Leitsatz
1. Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL in der durch die RL 94/5/EG des Rats vom 14.2.1994 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die diejenigen Umsätze der Mehrwertsteuer unterwerfen, mit denen ein Steuerpflichtiger Gegenstände wieder verkauft, die er zuvor seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte und deren Anschaffung nicht nach Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL in ihrer geänderten Fassung vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen war, auch wenn für diesen bei Steuerpflichtigen getätigten Erwerb ein Vorsteuerabzug deshalb nicht möglich war, weil diese keine Mehrwertsteuer anmelden konnten.
2. Art. 26a Teil A Buchst. e der 6. EG-RL in der durch die RL 94/5 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass als "steuerpflichtiger Wiederverkäufer" i.S.d. Vorschrift ein Unternehmen angesehen werden kann, das im Rahmen seiner normalen Tätigkeit Fahrzeuge wieder verkauft, die es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben hatte, und für das der Wiederverkauf im Augenblick der Anschaffung des Gebrauchtgegenstands nicht das Hauptziel, sondern nur sein zweitrangiges und dem der Vermietung untergeordnetes Ziel darstellt.
Normenkette
Art. 13 Teil B Buchst. c (vgl. § 4 Nr. 28 UStG), Art. 17 Abs. 6 der 6. EG-RL i.d.F. der RL 94/5/EG (vgl. § 25a i.d.F. ab 1.1.1995)
Sachverhalt
Jyske Finans verleaste Autos. Hierzu erwarb sie entweder Neuwagen oder Gebrauchtwagen, z.T. von privaten Vorbesitzern. Sie machte vergeblich geltend, der Verkauf dieser von z.B. Privatleuten angekauften Fahrzeuge sei steuerbefreit, weil sie keine Vorsteuer habe abziehen können. Hilfsweise machte sie geltend, der Verkauf dieser Kfz dürfe nicht voll, sondern nur nach Maßgabe der – 1994 auch für alle Gebrauchtgegenstände eingeführten – Differenzbesteuerung besteuert werden. Das dänische FA sah das anders, weil sie kein "Wiederverkäufer" sei.
Entscheidung
Der EuGH entschied wie in den Praxis-Hinweisen erläutert. Die Entscheidung – vor allem Leitsatz Nr. 2 – ist auch für die Auslegung des § 25a UStG verbindlich.
Hinweis
1. Befreit sind nach Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL u.a. "... die Lieferungen von Gegenständen, ... deren Anschaffung oder Zuordnung nach Art. 17 Abs. 6 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen war". Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 17 Abs. 6 berechtigt alle Ausschlüsse beizubehalten, die in den in ihren zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser RL bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind, bis der Rat insoweit eine einheitliche Regelung erlässt. Das ist bisher nicht geschehen. Art. 13 Teil B der 6. EG-RL betrifft daher nur die Lieferung von Gegenständen, deren Anschaffung nach den nationalen Rechtsvorschriften vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen war (RdNr. 24).
Wenn also nach nationaler Regelung ein Unternehmer beim Erwerb von Gegenständen vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist Art. 13 Teil B Buchst. c der 6. EG-RL nicht anwendbar; ohne Bedeutung ist, dass der Unternehmer deswegen keine Vorsteuer abziehen konnte, weil er von einem nicht Steuerpflichtigen erworben hatte (RdNr. 25).
2. Der durch Art. 1 Abs. 3 der RL 94/5 eingefügte Art. 26a der 6. EG-RL sieht – wie § 25a i.d.F. ab 1.1.1995 – eine Mehrwertsteuersonderregelung für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten vor. Bei den Lieferungen der genannten Gegenstände durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer wird nur die Gewinnmarge besteuert, d.h. die Differenz zwischen dem vom steuerpflichtigen Wiederverkäufer geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des veräußerten Gegenstands. Wie sich aus der dritten und der fünften Begründungserwägung der RL 94/5 ergibt, zielt diese Sonderregelung auf die Verhinderung von Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Steuerpflichtigen ab und sollte die bisher z.T. unterschiedliche Behandlung in den Mitgliedstaaten vereinheitlichen. Die Differenzbesteuerung betrifft – so der EuGH – alle Erwerbsumsätze und alle Umsätze zur Deckung des unternehmerischen Bedarfs (RdNr. 32).
Zweifelhaft war, ob "Wiederverkäufer" nur ist, wer von vornherein beabsichtigt, die erworbenen Gegenstände wieder zu verkaufen. Nach der dritten und die fünfte Begründungserwägung der RL 94/5 wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen verhindern (RdNr. 37).
Es ist also zu prüfen, ob die Nichtanwendung der Differenzbesteuerung bei den genannten Gegenständen in dem betreffenden Sachverhalt zu Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
Verkauft z.B. ein Leasingunternehmen, das Gebrauchtwagen verleast, diese ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs beim Erwerb, birgt das das Risiko einer Doppelbesteuerung in sich.
Außerdem würde die Besteuerung des Gesamtpreises der von Leasingunternehmen ausgeführten Lieferungen auf dem Markt des Gebrauchtwagenhandels zu einer Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil dieser Unternehmen und insbesondere zum Vorteil der Gebrauchtwagenhändler führen, die in den Genuss der Re...