FinMin Sachsen-Anhalt, Erlaß v. 7.3.2001, 44 - S 3014 - 32

Bei der Vorlage von Verkehrswertgutachten als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts im Sinne der § 145 Abs. 3 Satz 3, § 146 Abs. 7 BewG wurde festgestellt, dass Nießbrauchsrechte als Belastung bei der Wertermittlung nach der WertV 1988 und WertR 1991 abgezogen wurden. Es ist erörtert worden, ob und wie die Belastungen durch Nießbrauchsrechte im Rahmen der Öffnungsklauseln bei der Bedarfswertung bzw. bei der Erbschaftsbesteuerung zu berücksichtigen sind.

Bei der Erbschaftsbesteuerung sind solche Nutzungslasten nach § 25 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten oder Duldungslasten abzuziehen. Somit könnte sich durch den weiteren Abzug der Nießbrauchsrechte als Belastung bei der Verkehrswertermittlung eines Grundstücks eine Doppelberücksichtigung ergeben. Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder bitte ich zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung wie folgt zu verfahren:

  • Das in einem Verkehrswertgutachten über ein Grundstück angesetzte Nießbrauchsrecht ist bei der Bedarfsbewertung nicht abzuziehen; es ist regelmäßig erst im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen. Ist in einem Gutachten eine Nießbrauchslast vom Grundstückswert abgezogen, ist der zu berücksichtigende Verkehrswert entsprechend zu erhöhen.

Beispiel 1:

Erwerb eines bebauten Grundstücks von Todes wegen, das mit einem Wohnrecht zu Gunsten einer dritten Person belastet ist.

- Wertermittlung nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG 190.000 DM
- Verkehrswert lt. Gutachten (die Belastung durch das Wohnrecht ist mit 0.000 DM wertmindernd berücksichtigt) 160.000 DM
- Bereinigter Verkehrswert 180.000 DM
- Ansatz des um den Wert des Wohnrechts bereinigten Verkehrswertes als Grundbesitzwert § 146 Abs. 7 BewG) 180.000 DM

Das Wohnrecht ist bei der Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen.

Entsprechendes gilt, wenn der niedrigere gemeine Wert durch einen stichtagsbezogenen Kaufpreis nachgewiesen wird. Weist der Kaufpreis die Nießbrauchsbelastung nicht gesondert aus, bestehen keine Bedenken, diesen Wert dann unverändert zu übernehmen, wenn der Steuerpflichtige gegenüber dem FA unwiderruflich erklärt, dass er auf einen zusätzlichen Abzug bei der Erbschaftsteuer verzichtet. Das Erbschaftsteuerfinanzamt ist hierüber zu unterrichten. Ein Abzug bei der Erbschaftsteuer entfällt dann. Wird diese Erklärung nicht abgegeben, ist der Kaufpreis nicht als Verkehrswertnachweis anzuerkennen.

Beispiel 2:

Erwerb eines Grundstücks von Todes wegen. Das Grundstück ist mit einem Wohnrecht zu Gunsten eines Dritten belastet. Der Erbe veräußert das Grundstück innerhalb eines Jahres. Die Belastung des Grundstücks mit dem Wohnrecht wird vom Grundstückserwerber übernommen. Der Erbe erklärt gegenüber dem Lagefinanzamt, dass bei der Bildung des Kaufpreises das Wohnrecht berücksichtigt wurde, und verzichtet auf einen weiteren Abzug im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung.

- Wertermittlung nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG 225.000 DM
- Kaufpreis, der die Belastung nicht ausweist R 177 Satz 3 ErbStR) 160.000 DM
- Da der Erbe gegenüber dem Lagefinanzamt erklärt, dass die Belastung des Grundstücks in dem frei ausgehandelten Kaufpreis ihren Niederschlag gefunden hat und er deshalb auf einen zusätzlichen Abzug im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung verzichtet, ist der Kaufpreis als Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes anzuerkennen; festzustellender Grundbesitzwert § 146 Abs. 7 BewG). 160.000 DM

Bei der Erbschaftsteuer entfällt insoweit der Abzug dieser Belastung.

 

Normenkette

BewG § 145

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