Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
Wird eine Betriebsaufspaltung dadurch beendet, dass die Betriebs-GmbH auf eine AG verschmolzen und das Besitzunternehmen in die AG eingebracht wird, kann dieser Vorgang gewinnneutral gestaltet werden, wenn das Besitzunternehmen nicht nur wegen der Betriebsaufspaltung gewerblich tätig war. Andernfalls führt die Verschmelzung zur Aufgabe des Gewerbebetriebs mit der Folge, dass dieser nicht mehr zu Buchwerten in die AG eingebracht werden kann.
Normenkette
§§ 16, 17, 18 UmwStG 1969 , §§ 16, 17, 34 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1970 persönlich haftender Gesellschafter, die Klägerin (Ehefrau) alleinige Kommanditistin einer KG. Die KG befasste sich mit der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes und Vermögens. Die Grundstücke waren zum überwiegenden Teil an die R-GmbH verpachtet und gehörten bei dieser zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen. Am Stammkapital der R-GmbH war der Kläger mit 3,25 % und die KG mit 96,75 % beteiligt. Zum 30.6.1971 übertrug die KG die verpachteten Grundstücke auf das vom Kläger betriebene Einzelunternehmen "Fa. WK". Sie befasste sich danach nur noch mit der Verwaltung ihres Restvermögens.
Mit notariellen Verschmelzungs- und Einbringungsverträgen vom 16.6.1972 brachten der Kläger und die R-GmbH – diese im Weg der Verschmelzung – ihre Unternehmen mit Wirkung zum 1.1.1972 zu Buchwerten in die H-AG ein. Für die Geschäftsanteile an der R-GmbH erhielt der Kläger Aktien im Nennwert von 1386000 DM (nach der Kapitalerhöhung 1988: 2772000 DM), für das Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens erhielt er Aktien im Nennwert von 14000 DM (nach der Kapitalerhöhung 1988: 28000 DM). Am Grundkapital der AG war er danach mit 14 % beteiligt. Die Verschmelzung wurde am 22.6.1972 in das Handelsregister eingetragen.
Das FA ging von einer gewerblichen Tätigkeit der KG bis zum 31.12.1974 und einer Entnahme der in diesem Zeitpunkt vorhandenen Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des Klägers aus. Der Einspruch gegen den ESt-Bescheid 1974 hatte Erfolg. Der Kläger hatte die Auffassung vertreten, dass die KG ihren Gewerbebetrieb bereits 1971 mit der Übertragung ihrer Grundstücke auf den Kläger aufgegeben habe; die gewerbliche Betätigung mit Schweiß- und Putzarbeiten sei erst später aufgenommen worden. Die Besteuerung der stillen Reserven im Betriebsvermögen der KG sei zwar beim Kläger, aber bereits im VZ 1971 vorzunehmen gewesen.
Er beantrage deshalb, den bestandskräftigen ESt-Bescheid für dieses Jahr entsprechend zu ändern. Das FA schloss sich dieser Beurteilung an und änderte die ESt-Bescheide für 1971 und 1974 entsprechend. Dabei gingen die Beteiligten davon aus, dass die verpachteten Grundstücke zu Buchwerten in das Einzelunternehmen des Klägers zu überführen waren und die GmbH-Anteile in das Privatvermögen des Klägers entnommen worden seien. Den Entnahmewert für die Anteile setzten sie mit 2,6 Mio. DM an. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Im Streitjahr 1990 veräußerte der Kläger die Aktien. Der Veräußerungserlös betrug für die verschmelzungsgeborenen Aktien 20687713 DM und für die einbringungsgeborenen Aktien 208966 DM. Den Veräußerungsgewinn von insgesamt 18239484 DM zog das FA mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 17 EStG bzw. nach § 18 UmwStG 1969 i.V.m. § 34 EStG zur Einkommensteuer heran. Die Klage, mit der die Kläger geltend machten, dass eine wesentliche Beteiligung nicht vorgelegen habe und auch nach § 16 Abs. 2 UmwStG 1969 nicht habe fingiert werden dürfen, blieb erfolglos. Auf die Revision der Kläger hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Der Gewinn aus der Veräußerung der H-Aktien unterliegt nur dann in vollem Umfang der ESt (§ 18 UmwStG 1969 i.V.m. §§ 16, 34 EStG), wenn der Kläger im Zeitpunkt der Einbringung seines unter der "Fa. WK" betriebenen Einzelunternehmens nicht nur wegen der Verpachtung seiner Grundstücke an die Betriebsgesellschaft als Inhaber des Besitzunternehmens, sondern auch wegen seiner anderweitig ausgeübten Tätigkeiten einen Gewerbebetrieb unterhielt oder der Kläger und das FA im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung von einem solchen Gewerbetrieb ausgingen. Dazu hat das FG keine hinreichenden Feststellungen getroffen.
Sollte eine originäre gewerbliche Tätigkeit anzunehmen sein, hat das FA den Veräußerungsgewinn zutreffend ermittelt. Das gilt sowohl für die dem Kläger anlässlich der Verschmelzung der R-GmbH mit der H-AG gewährten Aktien (verschmelzungsgeborene Anteile), als auch für die Aktien, die er als Gegenleistung für die Einbringung seines Einzelunternehmens in das Betriebsvermögen der H-AG erhielt (einbringungsgeborene Anteile).
Verschmelzungsgeborene Anteile
Der Senat geht mit den Beteiligten und dem FG davon aus, dass die Geschäftsanteile an derR-GmbH zumindest seit dem 30.6.1971 dem Kläger zuzurechnen waren. Die Entnahme der GmbH-Anteile hatte jedoch nicht ihren Übergang in das Privatvermögen des Klägers zur Folge. Die Betriebsaufspaltung wurde vielmehr fortgeführt, nunmehr zwischen der R-GmbH und dem Einzelunt...