FinMin Baden-Württemberg, Erlaß v. 6.8.1993, S 4500 /30 (Ziffer 2 des Erlasses in der Neufassung von 1996)
Es wurde die Frage aufgeworfen, nach welcher Bemessungsgrundlage sich die Grunderwerbsteuer bemißt, wenn
- Grundstückskaufverträge zugleich Regelungen über die Beseitigung von Altlasten enthalten,
- der Erwerber sich verpflichtet, bestimmte Investitionen zu tätigen und/oder einen bestimmten Beschäftigungsstand aufzubauen bzw. beizubehalten,
und deshalb ein geringer oder nur ein symbolischer Kaufpreis („1-DM-Vertrag”) vereinbart wird.
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder vertrete ich hierzu folgende Auffassung:
Zu 1.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung.
„Sonstige Leistungen” sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch nur dann Teil der Gegenleistung, wenn der Erwerber sie als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder der Veräußerer sie als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt (BFH-Urteil vom 29. 6. 1988, BStBl. II, 989, 900).
Ob eine „sonstige Leistung” Bestandteil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung ist, richtet sich daher danach, ob sie nach dem Willen der Vertragsparteien zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht worden ist.
Nach diesen Grundsätzen sind Kosten für die Beseitigung von Kontaminierungen nur dann Bestandteil der Gegenleistung, wenn der Erwerber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Veräußerers zur Altlastensanierung durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen übernimmt. Dies kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Veräußerer von der Ordnungsbehörde bereits zur Beseitigung der Altlasten in Anspruch genommen wurde. Sind die Kosten für die Beseitigung der Altlasten und ist damit die Gesamtgegenleistung nicht bezifferbar, bemißt sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert des Grundstücks (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 10 GrEStG), es sei denn, der bezifferte Teil der Gegenleistung ist bereits höher.
Ist die Verpflichtung des Veräußerers noch nicht konkretisiert, gehen die Vertragsparteien jedoch davon aus, daß wegen der Kontaminierung ein im Wert gemindertes Grundstück übertragen werden soll, und berücksichtigen sie dies bei der Kaufpreisbemessung, sind die mit der Beseitigung der Kontaminierung verbundenen Kosten nicht Bestandteil der Gegenleistung.
Keinen Einfluß auf die Höhe der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung haben darüber hinaus Regelungen, die im Fall einer noch nicht hinreichend feststehenden Sanierungsverpflichtung das Kostentragungsrisiko auf die Vertragsparteien verteilen sollen.
Derartige Regelungen bringen lediglich zum Ausdruck, bis zu welcher Höhe das Risiko einer gegebenenfalls notwendig werdenden Altlastensanierung im vereinbarten Kaufpreis bereits berücksichtigt ist.
Zu 2.
- Wurden mit der Grundstücksübertragung nur Investitions- und Beschäftigungsgarantien übernommen und ist eine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne für das übertragene Grundstück nicht zu erbringen, so ist die Grunderwerbsteuer nach dem Wert des Grundstücks § 8 Abs. Nr. 1 GrEStG) – d. h. nach dessen Einheitswert § 10 Abs. 1 GrEStG i. V. m § 121 a bzw. § 133 BewG) – zu bemessen.
- Wurden mit der Grundstücksübertragung Investitions- und Beschäftigungsgarantien übernommen und ist eine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne für das übertragene Grundstück zu erbringen, so bemißt sich die Grunderwerbsteuer regelmäßig nach dem Wert der Gegenleistung § 8 Abs. 1 GrEStG). Die Grunderwerbsteuer berechnet sich auch dann nach dem Wert der Gegenleistung, wenn diese niedriger ist als der Wert des Grundstücks § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Ein symbolischer Kaufpreis kann aber nicht als grunderwerbsteuerlich maßgebliche Gegenleistung angesehen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Dezember 1994 II R 9/92, BStBl II 1995, 268).
In der späteren Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung der Investitions- und Beschäftigungsgarantie ist keine zusätzliche Gegenleistung zu sehen. Die Vertragsstrafe wird nicht gezahlt, weil der Erwerber ein Grundstück erworben hat, sondern weil er nach Vertrag für die Nichterfüllung oder nicht rechtzeitige Erfüllung der Investitions- und Beschäftigungsgarantie einzustehen hat.
Diese Änderung ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.
Normenkette
GrEStG § 8
GrEStG § 9
GrEStG § 10