OFD Erfurt, Verfügung v. 21.7.1997, S 7104 A - 11 - St 34
Unternehmereigenschaft bei Kapitalgesellschaften, Unternehmereigenschaft bei Umwandlung eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft in eine GmbH
I. Beginn der Unternehmereigenschaft
Hinsichtlich der Begründung der Unternehmereigenschaft bei Kapitalgesellschaften ist nicht auf den zivilrechtlichen Entstehungszeitpunkt der Gesellschaft, sondern allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 UStG abzustellen. Hierbei ist i.d.R. zwischen der sogenannten Vorgründungsgesellschaft, der Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft zu unterscheiden, deren unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung sich wie folgt darstellt:
1. Vorgründungsgesellschaft
Die Vorgründungsgesellschaft besteht bis zum Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages. Als Personengesellschaft der Gründer (in Form einer GbR, oder OHG) ist sie ein eigenständiges Rechtssubjekt und somit nicht mit der Vorgesellschaft bzw. der eingetragenen Kapitalgesellschaft identisch. Ihre Unternehmereigenschaft muß also selbständig und losgelöst von den übrigen Gründungsstadien beurteilt werden.
Die Vorgründungsgesellschaft ist keine Unternehmerin, wenn sie selbst nicht nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen von Leistungsaustauschverhältnissen tätig wird. Da sich ihre Tätigkeit i.d.R. lediglich auf die Gründung einer Kapitalgesellschaft beschränkt und sie sonst keine nachhaltigen Leistungen gegen Entgelt ausführt, wird ihre Unternehmereigenschaft grundsätzlich zu verneinen sein.
Der Vorsteuerabzug für bereits eingekaufte Leistungen ist somit aufgrund der fehlenden Unternehmereigenschaft grundsätzlich zu versagen (Ausnahmen siehe unten). Dies gilt auch, wenn die bezogenen Leistungen (z.B. Planungsleistungen oder Lieferungen von Anlagevermögen) gegen Kostenersatz an die Vorgesellschaft bzw. an die eingetragene Kapitalgesellschaft weitergegeben werden. Zwar erbringt die Vorgründungsgesellschaft insoweit entgeltliche Leistungen an die Vorgesellschaft usw., das Leistungsverhalten ist jedoch nicht nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG.
Diese Rechtsauffassung erfährt durch das EuGH-Urteil vom 29.2.1996, Rs C-110/94 (BStBl 1996 II S. 655, DStR 1996 S. 419, DStR 1996, 121), das zur Unternehmereigenschaft bei Vorbereitungshandlungen für eine beabsichtigte wirtschaftliche, jedoch nicht zu Umsätzen führende Tätigkeit, ergangen ist, keine Änderung. Diese Entscheidung des EuGH findet nur dann Anwendung, wenn die beabsichtigte Tätigkeit nachhaltiger Natur i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG – d.h. auf gewisse Dauer angelegt – ist. Dies ist bei der Vorgründungsgesellschaft zu verneinen.
Wegen der fehlenden Identität zur gegründeten Kapitalgesellschaft kann auch nicht angenommen werden, daß die von ihr eingekauften Leistungen an die Kapitalgesellschaft erbracht worden sind.
2. Vorgesellschaft (Gründungsgesellschaft)
Als Vorgesellschaft bezeichnet man die gegründete aber noch nicht eingetragene Kapitalgesellschaft. Die Vorgesellschaft besteht in dem Zeitraum zwischen Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Handelsregister. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (BFH vom 9.3.1978, V R 90/74, BStBl 1978 II S. 486 unter Bezugnahme auf BGH vom 24.10.1968, BB 1969 S. 153) ist diese Vorgesellschaft nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen zu behandeln, wie die nachfolgend eingetragene Kapitalgesellschaft (Übernahme der im Zivilrecht entwickelten Identitätstheorie in das Steuerrecht). Somit kann die Unternehmereigenschaft der Vorgesellschaft mit Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages i.d.R. unterstellt werden.
Besonderheiten/Ausnahmen:
a) Kapitalgesellschaft kommt nicht zur Entstehung
Sollte es nicht zur Eintragung und somit nicht zur Entstehung der endgültigen Kapitalgesellschaft kommen, sind die Vorgründungsgesellschaft und die Gründungsgesellschaft als identische Personengesellschaft nach den o.g. Grundsätzen zu beurteilen. Die Unternehmereigenschaft der Personengesellschaft ist nach § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen.
b) Vorsteuerabzug für Leistungen, die im Zusammenhang mit der Gründung der Kapitalgesellschaft anfallen
Kostenschuldner der Gebühren für Notarleistungen bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages sind gemäß §§ 2, 141 KostO die die Eintragung beantragenden Gesellschafter, gegenüber denen auch die Leistung erbracht wird. Rechtsbeziehungen – abgesehen von der vertraglichen Übernahme der Kosten durch die Kapitalgesellschaft – bestehen nur zwischen den Gesellschaftern und dem leistenden Notar.
Wirtschaftlich gesehen handelt es sich hierbei jedoch um eine Leistung für die in Entstehung begriffene Kapitalgesellschaft, die als erster notwendiger Akt für die Aufnahme der unternehmerischer Tätigkeit anfällt. Die Vorsteuern können daher auch nicht ausschließlich den nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfreien Umsätzen aus der Ausgabe der Gesellschaftsanteile zugerechnet werden, sondern müssen ebenfalls im Zusammenhang mit den künftigen Umsätzen der Kapitalges...