Leitsatz
1. Die für die Gewährung der Eigenheimzulage maßgebende Einkunftsgrenze ist unabhängig von der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerfestsetzung zu ermitteln.
2. Hat der Anspruchsberechtigte bei der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerveranlagung von einem Wahlrecht Gebrauch gemacht – hier einen Teilbetrag der Sonderabschreibungen nach ? 4 FöGbG in Anspruch genommen –, kann er im Rahmen des Antrags auf Eigenheimzulage sein Wahlrecht nicht abweichend ausüben. Er kann daher keine höheren Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen, um die maßgebende Einkunftsgrenze nicht zu überschreiten.
Normenkette
§ 5 EigZulG
Sachverhalt
Nach einer Außenprüfung erhöhten sich die Einkünfte des Klägers, so dass die Einkunftsgrenze überschritten war. Die geänderten Bescheide wurden bestandskräftig. Das FA versagte dementsprechend die Eigenheimzulage.
Hiergegen wandte der Kläger ein, er habe von den ihm zustehenden Sonderabschreibungen nach dem FöGbG in den maßgeblichen Jahren nur einen Teil in Anspruch genommen. Er beantragte, die Sonderabschreibungen anders als bei der Einkommensteuerveranlagung auf das Erstjahr zu verteilen. Die Einkunftsgrenze wäre dann nicht überschritten gewesen.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FA, dass die Anspruchsberechtigung für die Eigenheimzulage nicht dadurch erhalten werden kann, dass nach Bestandskraft der Einkommensteuerveranlagung das Wahlrecht auf Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen erneut und abweichend von der Einkommensteuerfestsetzung ausgeübt wird.
Die Sache musste an das FG zurückverwiesen werden, da nicht festgestellt war, welches Jahr das Erstjahr bzw. das Vorjahr war. Das FG sah das Bezugsjahr (1997) als Erstjahr an. Nach der neuen BFH-Rechtsprechung ist Erstjahr das Anschaffungs- bzw. Herstellungsjahr (BFH, Urteil vom 5.3.2003, III R 55/00, BFH-PR 2003, 418). Das FG muss noch feststellen, ob Erstjahr das Jahr des Kaufvertrags (Anschaffung 1996) oder erst das Jahr des Abschlusses der Umbauarbeiten (Herstellung 1997) war.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft das Verhältnis von Einkommensteuerfestsetzung einerseits und Ermittlung der Einkunftsgrenze nach dem EigZulG andererseits. Die Anspruchsberechtigung für die Eigenheimzulage setzt voraus, dass die Summe der positiven Einkünfte des Erstjahrs zuzüglich der Summe der positiven Einkünfte des Vorjahrs 70.000 Euro (bei Ehegatten 140.000 Euro) nicht übersteigt. Der BFH bestätigt in diesem Urteil, dass die Einkommensteuerfestsetzung kein Grundlagenbescheid für die Festsetzung der Eigenheimzulage ist.
Für das Zulagenverfahren gilt vielmehr der "Grundsatz der Maßgeblichkeit des objektiv richtigen Betrags". Im Besteuerungsverfahren unterlaufene Fehler sind daher im Zulagenverfahren nicht zu übernehmen, und zwar auch dann nicht, wenn die Veranlagung bereits bestandskräftig ist. Deshalb können z.B. Betriebsausgaben oder Werbungskosten abweichend von einer bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung zusätzlich bei der Ermittlung des Betrags der positiven Einkünfte berücksichtigt bzw. geltend gemacht werden und zu Einkünften unterhalb der Einkunftsgrenze führen.
Anders sieht es der BFH bei der Ausübung von Wahlrechten. Hier handelt es sich nicht um die Geltendmachung weiterer tatsächlich abgeflossener Ausgaben, sondern um eine verbindliche Verfahrenshandlung des Steuerpflichtigen, die, wenn die Veranlagung bestandskräftig geworden ist, nicht erneut ausgeübt werden kann. Vielmehr ist das Wahlrecht dann erschöpft und der Steuerpflichtige wegen der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids an seine Wahl gebunden.
Um den Verbrauch des Wahlrechts zu vermeiden bzw. um sich das Wahlrecht zu dem Zweck zu erhalten, die Überschreitung der Einkunftsgrenze bei der Eigenheimzulage zu verhindern, muss daher die Einkommensteuerveranlagung des Erstjahrs oder des Vorjahrs, evt. auch beider Jahre, offen gehalten werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.11.2004, III R 73/03