3.1 Das Unternehmen

Paradigmenwechsel in der betrieblichen Altersvorsorge

Unter dem Namen SOKA-BAU sind die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG (ZVK) sowie die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins nach § 22 BGB tätig. Die von diesen zwei Institutionen durchgeführten Sozialkassenverfahren basieren traditionell auf kollektiven Umlageverfahren. Seit Anfang der 2000er Jahre werden aber in der ZVK auch individual-kapitalgedeckte Versicherungsprodukte der betrieblichen Altersversorgung administriert. Sowohl die umlagekonzipierten als auch die individual-kapitalgedeckten Sozialkassenverfahren haben mehr oder weniger prozesstechnische Parallelen zu Sach- oder Lebensversicherungsprodukten oder anderen Finanzdienstleistungen.. Zu den Kunden von SOKA-BAU zählen rund 80.000 in- und ausländische Unternehmen der Bauwirtschaft mit etwa 740.000 Beschäftigten und 380.000 Arbeitnehmern im Ruhestand. SOKA-BAU ist mit einer wachsenden gemeinsamen Bilanzsumme von derzeit ca. 7 Mrd. EUR und insgesamt über 1.000 Mitarbeitern ein großer deutscher Finanzdienstleister.

Konkret steht SOKA-BAU vor der historischen Herausforderung, die schwerpunktmäßig kollektiv angelegte Umlagekonzeptionierung der betrieblichen Altersvorsorge bei der ZVK bis zum Jahresende 2016 durch ein individual-kapitalgedecktes System abzulösen. Die umlagekonzeptionierten Sozialkassenverfahren der ULAK bleiben hierbei bestehen. Diese Zielsetzung stellt eine komplette Neustrukturierung des bisherigen, schwerpunktmäßig gewichteten, umlagekonzeptionierten Geschäftsmodells dar und verlangt eine neue Ausrichtung der Unternehmenssteuerung im Hinblick auf die Effizienz und Effektivität von Unternehmensprozessen mit erheblichen Auswirkungen auf die vorhandenen Geschäftsprozesse und die Innovationsfähigkeit (Change Management) sowie die Qualifikationen der Mitarbeiter im Allgemeinen und der Kundenbetreuung im Besonderen.

Am Ende dieses Transformationsprozesses entsteht zwangsläufig eine erhöhte geschäftsprozessuale Vergleichbarkeit mit Unternehmen aus der klassischen Versicherungswirtschaft.

3.2 Wiederbelebung vorhandener Steuerungskonzepte

Aufbau der Strategy Map

Revitalisierung

Vor dem Hintergrund der Neustrukturierung und den damit verbundenen vielschichtigen Herausforderungen für das Unternehmen wurde ein stringenter Managementansatz gesucht, der sowohl die Transformation in ihrer inhaltlichen Breite als auch eine kontinuierliche Berichterstattung und kurzfristige Analyse der Unternehmensperformance, im Hinblick auf die vereinbarten Unternehmensziele, ermöglicht (s. Abb. 1).

Abb. 1: Strategische Landkarte SOKA-BAU auf 5 Dimensionen

Erweiterte Perspektive

Zu diesem Zweck wurde die bereits im Unternehmen verwendete Strategy Map revitalisiert und die Unternehmensstrategie vollständig in den jährlichen Budgetierungsprozess integriert. So wird sichergestellt, dass identifizierte strategische Ziele mit entsprechenden Investitionen hinterlegt werden können. Strategische Ziele werden für einen mittelfristigen Zeitraum (3-5 Jahre) definiert und kontinuierlich angepasst. Als Infrastrukturplattform eines ganzen Wirtschaftszweiges agiert SOKA-BAU in einem politisch anspruchsvollen Umfeld und bewegt sich zudem in einem durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) streng regulierten Marktumfeld. Hieraus hat sich die Notwendigkeit ergeben, eine ergänzende fünfte – zu den standardmäßig vier angenommenen – strategische Perspektive zum Thema Stakeholdermanagement in die Unternehmensstrategie aufzunehmen.

Das zentrale Kernstück der BSC in der revitalisierten Form ist die Fokussierung auf die Unternehmensprozesse. Mithilfe dieses Schwerpunktes wird eine bessere Vergleichbarkeit insbesondere mit Sach- und Lebensversicherungsunternehmen hinsichtlich der Kernprozesse möglich. Im Quadranten für Prozesse finden die wesentlichen, werttreibenden strategischen Maßnahmen der nächsten Jahre ihren Ursprung. Die Umstellung der bAV-Produkte auf individual-kapitaldeckungsbasierten Vertragsadministration sowie die damit verbundene Verlagerung der Schwerpunkte in der Prozessadministration stellt besondere Herausforderungen an die IT-Prozess-Landschaften. Wichtige Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Automatisierung – jeweils mit großen wirtschaftlichen Stellhebeln für das Unternehmen – sind ebenfalls dort verortet.

Anwendung der Strategy Map

Die Entwicklung einer unternehmensspezifischen strategischen Landkarte ist ein zentraler Bestandteil im Rahmen der erfolgreichen Revitalisierung der BSC. Die lose Aneinanderreihung einzelner Ziele, Unterziele, Kennzahlen und Maßnahmen wird dem Anspruch einer komplexen und miteinander vernetzten strategischen Unternehmensentwicklung nicht gerecht. Entscheidend für die erfolgreiche Anwendung und Steuerung in der Praxis ist es, die strategischen Ziele und Unterziele nicht getrennt voneinander zu betrachten, sondern Sie in einer Strategy-Map mithilfe von Ursache- und Wirkungsbeziehungen eng miteinander zu verknüpfen. Die komplexen Auswirkungen von disrup...

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