Der Streit betraf einen Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ( § 235 AO ), der an Eheleute unter ihrer gemeinsamen Anschrift adressiert war und in ein Postfach des Ehemanns eingelegt wurde. Mehr als zwei Monate nach diesem Vorgang erhoben die Eheleute Einspruch gegen den Bescheid. Den Einspruch verwarf das Finanzamt wegen Fristversäumung als unzulässig. Die Beteiligten stritten um die Frage, ob die Bekanntgabe des Bescheids wirksam war und die Einspruchsfrist in Lauf setzen konnte. Dies hat der BFH m. E. zu Recht bejaht.
Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird ( § 124 Abs. 1 AO ). Für die Bekanntgabe eines zusammengefaßten Bescheids an Ehegatten – wie z. B. eines Bescheids, mit dem Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagt oder zu Hinterziehungszinsen herangezogen werden – reicht es aus, daß ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird ( § 155 Abs. 5 AO ).
Die Art der Übermittlung richtet sich nach den postalischen Vorschriften . Hiernach sind Sendungen dem Empfänger nach den Zustellangaben auszuliefern. Ist als Zustellangabe die Wohnung bezeichnet, ist die Sendung dem Empfänger regelmäßig in der Wohnung zuzustellen. Eine von den Zustellangaben abweichende Zustellung ist aber nicht stets ordnungswidrig. Es ist z. B. nicht zu beanstanden, wenn Sendungen dem Empfänger außerhalb der Wohnung (z. B. auf der Straße) ausgeliefert werden. Der BFH bejaht auch die Möglichkeit, daß eine Sendung, abweichend von den Zustellangaben, in ein Postfach des Empfängers eingelegt wird. Falls mehrere Personen als Empfänger bezeichnet sind, ist jeder Empfänger gemäß § 45 Abs. 3 PostO allein empfangsberechtigt; in diesem Fall darf die Sendung, abweichend von den Zustellangaben, in das Postfach eines Empfängers eingelegt werden.
Darüber hinaus wirkte im Streitfall die Bekanntgabe des Zinsbescheids an den Ehemann auch noch aus einem anderen Grunde gegenüber der Ehefrau:
Eheleute erklären sich nämlich in ihren Einkommensteuererklärungen – vordruckmäßig – damit einverstanden, daß der Einkommensteuerbescheid einem Ehegatten zugleich mit Wirkung für und gegen den anderen Ehegatten bekanntgegeben wird. Diese gegenseitige Bevollmächtigung erstreckt sich nach Auffassung des BFH – wegen des engen Zusammenhangs mit dem Steuerbescheid – auch auf Bescheide, mit denen steuerliche Nebenleistungen ( § 3 Abs. 3 AO ) – wie Verspätungszuschläge und Zinsen – festgesetzt werden.
Den Beteiligten sind zusammengefaßte Bescheide allerdings einzeln bekanntzugeben , soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, daß zwischen ihnen Meinungsverschiedenheiten bestehen ( § 155 Abs. 5 S. 2 AO ).