 – 1 AZR 97/01 – BAGE 99, 377, zu II 2c der Gründe; vgl. auch Winter JbArbR Bd. 40, 21, 46 f.).
aa) Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 4. November 2003, der inhaltlich den früheren Richtlinienfassungen 2000/34/EG und 93/104/EG entspricht, treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in mehreren Entscheidungen hervorgehoben, dass der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft ist (6. April 2006 – C-124/05 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 28, EuGHE I 2006, 3423; 18. März 2004 – C-342/01 – [Merino Gómez] Rn. 29, EuGHE I 2004, 2605).
bb) § 17 Abs. 2 BErzGG ist nach den Vorgaben in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie so zu verstehen, dass Erholungsurlaub nicht wegen der wiederholten Inanspruchnahme von Elternzeit verfällt.
(1) Der Anspruch auf Jahresurlaub dient einem anderen Zweck als der Anspruch auf Elternzeit. Eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer müssen ihren Jahresurlaub deshalb zu einer anderen Zeit als ihrer Elternzeit nehmen können. Die Kumulierung mehrerer durch Gemeinschaftsrecht gewährleisteter Urlaubszeiten kann die Übertragung des Jahresurlaubs oder eines Teils davon auf das folgende Jahr unvermeidlich machen, weil ein durch Gemeinschaftsrecht gewährleisteter Urlaub einen anderen gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Urlaub nicht beeinträchtigen darf (EuGH 20. September 2007 – C-116/06 – [Kiiski] Rn. 56, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 76/207 Nr. 7; 6. April 2006 – C-124/05 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 24, EuGHE I 2006, 3423; 14. April 2005 – C-519/03 – [Kommission gegen Großherzogtum Luxemburg] Rn. 33, EuGHE I 2005, 3067; 18. März 2004 – C-342/01 – [Merino Gómez] Rn. 31 ff., EuGHE I 2004, 2605; vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Sache Schultz-Hoff vom 24. Januar 2008 – C-350/06 – Rn. 56, denen der Senat insoweit zustimmt, deren Auffassung er hinsichtlich der Befristung des Urlaubs(abgeltungs-)anspruchs und seiner Erfüllbarkeit jedoch nicht teilt).
(2) Diese Grundsätze sind auf das Verhältnis von Elternzeit und Erholungsurlaub zu übertragen.
(a) Die Elternzeit iSd. früheren Bundeserziehungsgeldgesetzes ist ein durch Gemeinschaftsrecht gewährleisteter “Urlaub” im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die Elternurlaubsrichtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 führt die am 14. Dezember 1995 zwischen den europäischen Sozialpartnern UNICE, CEEP und EGB geschlossene Rahmenvereinbarung über Elternurlaub durch. Nach Paragraph 2 Nr. 1 Satz 1 dieser Rahmenvereinbarung haben erwerbstätige Männer und Frauen ein individuelles Recht auf Elternurlaub von mindestens drei Monaten, damit sie sich um ihr Kind kümmern können (zum Verhältnis von Mutterschafts- und Elternurlaub EuGH 20. September 2007 – C-116/06 – [Kiiski] Rn. 35 ff., insbesondere Rn. 50 f., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 76/207 Nr. 7; 14. April 2005 – C-519/03 – [Kommission gegen Großherzogtum Luxemburg] Rn. 31, EuGHE I 2005, 3067). Der Erholungsurlaub hat nach der Rechtsprechung des EuGH demgegenüber den Zweck, eine positive Wirkung für die Sicherheit und die Gesundheit des Arbeitnehmers zu entfalten (EuGH 6. April 2006 – C-124/05 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 30, EuGHE I 2006, 3423).
(b) Die unterschiedlichen Zwecke gemeinschaftsrechtlich gewährleisteter Urlaubsarten dürfen sich nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH gegenseitig nicht beeinträchtigen. Das gilt insbesondere für Elternurlaub und Erholungsurlaub.
(aa) Das Gemeinschaftsrecht kennt keine Unterschiede zwischen der ersten Elternzeit und späteren Elternzeiten, was die Befristung des Erholungsurlaubs angeht. Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Paragraph 2 Nr. 1 Satz 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub lassen eine solche Differenzierung nicht zu. Die Ruhezeit des Erholungsurlaubs verliert ihre Bedeutung selbst dann nicht, wenn sie zu einer späteren Zeit genommen wird (EuGH 6. April 2006 – C-124/05 – [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 30, EuGHE I 2006, 3423).
(bb) § 17 Abs. 2 BErzGG ist schon mit Blick auf Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und Paragraph 2 Nr. 1 Satz 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass die mehrfache Inanspruchnahme von Elternzeit nicht zum Verfall des Erholungsurlaubs führt. Daher kann offenbleiben, ob ein Gebot gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung von § 17 Abs. 2 BErzGG auch aus dem Verbot der unmittelbaren und mittelbaren geschlechtsbezogenen Diskriminierung bei der Rückkehr aus dem Elternurlaub nach Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 1 und 3 der Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG in der für den Rechtsstreit noch maßgeblichen Fassung der Richtlinie 2002/73/EG folgt.
(3) Der Senat ist auf Grund der gesicherten Rechtsprechung des EuGH zum Verbot der Beeinträchtigung einer gemeinschaftsrechtlichen Urlaubsart durch eine andere selbst zu der nötigen gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung berechtigt. Eine Vorlagepflicht nach Art. 234 Satz 3 EG besteht nicht (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Rn. 14 f., EuGHE 1982, 3415).
IV. Der Anspruch der Klägerin auf Abgeltung von 27,5 Urlaubstagen aus dem Jahr 2001 ist nicht nach § 18 MTV untergegangen. Die dort geregelten Ausschlussfristen sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien über die Bezugnahme des Arbeitsvertrags auf die Haustarifverträge der S…-Gruppe und die dortige Verweisung auf den MTV anzuwenden. Der Anspruch der Klägerin ist aber nicht verfallen.
1. Der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen in der Sechstagewoche oder 20 Arbeitstagen in der Fünftagewoche und sein Ersatz, der Abgeltungsanspruch, sind nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG unabdingbar. Bis zu dieser Höhe wird der Abgeltungsanspruch nicht von den Ausschlussfristen des § 18 MTV erfasst. Sie sind insoweit unwirksam (vgl. Senat 23. April 1996 – 9 AZR 165/95 – BAGE 83, 29, zu II 4 der Gründe).
2. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist jedoch auch hinsichtlich seines darüber hinausgehenden verfallbaren Teils nicht nach § 18 MTV erloschen. Die Klägerin wahrte die zweistufige Ausschlussfrist des § 18 Nr. 2 MTV von zwei Monaten für die schriftliche Geltendmachung nach dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Betrieb und einem weiteren Monat für die gerichtliche Geltendmachung. Der Abgeltungsanspruch entstand nach § 17 Abs. 3 BErzGG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2005. Die jetzige zweite auf Urlaubsabgeltung gerichtete Klage wurde der Beklagten am 19. Januar 2006 zugestellt.
V. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist nicht verwirkt (§ 242 BGB), obwohl die Klägerin ihn bereits zuvor im Rahmen des Kündigungsschutzrechtsstreits erhoben hatte und den Antrag später zurücknahm.
1. Die Frage, ob ein Anspruch verwirkt ist, hängt im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalls ab. Deren Feststellung und Würdigung ist vorrangig Aufgabe des Tatrichters, der den vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu beurteilen hat. Ob Verwirkung eingetreten ist, ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich nur eingeschränkt nachprüfbar (Senat 16. Oktober 2007 – 9 AZR 248/07 – Rn. 27, AP BGB § 630 Nr. 33 = EzA GewO § 109 Nr. 6; 12. Dezember 2006 – 9 AZR 747/06 – Rn. 19, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Der Senat war dennoch nicht verpflichtet, die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das Verwirkung – nach seiner Lösung folgerichtig – nicht geprüft hat. Der Sachverhalt ist geklärt. Weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten.
2. Eine neue Klage steht dem Kläger nach einer Klagerücknahme immer frei, wie § 269 Abs. 6 ZPO zeigt (vgl. BGH 22. November 1983 – VI ZR 85/82 – NJW 1984, 658, zu II 1 der Gründe). Auf Grund dieser gesetzlichen Wertung ist die Klagerücknahme allein nicht als Umstandsmoment geeignet, das zusammen mit dem Zeitmoment zur Verwirkung des Anspruchs führt. Besondere zusätzliche Umstände, die die Beklagte berechtigt hätten, darauf zu vertrauen, die Klägerin werde keine weitere Klage erheben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
VI. Der Abgeltungsanspruch besteht in der geltend gemachten Höhe von 3.152,60 Euro brutto, § 11 Abs. 1 BUrlG (2.483,94 Euro × 3 = 7.451,82 Euro : 65 = 114,64 Euro × 27,5). Die Rundungsregel des § 5 Abs. 2 BUrlG bleibt hier wegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO außer Betracht.
B. Die Klägerin hat seit 1. Januar 2006 Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe (§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 17 Abs. 3 BErzGG).
C. Die Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Krasshöfer, Gallner, Benrath, Gosch
Fundstellen
Haufe-Index 2052812 |
BAGE 2009, 352 |
BB 2008, 1225 |
BB 2009, 496 |
DB 2008, 2258 |
DStR 2008, 2495 |