Grunderwerbsteuer bei Grundstück mit Weihnachtsbäumen

Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Gehölze sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Das gilt auch für sog. Weihnachtsbaumkulturen.

Hintergrund: Keine Grunderwerbsteuer für nicht zum Grundstück gehörende Gegenstände

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet. Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die nicht Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage.

Erwerb eines Grundstücks mit Weihnachtsbaumkulturen

Der Kläger erwarb im Jahr 2018 von 2 Verkäufern 2 Grundstücke zu einem Gesamtkaufpreis von 341.364,35 EUR. Nach den Vertragsbestimmungen setzte sich der für eines der Grundstücke vereinbarte Kaufpreis von 321.364,35 EUR aus einem Anteil von 225.000 EUR für den Grundbesitz und einem Anteil von 87.050 EUR zuzüglich Umsatzsteuer (10,7 %) für den Aufwuchs in Gestalt von angepflanzten Weihnachtsbaumkulturen (Nordmanntanne und Blaufichte) zusammen. Wurden die Bäume bestimmungsgemäß zu gegebener Zeit gefällt und veräußert, pflegte der Kläger die Wurzelballen mit einer Fräsmaschine zu zerkleinern und zu mulchen.

Das Finanzamt (FA) setzte mit Bescheid vom 11.06.2018 Grunderwerbsteuer in Höhe von 22.188 EUR fest (6,5 % auf den gesamten Kaufpreis von 341.364 EUR) und bezog dabei den Anteil für den Aufwuchs in die Bemessungsgrundlage ein.

Klage war erfolgreich

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der sich der Kläger gegen die Einbeziehung des Kaufpreisanteils für den Aufwuchs in die Bemessungsgrundlage wandte, hatte Erfolg. Nach Auffassung des FG sind die Bäume Scheinbestandteile des Grundstücks i.S.v. § 95 BGB, da sie von Beginn an zum Verkauf als Weihnachtsbäume bestimmt gewesen seien.

Entscheidung: Revision als unbegründet zurückgewiesen

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid insoweit rechtswidrig war, als das FA den auf die Weihnachtsbaumkulturen entfallenden Kaufpreisanteil in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen hat.

Begriff des Grundstücks i.S.d. GrEStG

Unter Grundstück im Sinne des GrEStG ist das Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Es umfasst nach §§ 94, 95 BGB auch seine wesentlichen Bestandteile, soweit es sich nicht um Scheinbestandteile handelt.

Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil

Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, darunter auch die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aufstehende Gehölze sind deshalb im Ausgangspunkt wesentliche Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweit vorgezogen und eingepflanzt sind.

Scheinbestandteile gehören nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks

Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), die sog. Scheinbestandteile. Die Vorschrift schränkt den Anwendungsbereich des § 94 BGB ein. Bei Verkaufspflanzen in Baumschulen ist von vornherein die vollständige Entfernung von dem Grundstück beabsichtigt. Es handelt sich um Scheinbestandteile.

Weihnachtsbaumkulturen sind Scheinbestandteile des Grundstücks

Scheinbestandteile können aber auch vorliegen, wenn aufstehende Bäume gefällt werden, sofern dies von Anfang an beabsichtigt war. Wie viel Zeit bis zur planmäßigen Entfernung der Bäume verstreicht, ist unbeachtlich. Werden anders als bei Baumschulgewächsen die Bäume beim Entfernen als lebende Organismen zerstört, steht dies der Eigenschaft als Scheinbestandteil nicht entgegen. Unerheblich ist ferner, ob ein nicht mehr lebensfähiger Rest (Wurzeln mit Baumstumpf) weiter mit dem Grundstück verbunden ist.

Nur der auf den Grund und Boden entfallende Anteil des Kaufpreises unterliegt der Grunderwerbsteuer

Als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer darf nur die auf den Grund und Boden entfallenden Anteile des Kaufpreises berücksichtigt werden. Der Kaufpreisanteil für die Weihnachtsbaumkulturen wurde nicht für den Erwerb des Grundstücks geleistet, da die Bäume als Scheinbestandteile nicht Teile des Grundstücks waren. Sie waren bereits bei Pflanzung dazu bestimmt, als Weihnachtsbäume geschnitten und damit wieder von dem Grundstück entfernt zu werden.

BFH Urteil vom 23.02.2022 - II R 45/19 (veröffentlicht am 11.08.2022)

Alle am 11.08.2022 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen


Schlagworte zum Thema:  Grunderwerbsteuer, Bemessungsgrundlage