FinMin Saarland, Erlaß v. 5.7.2001, B/5 - 3 - 49/2001 - S 3014

Um eine Doppelberücksichtigung von Nutzungsrechten (z.B. Nießbrauchsrechten, Wohnrechten) als Belastung bei der Feststellung des Bedarfswerts und bei der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu vermeiden, soll nach dem Bezugserlass der im Verkehrswertgutachten über ein Grundstück angesetzte Wert eines Nutzungsrechts nicht bei der Feststellung des Bedarfswerts, sondern erst im erbschaft- oder schenkungsteuerlichen Festsetzungsverfahren wertmindernd berücksichtigt werden. In entsprechender Weise soll verfahren werden, wenn der niedrigere gemeine Wert durch einen stichtagsbezogenen Kaufpreis nachgewiesen wird.

Diese Regelung wird im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder aufgegeben. Der Erlass FinMin Saarland vom 12.2.2001, B/5 – 3 – 49/2001 – S 3014 (Anm. d. Red. vgl. FinMin Baden-Württemberg 20.12.2000), wird deshalb aufgehoben.

Die Begriffe gemeiner Wert i.S. des § 9 BewG und Verkehrswert i.S. des § 195 BauGB sind identisch, ihre Anwendung kann deshalb nur zu einheitlichen Werten führen. Ist bei der Ermittlung des Verkehrswerts ein Nutzungsrecht wertmindernd (vgl. Nr. 5.3 der Wertermittlungs-Richtlinien 1991/1996) berücksichtigt worden, kann sich der Wert des Nutzungsrechts auch nur wertmindernd auf den gemeinen Wert auswirken. Der in einem Verkehrswertgutachten ausgewiesene Verkehrswert ist dann als gemeiner Wert zu übernehmen, eine Erhöhung des Verkehrswerts um den für das Nutzungsrecht ermittelten Wert kommt nicht in Betracht. Entsprechendes gilt für einen nachgewiesenen stichtagsnahen Kaufpreis (R 163, 177 ErbStR). Aus diesem Grund ist der nach § 145 Abs. 3 Satz 3 oder § 146 Abs. 7 BewG als gemeiner Wert nachgewiesene niedrigere Verkehrswert bzw. Kaufpreis auch dann als Bedarfswert festzustellen, wenn er wegen Grundstücksbelastungen durch Nutzungsrechte gemindert ist.

Beispiel 1:

Erwerb eines bebauten Grundstücks, das mit einem Wohnrecht zu Gunsten einer dritten Person belastet ist.

Wertermittlung nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG 190.000 DM
Verkehrswert lt. Gutachten (die Belastung durch das Wohnrecht ist mit 20.000 DM wertmindernd berücksichtigt) 160.000 DM
Eine Erhöhung des Verkehrswerts um den für das Wohnrecht ermittelten Wert kommt nicht in Betracht. Der Verkehrswert ist nach § 146 Abs. 7 BewG als Grundbesitzwert festzustellen 160.000 DM

Beispiel 2:

Erwerb eines Grundstücks, das mit einem Wohnrecht zu Gunsten eines Dritten belastet ist. Der Erbe veräußert das Grundstück innerhalb eines Jahres. Die Übernahme des Wohnrechts durch den Erwerber hat bei den Kaufverhandlungen zu einer Minderung des Kaufpreises (65.000 DM) geführt. In dem Kaufvertrag wird die wertmäßige Belastung nicht offen ausgewiesen.

Wertermittlung nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG 225.000 DM
Kaufpreis (R 177 Satz 3 ErbStR) 160.000 DM
Der nachgewiesene niedrige Kaufpreis gilt als gemeiner Wert. Der Kaufpreis ist nicht um den für das Wohnrecht ermittelten Wert zu erhöhen. Der Kaufpreis ist nach § 146 Abs. 7 BewG als Grundbesitzwert festzustellen 160.000 DM

Ist das Lagefinanzamt entsprechend vorstehender Regelung verfahren und ist der Bedarfswert um den Wert für ein bestehendes Nutzungsrecht gemindert, ist der Erwerber des Grundstücks darüber hinaus wirtschaftlich nicht mehr belastet. Er kann das Nutzungsrecht deshalb nicht zusätzlich als bereicherungsmindernden Posten im Rahmen des erbschaft- oder schenkungsteuerlichen Festsetzungsverfahrens geltend machen. § 25 ErbStG hat insoweit keine Bedeutung.

 

Normenkette

BewG § 145

BewG § 146

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