1.1 Inhalt
Rz. 1
§ 322 HGB beinhaltet mit den Regelungen zum Bestätigungsvermerk den für die Öffentlichkeit wohl bedeutendsten Teil der Abschlussprüfung: den (auch) für die Öffentlichkeit bestimmten Bestätigungsvermerk als zusammenfassendes Prüfungsergebnis.
Mit Stand vom 29.10.2021 wurden IDW PS 400 n. F., IDW PS 401, IDW PS 405 und IDW PS 406 redaktionell an die Änderungen durch das FISG angepasst. Zur zeitlichen Anwendung war vorgesehen, dass diese Neufassung erstmals auf das nach dem 15.12.2021 beginnende Kj anzuwenden war. Durch die am 19.5.2022 vom HFA beschlossene Verschiebung der Anwendung der neuen Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung um ein weiteres Jahr ergibt sich somit eine Erstanwendung von IDW PS 400 n. F. (Stand: 29.10.2021) für nach dem 15.12.2022 beginnende Gj, d. h. für kalendergleiche Gj erstmals für das Gj 2023. In der folgenden Kommentierung ist daher mit Fokus auf die Prüfung der Jahres- und Konzernabschlüsse 2024 der für 2024 anzuwendende Stand vom 29.10.2021 zugrunde gelegt.
Rz. 2
Entsprechend internationalen Vorbildern ist der Bestätigungsvermerk in Form eines Bestätigungsberichts zu erteilen. Das frühere "Formeltestat", das sich nach Ansicht des Gesetzgebers nicht bewährt hatte, sollte einem frei formulierten Bestätigungsvermerk weichen. Aufgrund der hohen Außenwirkung des Bestätigungsvermerks haben sich in der Praxis gleichwohl standardisierte Formulierungen für Bestätigungsvermerke herausgebildet, sodass die (in der überwiegenden Anzahl) uneingeschränkten Testate in der Praxis einheitlich formuliert werden. Es entspricht den Erwartungen der Adressaten des Bestätigungsvermerks, dass in den "unproblematischen" Fällen eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks dieser in standardisierter Form erteilt wird. Die Möglichkeit zur freien Formulierung erhält insb. dann Relevanz, wenn es darum geht, auch bei uneingeschränkten Testaten ergänzende Hinweise abzugeben (Abs. 3 Satz 2) bzw. vorgenommene Einschränkungen (Modifikationen) des Bestätigungsvermerks zu begründen (Abs. 4 Satz 3). Hiermit wird der international verwendete Grundsatz "emphasis of matter" auch im deutschen Recht abgebildet.
Rz. 3
§ 322 HGB regelt Mindestbestandteile des Bestätigungsvermerks, die der Gesetzgeber dem Abschlussprüfer vorgeschrieben hat, um den problemorientierten Charakter des Bestätigungsvermerks zu stärken. Der Leser des Bestätigungsvermerks soll – wenn auch in stark komprimierter Form – erfahren, was Gegenstand der Abschlussprüfung war, welche Beurteilung der Abschlussprüfer vorgenommen hat, welche Bestandsgefährdungen vorliegen und welche ergänzenden Hinweise der Abschlussprüfer für erforderlich hält. Folgende Bestandteile des Bestätigungsvermerks sind zu unterscheiden:
- Überschrift,
- Empfänger,
- Vermerk über die Prüfung des Abschlusses und des Lageberichts,
- sonstige gesetzliche und andere rechtliche Anforderungen,
- ggf. Hinweis auf Bestandsgefährdungen,
- ggf. Hinweis zur Hervorhebung eines Sachverhalts bzw. auf einen sonstigen Sachverhalt.
Die IDW PS 400er-Reihe zum Bestätigungsvermerk regelt nicht mehr in einem einzigen Prüfungsstandard die Vorgaben zum Bestätigungsvermerk, sondern stellt "nur" das Rahmenkonzept und Grundlagen dar. Besonderheiten, wie Modifizierungen des Prüfungsurteils (Einschränkung, Versagung, Nichterteilung eines Prüfungsurteils), Hinweise, besondere Unsicherheit bzgl. der Going-Concern-Prämisse und besonders wichtige Prüfungssachverhalte sind in separaten Prüfungsstandards geregelt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Hierarchie der betreffenden Prüfungsstandards:
Abb. 1: Hierarchie der Berichterstattungserfordernisse im Bestätigungsvermerk
1.2 Normenzusammenhang und Zweck
Rz. 4
§ 322 HGB ist für alle gesetzlichen Abschlussprüfungen (Jahresabschlussprüfung, Konzernabschlussprüfung) anzuwenden. In den §§ 316–324a HGB sind die gesetzlichen Grundlagen für die Abschlussprüfung kodifiziert. Eine wichtige Ausnahme betreffen Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse, sog. Public Interest Entities (PIE). Für diese sind für nach dem 16.6.2016 beginnende Gj die Regelungen der EU-APrVO unmittelbar anzuwenden (§ 316a Rz 9 ff.). Weiterhin ist der durch das AReG neu eingefügte § 322 Abs. 1a HGB zu beachten, der den Vorrang der von der EU übernommenen ISA regelt (ähnlich wie der seit längerem existierende § 317 Abs. 5 HGB). Da die EU bislang keine ISA übernommen hat, hat Abs. 1a auch nach Inkrafttreten bislang keine praktische Relevanz.
Die im Zuge des FISG mit Wirkung zum 1.7.2021 vorgenommenen Änderungen an Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 haben nur klarstellenden Charakter und stellen keine materiellen Änderungen dar.
Durch das Gesetz zur Offenlegung von Ertragsteuerinformationen wurde mit ...