Prof. Dr. Andreas Stute, Michael Dilßner
1.1 Allgemeines
Rz. 1
Über § 271 HGB erfolgt sowohl eine Definition des Begriffs "Beteiligung" als auch eine Definition des Begriffs "verbundenes Unternehmen", wobei Letztere für das Gj 2024 neu gefasst wurde. Zugleich werden damit zwei spezielle Formen der Verbindung zwischen dem bilanzierenden Unt und anderen Unt herausgestellt, die i. R. d. Rechnungslegung aber bspw. auch für Zwecke der Jahresabschlussanalyse eine besondere Bedeutung haben.
Das Gliederungsschema des § 266 Abs. 2 HGB sieht vor, dass sowohl mittelgroße als auch große KapG einen gesonderten Ausweis ihrer Beteiligungen (A. III. 3) vornehmen. Die gesetzliche Definition des Beteiligungsbegriffs erfolgt über § 271 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB. Entscheidend sind danach folgende Merkmale:
- Anteile an anderen Unt (verbrieft oder nicht verbrieft),
- Förderung des eigenen Geschäftsbetriebs,
- Herstellung einer dauernden Verbindung zu dem anderen Unt.
Des Weiteren wird in § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB eine widerlegbare Vermutung zur Annahme einer Beteiligung formuliert, die die Prüfung der z. T. unscharfen Beteiligungsvoraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 erleichtern soll. Abs. 1 Satz 4 konkretisiert die Berechnungsmodalitäten im Zusammenhang mit der 20-%-Grenze i. R. d. Beteiligungsvermutung. Abschließend wird in Abs. 1 Satz 5 festgestellt, dass der Anteil an einer Genossenschaft unabhängig von der möglichen Erfüllung der Beteiligungskriterien keine Beteiligung i. S. d. § 271 HGB sein kann. Mit dem BilRUG wurde Satz 3 zwar neu gefasst, doch bleibt es bei der widerlegbaren Vermutung der Beteiligung bei einem Anteil von über 20 %. Damit wird zugleich eine sprachliche Vereinfachung von § 285 Nr. 11 HGB und § 313 Abs. 2 Nr. 4 HGB ermöglicht, die auf diese Definition verweisen können.
Rz. 2
Über § 271 Abs. 2 HGB erfolgt eine Definition des Begriffs verbundene Unternehmen. Mit der Einfügung von Abs. 2 hat der deutsche Gesetzgeber Art. 41 der 7. EG-RL umgesetzt. Bis dahin hatte das HGB keine eigene rechnungslegungsrelevante Bestimmung des Begriffs verbundenes Unt. Zu berücksichtigen war daher zunächst auch für Zwecke der Rechnungslegung die in § 15 AktG vollzogene Definition des "verbundenen Unt". Der deutsche Gesetzgeber war deshalb zur Einfügung von Abs. 2 gezwungen, weil der Begriff des verbundenen Unt gem. § 15 AktG nicht mit dem Verständnis von verbundenen Unt nach der 7. EG-RL übereinstimmte. Insoweit gibt es bis dato zwei unterschiedliche Definitionen des Begriffs "verbundenes Unt", wobei für die Rechnungslegung ausschl. § 271 Abs. 2 HGB maßgeblich ist.
1.2 Anwendungsbereich
Rz. 3
Da sich die Vorschrift des § 271 HGB im 2. Abschnitt des Dritten Buches des HGB eingliedert, ist der Anwenderkreis zunächst auf KapG und haftungsbeschränkte PersG i. S. d. § 264a HGB beschränkt. Allerdings enthält auch das Publizitätsgesetz (PublG) in § 5 Abs. 1 HGB einen Verweis auf den Begriff der Beteiligung und des verbundenen Unt nach § 271 HGB. Insoweit ist eine Anwendung insb. auch auf PersG und Ekfl. zwingend, die die Größenmerkmale des § 1 PublG überschreiten. Ein weiterer rechnungslegungsrelevanter Verweis auf § 271 HGB findet sich in den ergänzenden Vorschriften für Genossenschaften nach § 336 Abs. 2 HGB, sodass eine Anwendung folgerichtig auch für eG geboten ist. Schlussendlich muss über den Verweis in §§ 340a Abs. 1 und 341a Abs. 1 HGB auf § 271 HGB auch eine zwingende Anwendung für Kreditinstitute und VersicherungsUnt konstatiert werden.
Rz. 4
Neben diesen unmittelbaren Anwendungsbereichen werden in der Literatur auf Basis der Begründung des Rechtsausschusses zum BiRiLiG zu § 271 HGB auch mittelbare Anwendungen auf Rechtsformen außerhalb der KapG diskutiert. Danach ist der Regelungsinhalt des § 271 HGB immer dann zu beachten, wenn die Begrifflichkeiten der "Beteiligung" und des verbundenen Unt i. R. d. Jahresabschlusses eines Unt von Bedeutung sind. Dies gilt insb. auch für den Fall der freiwilligen Anwendung des Bilanzgliederungsschemas nach § 266 Abs. 2 HGB.
Ein gewissermaßen sachlicher Anwendungsbereich ergibt sich durch zahlreiche Verweise innerhalb des Dritten Buches des HGB auf die inhaltliche Bedeutung des Beteiligungsbegriffs bzw. des Begriffs eines verbundenen Unt. So können Beteiligungsverhältnisse auf der Aktivseite und auf der Passivseite der Bilanz, in der GuV-Rechnung, im Anhang oder im Zusammenhang mit der Erstellung des Konzernabschlusses eine Rolle spielen. Zu nennen sind beispielhaft folgende separate Ausweise, die das HGB für die Bilanzgliederung verlangt:
- Anteile an verbundenen Unt,
- Ausleihungen an verbundene Unt,
- Ausleihungen an Unt, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht,
- Forderungen gegen bzw. Verbindlichkeiten ggü. verbundenen Unt,
- Forderungen gegen bzw. Verbindlichkeiten ggü. Unt, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht.
Gleiche Anforderungen bestehen auch für den Ausweis bestimmter Positionen innerhalb der GuV-Rechnung nach § 275 Abs. 2 und 3 HGB:
- Erträge aus Beteiligungen (davon aus verbundenen Unt),
- Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens (davon...