1.1 Inhalt
Rz. 1
§ 238 Abs. 1 Satz 1 HGB regelt die Buchführungspflicht; mit Buchführung meint das Gesetz die kaufmännische Buchführung. Keine kaufmännische Buchführung ist bspw. die über § 241a HGB zugelassene Einnahmenüberschussrechnung.
Rz. 2
Buchführungspflichtig ist nur der Kaufmann; Kfm. ist, wer nach den §§ 1 ff. HGB Kfm. ist oder als Kfm. gilt (Rz 16).
Rz. 3
Mit der Buchführungspflicht nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB ist grds. die Pflicht zur Einhaltung der gesamten Vorschriften der §§ 238–241 HGB sowie der nicht-kodifizierten GoB verbunden. An die Buchführungspflicht knüpft auch die Bilanzierungspflicht nach §§ 242ff. HGB an sowie die damit verbundenen weiteren Rechnungslegungspflichten. Dies gilt nicht, wenn der Kfm. nach § 241a HGB auf die kaufmännische Buchführung verzichtet (§ 241a Rz 6).
Rz. 4
§ 238 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB formulieren grundlegende Anforderungen an eine ordnungsmäßige Buchführung; die Buchführung muss für einen sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachvollziehbar sein und die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung nachverfolgen lassen.
Rz. 5
§ 238 Abs. 2 HGB regelt die Aufbewahrungspflicht einer Kopie aller Handelsbriefe. Diese Vorschrift hat nur klarstellenden Charakter, da sich eine Aufbewahrungspflicht bereits aus der Nachvollziehbarkeitsforderung des § 238 Abs. 1 Satz 3 HGB ergibt. Detaillierte Vorschriften zu Aufbewahrung und Vorlage der Buchführung enthalten die §§ 257–261 HGB.
1.2 Normenzusammenhang
Rz. 6
Die Vorschriften der §§ 238–241a HGB bilden den ersten Unterabschnitt des ersten Abschnitts des Dritten Buchs des HGB und enthalten die Vorschriften zu den Handelsbüchern. Die folgenden Vorschriften bauen auf § 238 HGB auf und beinhalten im Einzelnen:
Rz. 7
§ 239 HGB regelt die Art und Weise der Führung der Handelsbücher und enthält die kodifizierten Teile der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.
Rz. 8
In § 240 HGB werden die Inventurpflicht des Kaufmanns sowie die Inventurerleichterungs- und Bewertungsvereinfachungsvorschriften zum Festwert und zur Gruppenbewertung geregelt. Die Inventur ist das Bindeglied zwischen Buchführung und Jahresabschlusserstellung, die in den Vorschriften der §§ 242ff. HGB geregelt ist.
Rz. 9
§ 241 HGB regelt Inventurerleichterungsvorschriften wie die Stichprobeninventur und die anderen Inventurverfahren (wie bspw. die permanente Inventur) sowie zur vor- bzw. nachverlegten Inventur.
Rz. 10
§ 241a HGB regelt für kleingewerbetreibenden Einzelkaufleute das Wahlrecht auf den Verzicht auf die kaufmännische Buchführung. Im Falle eines Verzichts entfällt über § 242 Abs. 4 HGB auch die Pflicht zur Jahresabschlusserstellung. Stattdessen muss der EKfm. eine Einnahmenüberschussrechnung erstellen.
1.3 Verletzung der Buchführungspflicht
Rz. 11
Die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Buchführung ist im Insolvenzfall strafbewehrt nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB (ordnungswidrige Führung oder Nichtführung von Handelsbüchern bei Überschuldung, drohender oder eingetretener Insolvenz) und § 283b StGB (Verletzung der Buchführungspflicht). Die Strafe kann bei besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre Haft betragen.
Klarstellend ist anzufügen, dass für die Strafvorschriften zwischen Verstößen gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Verstößen gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung zu unterscheiden ist. Verstöße gegen die Bilanzierungsvorschriften betreffen Verstöße, die Bilanzierungsvorschriften und nicht die Buchführungsvorschriften betreffen (bspw. stellt der Fehlansatz einer Rückstellung einen Bilanzierungsverstoß, das Weglassen von Einnahmen (Schwarzgeld) einen Buchführungsverstoß dar (Vollständigkeitsverstoß)). Die BaFin-Fehlerfeststellungen betreffen nahezu ausschl. Verstöße gegen die Bilanzierungsvorschriften. Bedeutung hat diese Unterscheidung i. R. d. Strafvorschriften, da diese für die Bilanzierungsvorschriften anders geregelt sind (§§ 331f.).
Rz. 12
Ist das Unt prüfungspflichtig, so führt eine ordnungswidrige Buchführung i. d. R. zu einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks. Fehlt der Buchführung jedoch die Beweiskraft und ist eine hinreichend sichere Beurteilung nicht möglich (bspw. unvollständige, nicht zeitgerechte Buchung, Fehlen von Handelsbüchern, fehlende oder schwerwiegend mangelhafte Bestandsnachweise), so ist eine Versagung des Bestätigungsvermerks erforderlich (§ 322 Rz 92).
Rz. 13
Die Verletzung der handelsrechtlichen Buchführungspflicht stellt wegen der gleichlautenden steuerlichen Vorschriften auch eine Verletzung steuerlicher Pflichten dar. Bei fehlender Beweiskraft der Buchführung können nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO die Steuern nach § 158 AO geschätzt werden. Die FinVerw kann zur Erzwingung der Erledigung der Buchführungspflicht nach §§ 328, 329 AO ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 EUR androhen und festsetzen. Sind im Einzelfall die Buchführungsmängel als Steuergefährdung anzusehen, kann nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ein Bußgeld von bis zu 5.000 EUR verhängt werden; bei leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. § 370 ...