Leitsatz
Die Nichteinbeziehung eines im Vorjahr erwirtschafteten, im betreffenden Jahr aber ausgeglichenen Verlustes in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung einer Gewinntantieme führt nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Sachverhalt
Die X-GmbH wurde zum 1.1.93 durch Umwandlung aus dem Einzelunternehmen des X gegründet. X hält 100 % der Anteile an der X-GmbH.
Laut Geschäftsführervertrag erhält X neben dem laufenden Gehalt eine Tantieme in Höhe von 30 % des jeweiligen Jahresüberschusses vor Berücksichtigung der Körperschaft- und Gewerbesteuer und der Tantieme.
Im Jahr 1997 erwirtschaftete die X-GmbH einen Verlust i.H.v. 475.000 DM, der in das Jahr 1995 zurückgetragen wurde.
Streitig ist, ob der Verlust aus dem Jahr 1997 bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Tantieme 1998 in Abzug zu bringen ist.
Entscheidung
Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht, sich auf den Unterschiedsbetrag i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kommt in Betracht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt. Schließlich kann die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch darin begründet sein, dass das zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter tatsächlich abgeschlossene Rechtsgeschäft zwar auch von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter vereinbart worden wäre, jedoch aus anderen Gründen des Fremdvergleichs als von Anfang an nicht ernstlich gewollt anzusehen ist.
Bemisst sich die Tantieme - wie im vorliegenden Fall - nach den vertraglich nicht näher definierten Begriffen "Jahresgewinn", "Gewinn" oder "Reingewinn", so ist entsprechend § 86 AktG a. F. der handelsrechtliche Jahresüberschuss vermindert um den Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um die Beträge, die nach dem Gesetz oder der Satzung aus den Jahresüberschüssen in offene Rücklagen einzustellen sind, maßgebend.
Die Nichteinbeziehung des im Jahr 1997 erwirtschafteten aber in 1998 durch Gewinnvorträge ausgeglichenen Verlustes in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Tantieme ist nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Zwar ist ein bestehender Verlustvortrag jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage der Tantieme einzubeziehen, wenn der tantiemeberechtigte Geschäftsführer für den Verlust verantwortlich oder zumindest mitverantwortlich ist. Allerdings ist der Verlust 1997 im Jahr 1998 durch Gewinnvorträge ausgeglichen worden. Die Nichtberücksichtigung eines Verlustes des Vorjahres bei der Ermittlung der Tantiemebemessungsgrundlage des Folgejahres führt jedenfalls dann nicht zu einer vGA, wenn der Verlust durch Gewinnvorträge ausgeglichen ist. Denn maßgeblich für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Gewinntantieme ist der handelsbilanzielle und nicht der steuerliche Verlustvortrag.
Link zur Entscheidung
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09.08.2006, 1 K 296/03