Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Auch das FG Nürnberg hatte - wie schon das FG Niedersachsen und das FG München - zu entscheiden, wie die Bemessungsgrundlage für die private Nutzung eines gemischt genutzten Gebäudes zu ermitteln ist. Das FG Nürnberg hat - entgegen der Auffassung der anderen Finanzgerichte - entschieden, dass die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten über einen zehnjährigen Berichtigungszeitraum nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt.
Sachverhalt
Der Kläger errichtete ein Gebäude, das er vollständig seinem Unternehmen zuordnete. Die Vorsteuer wurde in vollem Umfang geltend gemacht, obwohl das Gebäude teilweise für private Wohnzwecke genutzt wurde. Der Kläger unterwarf die auf einen Zeitraum von fünfzig Jahren verteilten Herstellungskosten für den privat genutzten Teil der Besteuerung nach § 4 Nr. 9a Nr. 1 UStG. Die Finanzverwaltung wollte zuerst die Herstellungskosten im Entstehungsjahr vollständig der Umsatzbesteuerung unterwerfen, dann verteilt über den zehnjährigen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG. Das Gericht sah in der Verteilung der Herstellungskosten über den zehnjährigen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStGkeinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger das Gebäude insgesamt dem Unternehmen zuordnen und den Vorsteuerabzug aus den gesamten Herstellungskosten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG vornehmen konnte, da die private Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe keiner Steuerbefreiung unterliegt. Die Bemessungsgrundlage für diese unentgeltliche Wertabgabe bestimmt sich nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, soweit diese zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hatten.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich - umsatzsteuerrechtlich autonom interpretiert - nach den Kosten (seit 1.1.2005 gesetzlich als Ausgaben bezeichnet), § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG. Diese Kosten sind über einen Nutzungszeitraum zu verteilen. Anders als das FG Niedersachsen (Urteil v. 28.10.2004, 5 K 351/04, UR 2005 S. 162) und tendenziell auch das FG München (Vorlagebeschluss beim EuGH v. 1.2.2005, 14 K 2944/04, DStR 2005 S. 420) sieht das FG Nürnberg in einer Verteilung über einen zehnjährigen Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 UStG über zehn Jahre keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Die zehn Jahre sieht das Gericht als gerade noch akzeptablen wirtschaftlichen Nutzungszeitraum für ein unternehmerisch genutztes Gebäude, um eine Neutralität der Besteuerung sicherzustellen.
Hinweis
Das FG Nürnberg hat Revision gegen sein Urteil zugelassen. Diesem Urteil ist auch keine große Bedeutung zuzumessen. Die Frage der Bemessungsgrundlage für die private Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes ist derzeit nicht mehr Gegenstand der nationalen Beurteilung, sondern nach dem Vorlagebeschluss des FG München v. 1.2.2005 (siehe oben) wieder beim EuGH anhängig. Somit muss abgewartet werden, wie der EuGH sich zu der Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten stellen wird. Bis dahin ruhen alle Verfahren (OFD Nürnberg, Verfügung v. 7.2.2005, S 7300 - 641/St 43, DStR 2005 S. 425)
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 26.04.2005, II 39/2004