Prof. Dr. Werner Gleißner
Risikofaktormodelle werden durch exogene Faktoren beschrieben
Mit dem "Risikofaktorenansatz" gibt es eine Variante zur Berücksichtigung von Risiken im Kontext der Planung, die die übliche "direkte" Beschreibung von Planungspositionen durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung ergänzt. Neben der Unternehmensplanung wird dabei ein Modell der Unternehmensumwelt mit den für das Unternehmen interessanten Variablen aufgebaut. Die Unternehmensumwelt wird dabei bspw. beschrieben durch exogene Faktoren wie Wechselkurse, Zinssätze (für verschiedene Währungen und Laufzeiten), Rohstoffpreise, Konjunktur (z. B. mittels Produktionsindizes zur Beschreibung der Nachfrage), Tariflohnindizes etc. Für alle diese exogenen Faktoren des Unternehmensumfeldes werden Prognosen erstellt, so dass ein "Plan-Umfeldszenario" entsteht. Die quantitative Beschreibung der unsicheren zeitlichen Entwicklung exogener Risikofaktoren erfolgt durch stochastische Prozesse. Die Abhängigkeit der Planvariablen des Unternehmens von exogenen Faktoren wird z. B. durch Elastizitäten erfasst. Diese zeigen, welche Konsequenzen eine Änderung des Risikofaktors für die Plan-Variable (z. B. Umsatz) hat. Eine Weiterentwicklung solcher Ansätze, bei der ein Unternehmen auch prozessnah in die Umwelt eingebunden wird und die Ergebnisse formalisierter Gefährdungsanalysen einbezogen werden, ist denkbar.
Die Verwendung eines Risikofaktorenmodells bringt gleich mehrere Vorteile. Zum einen vereinfacht sie wesentlich die oft schwierige Schätzung der Korrelationen (statistischen Abhängigkeiten) zwischen den betrachteten unsicheren (risikobehafteten) Planungsvariablen der Erfolgsrechnung eines Unternehmens. Wenn nämlich bspw. 2 unsichere Kostenarten, und jeweils (mit unterschiedlicher Elastizität) von gemeinsamen (exogenen) Risikofaktoren, z. B. und , abhängen, sind diese beiden Kostengrößen damit auch korreliert. Korrelationen zwischen einzelnen Risiken bzw. risikobehafteten Planungspositionen ergeben sich damit zu einem erheblichen Teil implizit durch die Beschreibung der Abhängigkeit von exogenen Risikofaktoren des Unternehmensumfelds, wie z. B. Konjunktur, Wechselkurse und Rohstoffpreise.
Abb. 3: Beispielgrafik für Geometrische Brownsche Bewegung
Bekanntlich ist die Aggregation von Risiken, die durch unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsverteilungen so beschrieben sind, im Kontext der Planung nur mittels Monte-Carlo-Simulation möglich. Auch für die Aggregation von Risiken über mehrere Jahre bleibt nur die Monte-Carlo-Simulation als Lösungsmethode. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass eine Simulation von "Zukunftspfaden" erfolgt. In jedem risikobedingt möglichen Zukunftsszenario, das berechnet und analysiert wird, sind also konsistent die Auswirkungen der Risiken auf sämtliche betrachteten Planjahre in der Zukunft (also z. B. in einem Szenario für 2016–2020) konsistent zu berechnen. Wie oben erläutert, sind es gerade die Folgewirkungen eingetretener Risiken im Jahr t auf das Folgejahr t+1, die für den Gesamtrisikoumfang und eine mögliche "bestandsbedrohende Entwicklung" maßgeblich ist. Die separate Durchführung von Monte-Carlo-Simulationsrechnungen zur Risikoaggregation in einzelnen Planjahren hilft nicht weiter. Sie unterschätzt den Gesamtrisikoumfang erheblich und es besteht die Gefahr, dass tatsächlich vorhandene "bestandsbedrohende Entwicklungen" übersehen werden. Nur durch die Aggregation von Risiken über die Zeit (pfadabhängige Monte-Carlo-Simulation) können die Anforderungen aus § 91 Abs. 2 AktG erfüllt werden, da sich bestandsbedrohende Entwicklungen im Allgemeinen durch Kombinationseffekte mehrerer Risiken ergeben, die zudem oft auf zwei oder drei Jahre verteilt sind.