Die Entstehung der Umsatzsteuer ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Insbesondere kommt es auf die folgenden Punkte an:

  • Welche Leistung hat der Unternehmer ausgeführt?
  • Besteuert er seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten oder nach vereinnahmten Entgelten?
  • Wer ist Schuldner der Umsatzsteuer?
  • Wie häufig hat der Unternehmer Voranmeldungen abzugeben?

Grundsätzlich müssen Unternehmer ihre Umsätze nach vereinbarten Umsätzen versteuern (sog. Sollversteuerung[1]). Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann der Unternehmer die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durchführen (sog. Istversteuerung[2]). Insbesondere kommt dies bei Unternehmen infrage, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 EUR[3] betragen hat.

Geht die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über, ergibt sich nach § 13 b Abs. 2 UStG ein eigenständiger Steuerentstehungszeitpunkt.

[3] Ab 1.1.2024 voraussichtlich 800.000 EUR.

4.1 Steuerentstehung bei der Sollbesteuerung

Um festzustellen, ob und wann die Umsatzsteuer entstanden ist, muss der leistende Unternehmer, der der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten gem. § 16 UStG unterliegt, die folgenden Punkte prüfen:

  • Ist die Lieferung oder die sonstige Leistung schon ausgeführt worden?[1]
  • Ist eine Teilleistung schon ausgeführt worden?[2]
  • Ist eine Anzahlung geleistet worden?[3]

4.1.1 Ausführung der Leistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG

Die Umsatzsteuer entsteht bei der Sollbesteuerung grds. mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums (VAZ), in dem die Leistung ausgeführt worden ist.

Bei einer Werklieferung ist die Leistung im Regelfall dann ausgeführt, wenn die Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks erfolgt und der Auftraggeber die Verfügungsmacht mit der Übergabe des fertiggestellten Werks erhält.[1] Die Abnahme des Werks von den Aufsichtsbehörden ist für den Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht von Bedeutung. Auf die Form der Abnahme kommt es dabei nicht an. Insbesondere ist eine Verschaffung der Verfügungsmacht bereits dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber das Werk durch schlüssiges Verhalten abgenommen hat und eine förmliche Abnahme entweder gar nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Eine solche schlüssige Abnahme kann z. B. durch die Benutzung des Werks erfolgen.

 
Wichtig

Abnahme dokumentieren

Insbesondere zum Jahreswechsel sollte die Abnahme des Werks dokumentiert werden, um Schwierigkeiten bei Betriebsprüfungen zu vermeiden. Dies gilt auch bei einem Steuersatzwechsel, wie bei der Werklieferung einer Photovoltaikanlage an den Betreiber zum 1.1.2023.

 
Praxis-Tipp

Eigentumsübergang bei Baustoffen

Die allgemeinen Grundsätze für die Ausführung einer Werklieferung gelten auch dann, wenn das Eigentum an den verwendeten Baustoffen nach § 946 BGB, §§ 93-94 BGB schon zur Zeit der Verbindung mit dem Grundstück auf den Auftraggeber übergeht.

Eine Werkleistung ist grds. dann ausgeführt, wenn die Leistung vollendet ist. Auch hier wird die Vollendung im Regelfall durch die Abnahme des Werks dokumentiert.

 
Wichtig

Abnahme und nachträgliche Mängelbeseitigung

Auch wenn die Abnahme mit Mängeln erfolgt und sich der leistende Unternehmer verpflichtet hat, die festgestellten Mängel zu beseitigen oder Restarbeiten noch nachträglich auszuführen, liegt bereits eine Ausführung der Leistung vor, wenn das Werk vom Auftraggeber schon bestimmungsgemäß genutzt werden kann.

 
Praxis-Beispiel

Abnahme durch schlüssige Handlung

Bauunternehmer B hat die schlüsselfertige Erstellung eines Eigenheims übernommen. Die Arbeiten werden im März 2023 abgeschlossen. Am 28.3.2023 werden dem Auftraggeber die Schlüssel übergeben, der Auftraggeber nutzt das Eigenheim sofort selbst. Die Abnahme mit dem Auftraggeber wird am 5.4.2023 vorgenommen. Die Endabnahme der Bauaufsicht erfolgt am 10.5.2023. Die Umsatzsteuer für die Leistung entsteht mit Ablauf des VAZ März 2023, da im März der Auftraggeber die Leistung durch schlüssige Handlung abgenommen hat.

4.1.2 Ausführung einer Teilleistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 und Satz 3 UStG

Die Umsatzsteuer entsteht für den leistenden Unternehmer auch schon dann, wenn er die geschuldete Leistung noch nicht ausgeführt, aber schon eine Teilleistung erbracht hat. Die Steuerentstehung bei Teilleistungen ist insbesondere im Baugewerbe ein erhebliches Problem. Teilleistungen setzen grds. voraus, dass es sich um eine wirtschaftlich sinnvoll teilbare Leistung handelt. Darüber hinaus muss zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Auftraggeber auch vereinbart worden sein, dass Teilleistungen ausgeführt werden sollen.[1]

Damit eine Teilleistung vorliegen kann, muss die Leistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten teilbar sein. Da dies insbesondere im Baugewerbe bei den einzelnen Gewerken Schwierigkeiten bereitet, hat die Finanzverwaltung für bestimmte Bauleistungen Abgrenzungskriterien vorgegeben.

 
Abgrenzung der Teilleistungen[2]
Art der Arbeit Aufteilungsmaßstab
Erdarbeiten Es kann eine haus- oder blockweise Aufteilun...

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