Leitsatz
1. Der Umfang des der Steuerbegünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. zugänglichen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bestimmt sich nach bewertungsrechtlichen Kriterien.
2. Der bewertungsrechtliche Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist tätigkeitsbezogen.
3. Einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb kann auch derjenige unterhalten, dem weder am Grund und Boden noch am Besatz das Eigentum zusteht.
4. Nutzt ein solcher Betriebsinhaber die Betriebsmittel auf Grundlage von Nießbrauchrechten, können diese Rechte zum Wirtschaftsteil seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören.
Normenkette
§ 13a, § 13b, § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, § 14 Abs. 1, § 158, § 159, § 160, § 164, § 168 BewG
Sachverhalt
Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrem am 2.5.2014 verstorbenen Ehemann (Erblasser). Der Erblasser war u.a. Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gewesen. Mit Vertrag vom 12.10.2013 hatte er diesen dem gemeinsamen Sohn übertragen. Er hatte sich auf Lebensdauer ein unentgeltliches Nießbrauchrecht vorbehalten, das nach seinem Ableben der Klägerin auf deren Lebenszeit zustehen sollte.
Das FA erfasste bei der Berechnung der Erbschaftsteuer den Nießbrauch als nicht nach §§ 13a, 13b ErbStG a.F. begünstigtes Vermögen mit dem nach § 14 Abs. 1 BewG kapitalisierten Wert. Die Klage blieb erfolglos (FG Münster, Urteil vom 29.11.2018, 3 K 3014/16 Erb, Haufe-Index 13012008).
Entscheidung
Auf die Revision der Klägerin verwies der BFH die Sache an das FG zurück. Zutreffend sei allerdings die Annahme, dass die Zuwendung der Nießbrauchrechte nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auf den 2.5.2014 steuerbar und zu Recht in den Erbschaftsteuerbescheid auf den Todestag als Stichtag einbezogen worden sei. Der Vertrag vom 12.10.2013 habe die Zuwendung des Nießbrauchs an den Tod des Erblassers geknüpft.
Hinsichtlich der Frage der Steuerbegünstigung sei das FG aber von unzutreffenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die von ihm getroffenen Feststellungen ermöglichten keine abschließende Entscheidung dieser Frage im Revisionsverfahren.
Es lägen schon keine Feststellungen dazu vor, ob der Erblasser bis zu seinem Tode sowie anschließend die Klägerin nach den anzuwendenden tätigkeitsbezogenen Maßstäben einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft geführt hätten. Offen sei auch die Frage, ob alle Nießbrauchrechte zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, und zwar zum Wirtschaftsteil, gehörten.
Des Weiteren sei die nach §§ 162ff. BewG vorzunehmende Bewertung des etwaigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und damit der Wert des entsprechenden Erwerbs nicht verifizierbar. Davon hinge über die quotale Begünstigung des § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. und die Höhe des Abzugsbetrags nach § 13a Abs. 2 ErbStG a.F. der Umfang der etwaigen Steuerbefreiung ab.
Schließlich seien zu den weiteren Begünstigungsvoraussetzungen (Lohnsummengrenze nach § 13a Abs. 1 Sätze 2 bis 5 und Abs. 4 ErbStG a.F., Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG a.F., Regelungen zum Verwaltungsvermögen § 13b Abs. 2 ErbStG a.F.) keine Feststellungen getroffen.
Hinweis
Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der erbschaftsteuerrechtlichen Begünstigung des Erwerbs von Nießbrauchrechten an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.
1. Die Begünstigungen u.a. für Betriebsvermögen sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft richten sich für Erwerbe, für die die Steuer vor dem 1.7.2016 entstanden ist, nach §§ 13a, 13b ErbStG i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.2009 (BGBl I 2009, 3950) – ErbStG a.F. – (§ 37 Abs. 12 Satz 1 ErbStG i.d.F. des Gesetzes vom 4.11.2016, BGBl I 2016, 2464, ErbStG n.F.).
2. Welche Vermögenswerte Teil des begünstigten land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sind, richtet sich nach bewertungsrechtlichen Maßstäben.
a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt – nach näherer Maßgabe der folgenden Vorschriften – der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. sind begünstigt 85 % des in § 13b Abs. 1 ErbStG a.F. genannten Vermögens.
Nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. gehören zum begünstigten Vermögen vorbehaltlich § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. u.a. der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 168 Abs. 1 Nr. 1 BewG) mit Ausnahme der Stückländereien (§ 168 Abs. 2 BewG) und selbst bewirtschaftete Grundstücke i.S.d. § 159 BewG.
b) Mit dieser Verweisungstechnik stellt das ErbStG klar, dass der Umfang des begünstigten land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sich aus dem Bewertungsrecht ergibt. § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. bestimmt den Umfang des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens über Begriffe und Normen des BewG. Es sind folglich zunächst bewertungsrechtliche Grundsätze anzuwenden. Insbesondere ist der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, auf den § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. an erster Ste...