Leitsatz
1. Hat das FA abgetretene Vorsteuerüberschüsse eines Voranmeldungszeitraums an den Zessionar ausgezahlt, entsteht gegen diesen ein Rückforderungsanspruch, wenn der Rechtsgrund für die Auszahlung durch Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG in einem späteren Voranmeldungszeitraum entfallen ist.
2. Die zur Auszahlung des Vorsteuerüberschusses führende Umsatzsteuerfestsetzung (§ 168 AO) hat mit der Berichtigung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG in einer späteren Umsatzsteuervoranmeldung (§ 168 AO) ihre Wirksamkeit als formeller Rechtsgrund verloren (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 218 Abs. 1 AO).
Normenkette
§ 37 Abs. 2 AO , § 124 Abs. 2 AO , § 168 AO , § 218 Abs. 1, Abs. 2 AO , § 17 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 1 Satz 3 UStG
Sachverhalt
Ein Grundstück war mit Umsatzsteuerausweis verkauft und der Vorsteuer-Vergütungsanspruch des Käufers erfüllungshalber an den Verkäufer abgetreten worden. Diesem wurde vom FA der entsprechende Betrag ausbezahlt.
Später trat der Verkäufer wegen Zahlungseinstellung des Käufers von dem Grundstückskaufvertrag zurück; der Vertrag wurde rückabgewickelt. In dem auf diesen Zeitpunkt nachfolgenden Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid berichtigte das FA daher den Vorsteuerabzug des Verkäufers gem. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG und forderte den Vergütungsbetrag zurück, weil der rechtliche Grund für die Zahlung weggefallen sei.
Entscheidung
Der BFH hat dies für rechtens erklärt. Mit der Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags und der daran anschließenden Berichtigung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG sei der Rechtsgrund für die Auszahlung der Steuervergütungen i.S.d. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO entfallen; denn die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags habe nicht zur Folge, dass der abgetretene Vorsteuererstattungsanspruch materiell-rechtlich nicht mehr bestehe, sondern auch, dass auch der formelle Rechtsgrund für die Auszahlung des Vorsteuerbetrags weggefallen sei.
Hinweis
1. Ein Unternehmer, an den eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung ausgeführt worden ist, hat den dafür von ihm in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die Lieferung rückgängig gemacht wird (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 UStG). Die Berichtigung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Lieferung rückgängig gemacht worden ist; sie wird also steuertechnisch nichtetwa gem. § 175 Abs. 2 AO durch Änderung des Umsatzsteuer(vorauszahlungs)bescheids vorgenommen, in dem der betreffende Vorsteuervergütungsanspruch geltend gemacht worden ist.
2. Diesesbesondere Berichtigungsverfahren ist indes nur eine besondere Ausgestaltung des § 175 Abs. 2 AO zugrundeliegenden Rechtsprinzips, dessen steuertechnische Durchführung sich im Umsatzsteuerrecht vereinfachen ließ (Rückabwicklung des Vorsteuerabzugs in einem späteren Anmeldezeitraum statt rückwirkende Korrektur der betreffenden Anmeldung), weil das Umsatzsteuerverhältnis in aller Regel ein Dauerschuldverhältnis ist.
3. Der BFH hat deshalb mit Recht das aufgrund der Umsatzsteuerberichtigung entstehendeRückgewährschuldverhältnis alszwischen dem Empfänger der Vorsteuervergütung (hier: Zessionar) und dem FAbegründet angesehen, nicht also als Schuldverhältnis zwischen Unternehmer (Adressat des Berichtigungsbescheids) und FA. Der BFH hat mit anderen Worten die Sache so behandelt, als wäre die ursprüngliche Anmeldung geändert worden und der zeitlichen Verlagerung der Berichtigung und ihrer verfahrensrechtlichen Verselbstständigung keine maßgebliche Bedeutung für das Rückgewährsschuldverhältnis beigemessen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 9.4.2002, VII R 108/00